Dauerhaft schlechte Blutzucker- und Stoffwechselwerte schädigen Gefäße und Nerven nachhaltig. Daher führt der Diabetes zu Folgeerkrankungen, die sich in zwei größere Gruppen einteilen lassen, nämlich in die makro- und die mikrovaskulären. Während makrovaskuläre Erkrankungen die großen Blutgefäße vor allem am Herzen und im Gehirn betreffen, sind mikrovaskuläre Schädigungen an den kleinen Blutgefäßen zu finden, wie beispielsweise an der Netzhaut des Auges. Durchblutungsstörungen dieser empfindlichen Gefäße nennt man Retinopathie.
Die Netzhaut ist besonders empfindlich
Kapillaren, also kleinste und empfindlichste Blutgefäße, versorgen die Netzhaut (Retina) mit Nährstoffen und Sauerstoff. Hohe Blutzuckerwerte und ein schlecht eingestellter Diabetes können diese Versorgung massiv stören und so zu Sehbeeinträchtigungen bis hin zu Erblindung führen. Viele schwarze Punkte, eine Art „Rußregen“ vor den Augen oder auch alles verschwommen – so beschreiben dies die Betroffenen.
98% der Typ 1-Diabetiker und über 60% der Typ 2-Diabetiker entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung eine Durchblutungsstörung der Netzhaut (Retinopathie). Besonders brisant: Etwa ein Drittel der Menschen mit Typ 2-Diabetes leidet bereits bei Stellung der Diagnose unter dieser Folgeerkrankung, der Retinopathie.
Was ist eine Retinopathie?
Eine Retinopathie ist eine chronische Durchblutungsstörung der Netzhaut. Zum einen werden die Sehzellen in der Netzhaut nicht mehr ausreichend durchblutet. Zum anderen tritt aus den geschädigten Gefäßwänden Flüssigkeit oder auch Blut aus, wodurch es zu einer plötzlichen Sehverschlechterung kommen kann. In der Regel entwickelt sich der Sehverlust jedoch meist schleichend. Neben den hohen Blutzuckerwerten und einem schlecht eingestellten Diabetes können als Ursache für die Retinopathie auch weitere Risikofaktoren kommen wie hoher Blutdruck, Nikotin, schlechte Blutcholesterinwerte oder bei Frauen auch hormonelle Einflüsse. Unbehandelt kann die Retinopathie bis zur völligen Erblindung führen.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Eine medikamentöse Behandlung, die bei einer Retinopathie Wirkung zeigt, gibt es derzeit nicht. Aber: Das Erkrankungsrisiko kann um ca. 70% gesenkt werden, wenn der Blutzucker optimal eingestellt ist, regelmäßige Kontrolluntersuchungen der Augen stattfinden und alle zusätzlichen Risikofaktoren behandelt werden.
Regelmäßige Check-Ups beugen Folgeerkrankungen vor
Dr. Eva-Maria Fach, Vorsitzende des Bundesverbands niedergelassener Diabetologen (BVND) erklärt, wie sich die schlechten Blutzuckerwerte auf die kleinen Blutgefäße auswirken: „Bei erhöhten Blutzuckerwerten wird das Blut immer dickflüssiger. Es kommt zu einer Entzündung der innersten Schicht von Lymph- und Blutgefäßen und hierdurch zu Veränderungen der Gefäßwand, die die Durchblutung gravierend beeinträchtigen.“
Wenn der Diabetes-Patient eine Sehverschlechterung feststellt, ist die Erkrankung schon weit fortgeschritten. Dann ist meist schon der Punkt des schärfsten Sehens betroffen, nämlich die Makula. „Im Anfangsstadium kann sich eine Retinopathie im besten Fall wieder zurückentwickeln. Voraussetzung dafür ist eine normnahe Blutzuckereinstellung, am besten durch einen erfahrenen Diabetologen. Er kann mithilfe seines Teams individuell auf den Patienten eingehen,“ erklärt Dr. Fach.
Patientenschulungen beim Diabetologen
In einer Patientenschulung beim Diabetologen lernen die Patienten, wie sie Folgeerkrankungen vorbeugen und ihre Lebensqualität steigern können. Einmal jährlich sollte jeder Diabetiker außerdem zum Augenarzt zur Kontrolle des Augenhintergrundes gehen – nach Auftreten einer Retinopathie sogar noch häufiger – je nach Anweisung des Augenarztes.