Mehr als nur Bauchschmerzen: Was hinter funktionellen Störungen des Magen-Darm-Trakts steckt. Plus: Wie vom Reizdarm-Syndrom Betroffene Linderung finden.
Das einst verpönte Wort mit dem Anfangslaut „Sch“ erregt heute kaum noch Protest – selbst im Fernsehen ist es im täglichen Gebrauch. Der Namensgeber allerdings bleibt weiterhin ein Tabuthema: Über anrüchige Probleme mit Stuhlgang und Darm sprechen die meisten von uns selbst mit einem Arzt nur ungern. Dabei geht die Zahl der Betroffenen in die Millionen: Etwa 20 Prozent der Mitteleuropäer leiden unter den quälenden Beschwerden eines Reizdarm-Syndroms (abgekürzt: RDS), darunter zwei- bis dreimal mehr Frauen als Männer, jüngere häufiger als ältere.
Keine fassbare Ursache für Bauchschmerzen
Die Symptome konzentrieren sich auf den Mittel- und Unterbauch: Anfallsartige oder ständig drückende Bauchschmerzen, Unwohlsein, Blähungen und Krämpfe halten gelegentlich bis zu fünf Tage lang an. Manchmal muss man viele Male am Tag zum stillen Örtchen; manchmal scheint der Darm mehrere Tage lang zu streiken. Verstopfung und Durchfall geben sich die Klinke in die Hand.
Obwohl die Symptome eindeutig körperbezogen sind, finden die Ärzte trotz Ultraschall, Laboranalysen und endoskopischen Untersuchungen keine fassbare Ursache für die Darmprobleme. Sie bezweifeln zwar nicht die Schwere des immer wiederkehrenden Bauchwehs ihrer Patienten, versuchen es aber oft mit psychischen Ursachen wie Überempfindlichkeit, seelischer Anspannung, Sorgen, Angst oder Stress zu erklären.
Psychische Ursachen des Reizdarm-Syndroms
Wer herausgefunden hat, was ihm “auf den Darm schlägt”, sollte möglichst diese Ursachen als erstes in Angriff nehmen. Leider sind die Darmnerven nur schwer zu beeinflussen. Trotzdem bewahrheitet sich die alte Weisheit “In der Ruhe liegt die Kraft” häufig. Psychische Ursachen sind allerdings nur eine Seite der Medaille.
Krampfartige Bauchschmerzen
Hinter dem quälenden Aufruhr im Bauch vermuten Experten neben einer gesteigerten Sensibilität heute auch eine Störung auf der molekularen Ebene der Botenstoffe (Neurotransmitter), die das komplizierte Gefüge der unwillkürlichen Darmbewegungen steuern. Sie führt zu scheinbar widersprüchlichen Folgen: Im erschlafften Verdauungsorgan staut sich die Nahrung, gleichzeitig führen überschießende Bewegungen der Muskulatur zu krampfartigen Schmerzen.
Gestörte Darmmotorik bei Reizdarm
Neue Studien zeigen, dass beim Reizdarm-Syndrom häufig auch die Darmmotorik gestört ist: Der Stuhl passiert meist nur langsam den Darm. Bei Verstopfung, die nicht anders in den Griff zu bekommen ist (z.B. mit viel Bewegung, ballastoffreicher Ernährung, viel trinken), können Quellmittel und/oder ein schonendes Abführmittel sinnvolle Hilfen sein. Nach einer Darmentleerung bessern sich die quälenden Beschwerden meist deutlich. Bei Durchfall helfen Wirkstoffe, die die Darmbewegung hemmen (Antidiarrhoika).
Sanfte Hilfen bei Reizdarm-Syndrom
Es gibt heute auch bereits gute pflanzliche Arzneimittel am Markt. Oft lindern schon Kräutertees, wie etwa Pfefferminze, Artischocke, Kümmel oder Anis die Reizdarm-Symptomatik. Ebenfalls hilfreich können Aktivkulturen von Milchsäurebakterien sein. Nahrungsmittel, die Unverträglichkeiten verursachen, sollten gemieden werden. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit zum Essen!