Gut geschriebene Reden sind eine Chance. Als emotionales Instrument können sie die Zuhörer abholen, überzeugen und begeistern. Dafür müssen sie aber zum Redner passen.
Sicher, es mag Naturtalente geben. Typen, die vor die Menschenmenge treten und sie mit wenigen Worten zu Jubelstürmen bringen. Man darf sich bei allen Bill Clintons, Helmut Schmidts und Guido Westerwelles aber nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass Begabung und Vortrag nur einen Teil wirklich guter Reden ausmachen. Fast ebenso wichtig ist ihre Vorbereitung, da der überwiegende Teil wichtiger Reden Manuskriptreden sind. Das heißt nicht zwingend, dass der Redner sie abliest. Allerdings hat sie meist ein fleißiger Redenschreiber im Vorfeld strukturiert und formuliert. Ob sich der Referent Wort für Wort durch das Manuskript hangelt oder sie frei interpretiert, hängt letztlich von seinem Typ und seinen rethorischen Fähigkeiten ab.
Redenschreiben ist mehr als Fakten sammeln
Die Vorbereitung einer Rede ist sehr anspruchsvoll und weit mehr als das Zusammentragen von inhaltlichem „Futter“. Sie erfordert spezielle Kenntnisse. Gute Reden visualisieren. Sie erzeugen Bilder im Kopf ihrer Zuhörer. Darüber hinaus folgen sie einem roten Faden. Irgendeiner Besonderheit, an der sich der Vortrag entlang hangelt und die der Redner immer wieder aufgreift. Wie oft und eindeutig er das macht und ob er die erzeugten Bilder eher barock oder diffizil zeichnet, hängt von der Zusammensetzung seines Publikums ab.
Die gute Rede hat einen roten Faden
So arbeitet die so genannte „Bierzeltrede“ bewusst mit einfachen Bildern und einer bestimmten Grundidee, die der Referent in regelmäßiger Abfolge, wenn möglich gar in gleicher Formulierung wiederholt. So dringen Botschaften auch in aufgeheizter Atmosphäre durch, in der nicht jeder hochaufmerksam an den Lippen des Vortragenden hängt. Die Botschaften setzen sich durch Wiederholung fest. Vor eher anspruchsvollen Zuhörern muss der rote Faden versteckt verwoben sein und immer wieder in sich verändernden Formulierungen auftauchen. Wiederholungen, die bei der Bierzeltrede funktionieren, wirken hier plump und hoch unprofessionell.
Die klare Struktur ist entscheidend für die Qualität der Rede
Auf jeden Fall ist eine gute, klare Struktur wichtig. Jede Rede, sei sie vor Kaninchenzüchtervereinen, Hochzeitsgesellschaften oder Staatsgästen, muss in den ersten Sätzen zünden. Sie muss die Zuhörer gleich zu Beginn packen und ihre Aufmerksamkeit erregen. Danach kann der Redner seine Argumentation logisch aufbauen und dramaturgisch zu einem oder mehreren Höhepunkten entwickeln. Am Ende sollte ein Resümee stehen, das den Einstieg der Rede wieder aufgreifen kann und sie somit abrundet. Durchaus erlaubt sind übrigens Witz und Humor. Diese sollten allerdings dem Anlass angemessen sein und wiederum zum Redner passen. Ist der als humorloser Knochen bekannt, wird er Probleme damit haben, plötzlich ein Harald Schmidtsches Gagfeuerwerk zu zünden. Damit wird er auch wenig glaubwürdig und authentisch wirken. Humor ist immer ein Tanz auf dem Eis. Nichts ist peinlicher, als ein Witz, dem eisiges Schweigen folgt. Die richtige Balance zu finden und gleichzeitig den Typ des Vortragenden zu treffen, macht den guten Redenschreiber aus.
Der Redenschreiber muss Redner und Zielgruppe kennen
Er braucht also Inhalt als Grundlage, ein Gefühl für die Zielgruppe und Kenntnisse über den Redner. Spricht der normalerweise in Bandwurmsätzen, wird er mit einer Rede im Stakkatostil herzlich wenig anfangen können und umgekehrt. Passt die Rede allerdings, können sogar schlechte Redner ihren Vortrag beenden, ohne ihre Zuhörer eingeschläfert zu haben.