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Schweinegrippe: Impfen oder nicht?

Ungeschickte Beschaffungspolitik verunsichert Bürger. Für die anlaufende Impfung gegen die „Neue Grippe“ stehen zwei Impfstoffe zur Verfügung. Ärzte raten zum Abwarten.

In wenigen Tagen soll der lang erwartete Impfstoff gegen die „Neue Grippe“ – volkstümlich Schweinegrippe genannt – zur Verfügung stehen. Lang erwartet? Umfragen haben ergeben, dass das allgemeine Interesse an dieser Impfung sehr gering ist. Und die derzeitige Diskussion ist wenig geeignet, es zu erhöhen. Denn selbst Ärzte sind sich nicht sicher, ob sie im Augenblick diese Vorsorgemaßnahme empfehlen sollen.

Obwohl es in Deutschland “erst“ zwei Todesfälle durch diese neuartige Influenza gegeben hat und die große Ansteckungswelle nach Ferienende ausgeblieben ist, muss nach wie vor davon ausgegangen werden, dass diese Krankheit hoch ansteckend ist. Gerade wurde bekannt, dass auf einer Freizeit nordrhein-westfälischer Konfirmanden im holsteinischen Eiderstedt 58 junge Menschen erkrankt sind – glücklicherweise niemand ernsthaft.

Weltweit sind drei Impfstoffe zugelassen

Die ganze Aufregung geht im Augenblick davon aus, dass von den insgesamt weltweit drei zugelassenen Impfstoffen für Deutschland zwei ausgewählt worden sind. Der eine mit einem „Adjuvans“ – einem Verstärker. Der soll Fachleuten zufolge der am besten ausgetestete Impfstoff sein – sofern man angesichts der gebotenen Eile überhaupt von ausreichendem Test sprechen kann. Bei diesem Impfstoff sind Nebenwirkungen wie Schwellungen am Arm oder Fieber nicht auszuschließen. Daneben wurde ein Impfstoff ohne diesen Verstärker bestellt, mit dem Soldaten und die Mitglieder der Bundesregierung geimpft werden sollen. Der soll weitgehend von Nebenwirkungen frei sein. Hinreichend getestet ist der aber nicht.

Überhaupt keinen zugelassenen Impfstoff gibt es derzeit für Schwangere und Kleinkinder. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut sagt, dass es wegen der Zulassung eines geeigneten Impfstoffs Verhandlungen mit einem Hersteller gebe. Vor Ende November seien jedoch Entscheidungen nicht zu erwarten. Ohnehin steht nicht soviel Impfstoff zur Verfügung, dass jeder, der dies begehrt, auch geimpft werden könnte.

Vorerst werden nur Risikogruppen geimpft

Vorerst sollen so genannte Risikogruppen geimpft werden – Beschäftigte im Gesundheitswesen und chronisch Kranke. Dabei sollen Menschen zwischen zehn und sechzig Jahren eine Impfportion erhalten. Kinder im Alter von 6 Monaten bis neun Jahren zwei halbe Portionen im Abstand von mindestens drei Wochen. Ältere Menschen über Sechzig sollen zwei volle Impfportionen erhalten. Ob aber überhaupt eine zweite Impfung nötig ist, ist noch nicht entschieden. In der zweiten Novemberhälfte weiß man mehr. Die Impfung ist kostenlos, und auch die Praxisgebühr braucht nicht gezahlt zu werden. Die Kosten tragen die Krankenkassen.

Und hier liegt die Crux: Gibt es zu viel Impfverweigerer, bleiben die Landesregierungen auf den Kosten sitzen. Da kommen dann viele Millionen Euro zusammen.

Mutationen des Virus nicht auszuschließen

Das ist für die Gesundheitspolitiker allerdings allein kein Grund, die Impfung zu empfehlen. Es sei nicht klar, wie sich die Krankheit entwickle. Der Virus könne mutieren. Praktische Ärzte sind allerdings skeptisch. Generell neigen sie dazu, ihren Patienten zu empfehlen, erst einmal abzuwarten. Die Tendenz geht dahin, dazu zu raten, sich erst einmal gegen die „saisonale Grippe“ immunisieren zu lassen. Das ist schon jetzt möglich. Diese Impfung schützt allerdings nicht vor der „Schweinegrippe“. In einigen Wochen wisse man mehr. Dann sei immer noch Zeit genug, sich auch die Impfportion gegen die neue Grippeart zu holen.

Im Übrigen informiert die Bundesregierung im Internet über die Impfaktion. Jedenfalls ist die derzeitige Diskussion nicht geeignet, der allgemeinen Impfmüdigkeit entgegen zu wirken.