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Reizmagen, Gastritis, Dyspepsie und Co

Jeder dritte Deutsche leidet an chronischen Oberbauchbeschwerden, häufig ohne organische Ursachen. Sind Protonenpumpenhemmer und Säureblocker hier sinnvoll?

Magen und Darm des Menschen sind darauf ausgelegt, sowohl tierische als auch pflanzliche Kost zu verwerten. Doch gerade seine Toleranz für ein breites Nahrungsangebot macht den komplexen Magen-Darm-Trakt störungsanfällig. Aber nicht nur schlechte Essgewohnheiten, der Genuss von Alkohol, Nikotin und Koffein sowie Bewegungsmangel setzen den Verdauungsorganen mitunter schwer zu. Auch auf Stress oder psychische Belastungen reagieren sie äußerst gereizt.

Die Verdauung ist ein vielschichtiger Vorgang

Durch die komplexe Vernetzung von Magen und Darm mit dem vegetativen Nervensystem (man spricht auch von der Hirn-Darm-Achse) wirken sich Verdauungsstörungen unmittelbar auf unser Gesamtempfinden aus. Wie sehr Organe und Psyche sich gegenseitig beeinflussen, wird deutlich durch Redewendungen wie „das muss ich erst mal verdauen“, „das schlägt mir auf den Magen“, „das ist mir sauer aufgestoßen“, „das bereitet mir Bauchschmerzen“, „den Ärger hinunterschlucken“ oder „etwas in sich hineinfressen“. Selbst bei jüngeren Menschen sind Beeinträchtigungen im Magen-Darm-Bereich als Folge von durch Stress und Hektik geprägten Lebensumständen nicht ungewöhnlich. Sie führen nicht selten zu langfristigen Störungen des Verdauungsvorganges.

Verdauungsbeschwerden als Volkskrankheit

Schätzungen zufolge leiden allein in Deutschland bis zu dreißig Prozent der Bevölkerung zumindest gelegentlich an Verdauungsbeschwerden – Frauen mehr als doppelt so häufig wie Männer. Auch in den anderen westlichen Industrieländern ist es in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Anstieg der Fallzahlen gekommen. Das unausweichliche Anwachsen des Anteils älterer Menschen in der Gesamtbevölkerung wird zu einer noch höheren Prävalenz und zukünftig zu noch stärkeren Belastungen für die nationalen Gesundheitssysteme führen (Prävalenz = Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in der Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt).

Krankheitsbild und Begriffsbestimmung

Magenbeschwerden weisen eine beeindruckende Vielfalt von Erscheinungsformen auf. Die Patienten leiden unter:

  • Magendruck
  • vorzeitiger Sättigung
  • Sodbrennen
  • Völlegefühl mit saurem Aufstoßen
  • Übelkeit
  • Brechreiz
  • Bauchkrämpfen
  • Verstopfung
  • Blähsucht

Je nach diagnostischem Verfahren wurden Oberbauchbeschwerden bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein als Reizmagen, chronische Gastritis oder nicht-ulzeröse Dyspepsie diagnostiziert. Doch diese klinischen Begriffe erweisen sich heute als zu eng gefasst. Da der Magen-Darm-Trakt zunehmend als eine funktionelle Einheit angesehen wird, definiert man andauernde oder wiederholt auftretende Oberbauchbeschwerden, die nicht auf einzelne Organe bezogen sind, heute als „funktionelle Dyspepsie“.

Viele Magenbeschwerden haben keine organischen Ursachen

Erstaunlicherweise können in fünfzig bis achtzig Prozent der Fälle die Beschwerden keiner sicht- oder nachweisbaren Erkrankung der beeinträchtigten Organe zugeordnet werden. Als ursächlich für das Auftreten der Symptome dieser sogenannten „funktionellen“ Magen-Darm-Erkrankungen werden meist mehrere Störungen des Ablaufs der Verdauungsmechanismen in den Organen des Oberbauches angesehen. Diese Funktionsstörungen treten häufig kombiniert auf und führen zu den typischen Beschwerdemustern. Neuerdings werden auch emotionale oder psychische Faktoren als Verursacher der Symptome diskutiert, da bei Personen mit funktioneller Dyspepsie häufiger stressbedingte psychische Komplikationen beobachtet werden als bei rein organisch erkrankten Patienten. Auch scheint ein gewisser Zusammenhang zwischen funktioneller Dyspepsie und Autismus zu bestehen.

Therapie und Heilung – ein schwieriges Unterfangen

Die Behandlungsstrategien bei funktionellen Oberbauchbeschwerden sind so vielfältig wie die Vorstellungen von deren Ursachen. Selbst heute, da das Wissen darüber umfangreicher denn je ist, bleibt die Heilbehandlung ein schwieriges Unterfangen mit zum Teil ganz unterschiedlicher Prioritätensetzung durch den behandelnden Arzt oder Heilpraktiker. Je nach Kenntnisstand oder Überzeugung werden:

  • Medikamente gegen Blähungen, Erbrechen, Krämpfe und Übelkeit
  • Mittel, die die Magenentleerung und Darmpassage fördern
  • Säureneutralisatoren
  • zellschützende Substanzen
  • Schmerzmittel
  • Protonenpumpeninhibitoren
  • Antidepressiva

mit teilweise problematischen Nebenwirkungen verordnet.

Fehldiagnosen und Falschbehandlungen

Wie sehr eine erfolgreiche Heilbehandlung von einer korrekten Diagnose abhängt, zeigt das Beispiel der durch falsche Sondenwerte diagnostizierten, scheinbaren Hyperacidität (Übersäuerung) bei Patienten mit funktioneller Dyspepsie. Als Folge einer fehlerhaften Diagnostik wurden den Patienten in den 1980er und 1990er Jahren Säureblocker und Protonenpumpenhemmer verordnet (Protonenpumpenhemmer unterdrücken die Bildung von Magensäure in den sogenannten Belegzellen des Magens). Da bei funktioneller Dyspepsie eher ein Säuredefizit als eine Übersäuerung vorliegt, greifen beide Medikamente massiv und unkontrolliert in den Verdauungsprozess ein, ohne die Symptome zu lindern. Neuere Studien belegen zudem starke Nebenwirkungen bis hin zur Begünstigung von Infektionen, Knochenschwund (Osteoporose) und malignen (bösartiger) Erkrankungen bei langandauernder Einnahme von Protonenpumpenhemmern.

Alternative Therapien

Vor allem Heilpraktiker sprechen sich deshalb für ein Umdenken in der Behandlung funktioneller Oberbauchbeschwerden und für den Einsatz alternativer Heilmittel aus. Namentlich pflanzliche Prokinetika (beschleunigen Magenentleerung und Dünndarmpassage) und enzymbasierte Magenschleimhautpräparate werden von naturheilkundlicher Seite bevorzugt. Bei diesem therapeutischen Ansatz sollen die Sekretion von Magensaft schonend angeregt, die Magenfunktion normalisiert und somit die funktionellen Beschwerden behoben werden. Verfechter der sanften Heilbehandlung weisen darauf hin, dass die Wirksamkeit der enzymbasierten Therapie seit vielen Jahrzehnten praktisch erprobt und durch klinische Studien sowie durch qualitative Tests belegt ist. Die beste Methode, sich Reizmagen, Gastritis, Dyspepsie und Co vom Leib zu halten, dürfte jedoch zweifellos und ganz allgemein eine gesündere und bekömmlichere Lebensweise sein.