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Seltene Krankheiten: Wenn der Arzt nicht mehr weiter weiß

Wer ist zuständig bei seltenen Krankheiten? Welche Organisationen können helfen? Wann gilt eine Krankheit überhaupt als selten?

Sie haben noch nie von Mukoviszidose, Lungenhochdruck oder linearer IGA-Dermatose gehört? Keine Bange, mit Ihrem Unwissen stehen Sie nicht alleine da. Die daran Erkrankten hingegen schon. Selbst die meisten Ärzte wissen mit seltenen Krankheiten nichts anzufangen. Das soll nun geändert werden. Mit dem „Tag der seltenen Krankheiten“ wird die Gesellschaft jährlich am 29. Februar – und in Nicht-Schaltjahren am 28. Februar – auf die Probleme der sogenannten „orphan diseases“ (Waisenkrankheiten) aufmerksam gemacht. Die Schwierigkeiten liegen nämlich nicht nur bei der Diagnose der Erkrankungen.

Wann gelten Erkrankungen als selten?

Als selten gilt in den USA eine Erkrankung, wenn von 10.000 Menschen weniger als 7,5 Prozent betroffen sind. In Europa hingegen dürfen nur unter 5 Prozent erkrankt sein. Das hört sich zuerst wenig an, doch beispielsweise leben allein in Deutschland zwischen 6.000 bis 8.000 Menschen, bei denen die Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose diagnostiziert wurde. Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik vier Millionen Patienten, die unter seltenen Krankheiten leiden. Europaweit sind es sogar 30 Millionen. Am häufigsten sind Kinder von Gen-Defekten betroffen. Etwa 80 Prozent der seltenen Krankheiten sind genetischen Ursprungs. Die restlichen 20 Prozent setzen sich aus Ursachen wie Allergien, bakteriellen und viralen Infektionen zusammen.

Wie viele seltene Erkrankungen gibt es weltweit?

Rund 5.000 verschiedene Krankheitsbilder gehören zu den Waisenkrankheiten. Davon sind nach einer Schätzung der „National Organisation for Rare Disorders“ (Nationale Organisation für seltene Erkrankungen) 1.200 theoretisch behandelbar. Die Realität hingegen sieht anders aus: für nur 300 der Krankheiten gibt es Therapieansätze. Selbst bei denen gibt es keine Garantie auf eine symptombezogene Behandlungsmöglichkeit. Hinzu kommt, dass die Zahl der seltenen Krankheiten ansteigt. Wöchentlich werden fünf neue Waisenkrankheiten in der medizinischen Fachliteratur beschrieben. Wenn also ein Mediziner erkennt, dass es sich um eine seltene Krankheit handelt, ist schon ein großer Schritt getan, denn ohne korrekte Diagnose ist keine adäquate Behandlung möglich. Doch auch nach einer Krankheitsbestimmung, welche bis zu zehn Jahre dauern kann, ist oft keine richtige Therapie durchführbar. Grund ist, dass es nur für die wenigsten Waisenkrankheiten Medikamente gibt.

Welche Organisationen können bei seltenen Krankheiten weiterhelfen?

Gegen den Mangel an Arzneimitteln wollen Patientenorganisationen wie die international agierende Organisation „Orpha“ oder das deutsche Pendant „Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen“ (ACHSE) helfen. Sie nehmen unter anderem Einfluss auf Forschung sowie Entwicklung der Medikamente und dienen als Sprachrohr der Betroffenen. Als Ziel gilt, die „Beratung und Behandlung von Menschen mit seltenen Erkrankungen zu verbessern“, erklärt Anne Kreilinger, eine der Gründerinnen von ACHSE. So wird nicht nur für die Behandlung der Erkrankung gesorgt, sondern auch für die Seelsorge der Betroffenen garantiert. Eine weitere Unterstützung erfahren die Erkrankten durch die Europäische Kommission zur „Regulation on Orphan-Medical-Products“. Im Jahre 2000 verabschiedete der Ausschuss ein Gesetz, welches den Pharmaunternehmen verbesserte Konditionen verspricht. Eine finanzielle Unterstützung wird jedoch nicht gewährleistet, da die Kommission dafür nicht autorisiert ist. Allein das zehnjährige Exklusivrecht bei der Vermarktung scheint für die Pharmaunternehmen attraktiv zu sein.

Gibt es eine finanzielle Förderung bei seltenen Krankheiten?

Auf finanzieller Basis greift das deutsche Bundesforschungsministerium ein. In den nächsten zwölf Jahren sollen 80 Millionen Euro für die Forschung bereitgestellt werden. So ist neben der europäischen Zusammenarbeit, welche Informationsaustausch garantiert, auch eine finanzielle Grundlage geschaffen. Nun muss das Thema der seltenen Krankheiten nur noch in das Bewusstsein der Bürger gebracht werden. Das soll schließlich der jährliche Aktionstag bewirken.