Was ist eigentlich Radioaktivität und was misst ein Geigerzähler? Kennen Sie die Einheit Sievert und wie gefährlich ist die unsichtbare Strahlung?Radioaktivität ist unsichtbar. Sie kommt überall vor. Wir können ihr nicht entgehen. Unsere gesunden Zellen werden mit den Schäden im Normalfall fertig. Aber eben nur im Normalfall. Atomunfälle sind die größten Katastrophen für den Menschen.
Radioaktivität umgangssprachlich
Wenn sich radioaktive Nuklide (instabile Atomsorten) in andere Nuklide umwandeln, geben diese Energie in Form von Teilchen und elektromagnetischer Strahlung ab. Dies wird als radioaktive Strahlung bezeichnet. Umgangssprachlich wird mit Radioaktivität allerdings auch mal die radioaktive Substanz selbst, mal der Zerfall der Nuklide und mal die dabei entstehende Strahlung bezeichnet. In den Medien ist mit Radioaktivität meistens die Strahlung gemeint.
Natürliche Radioaktivität
In der freien Natur gibt es radioaktive, also instabile Atome, die sich ohne äußere Beeinflussung umwandeln. In der Umwelt existiert also eine natürliche Radioaktivität, für die man hauptsächlich drei Ursachen hat. Zum Ersten die kosmische Strahlung. Zum Zweiten das Radionnuklid, ein Zerfallsprodukt des Edelgases Radon, welches praktisch überall in der Luft vorkommt, und zum Dritten alle natürlichen radioaktiven Stoffe in der Erde und in Gesteinen. 1896 entdeckte der Franzose Antoine Henri Becquerel die Radioaktivität und erhielt dafür 1903 den Nobelpreis für Physik.
Künstlich erzeugte Radioaktivität
Neben dieser natürlichen Strahlung erzeugt der Mensch selbst künstliche Radioaktivität. Den größten Anteil daran hat das medizinische Röntgen. Wesentlich geringer in Bezug auf die Belastung, jedoch stark in der Öffentlichkeit diskutiert, ist die Strahlendosis, die z.B. aus dem Betrieb von Kernkraftwerken stammt. Auch die durch Kernwaffentests freigesetzten radioaktiven Nuklide sind nicht zu unterschätzen. Nicht zuletzt erzeugt der Mensch sogar im eigenen Haushalt radioaktive Strahlung, z.B. in einigen Armbanduhren oder Röhrenbildschirmen. Die durch den Menschen künstlich erzeugte Strahlendosis ist ungefähr genauso hoch, wie die in der Natur natürlich existierende Radioaktivität.
Verschiedene Arten der Strahlung
Beim Zerfall von Nukliden unterscheidet man Alpha-, Beta-, Gamma- und Neutronenstrahlung. Bei der Alpha-Strahlung spalten große Atome kleine Atome ab, die Helium-Atome (Alpha-Zerfall). Bei der Beta-Strahlung werden überwiegend negativ geladene Elektronen aus dem Atomkern geschleudert (Beta-Zerfall). Gamma-Strahlung entsteht, wenn beim Alpha- bzw. Beta-Zerfall überschüssige Energie freigesetzt werden muss. Sie kann als eine elektromagnetische Welle betrachtet werden. Neutronenstrahlung ist ein wichtiger Sonderfall, denn sie wird gebraucht, um die Kettenreaktion im Kernreaktor zu starten. Sie existiert allerdings auch in der Natur.
Der Geigerzähler misst die Aktivität in Bequerel
Als Messgerät für die Radioaktivität wird oft der Geigerzähler benutzt. Damit wird gemessen, wie viel Strahlung in der Umgebung eines Kernkraftwerks freigesetzt wird. Das Geiger-Müller-Zählrohr misst die Aktivität. Diese gibt an, wie viel Atome eines Elements in einer bestimmten Zeit zerfallen. Die Einheit der Aktivität ist das Bequerel (Bq), dies ist die Anzahl der gemessenen Zerfälle innerhalb einer Sekunde. Da es beim Zerfall von Nukliden aber verschiedene Strahlungsarten gibt, ist es neben der Aktivität zusätzlich wichtig, welche Strahlung von diesem Stoff ausgeht.
Energiedosis wird in Gray angegeben
Die verschiedenen Strahlungsarten haben unterschiedliche Energien. Es ist also nicht egal, ob beim Zerfall eines Atoms Alpha-, Beta- oder Gammastrahlung überwiegen. Wenn ein Stoff zerfällt, ist die Energiedosis, die dabei auf ein Objekt aufgestrahlt wird, sehr verschieden. Man bestimmt diese Energie dadurch, dass man sie auf einen anderen Stoff überträgt, und misst, wie sehr sich dieser dadurch verändert. Diese Energiedosis wird in Joule pro Kilogramm (J/kg), oder als Gray (Gy) bezeichnet.
Organdosis erscheint in Sievert oder Millisievert
Wie groß die Energiedosis ist, die auf den Körper wirkt, sagt noch nichts darüber aus, wie gefährlich sie für den Menschen ist. Es spielt z.B. eine Rolle, wie die Strahlung im Körper gestreut wird und wie schnell sie ihn durchdringt. Die Schädlichkeit einer Strahlung ist auch bei verschiedenen Körperorganen und Geweben sehr verschieden.
Die Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) führte dazu 1991 so genannte Wichtungsfaktoren ein. Für die Strahlungsarten wurden „Strahlungs-Wichtungsfaktoren“ eingeführt und für die verschiedenen biologischen Gewebe „Gewebe-Wichtungsfaktoren“.
Um zu bestimmen, wie schädlich Strahlung A für das Gewebe B ist, multipliziert man also die Energiedosis von A mit dem „Strahlungs-Wichtungsfaktor“ und zusätzlich mit dem „Gewebe-Wichtungsfaktor“. Heraus kommt eine Organdosis, die nun zur Abschätzung der Gefährlichkeit geeignet ist. Die Einheit ist Sievert (Sv). Da ein Sievert bereits sehr gefährlich ist, werden die Dosiswerte oft in Millisievert angegeben.
Wirkung radioaktiver Strahlen auf den Körper
Jede radioaktive Strahlung verändert oder zerstört lebende Zellen. Sie können gesunde Zellen zu Krebszellen verändern oder die DNA, das Erbgut beschädigen. Auch wichtige Enzyme im Körper werden geschädigt. Eine untere Schwelle, bei der Radioaktivität unschädlich ist, gibt es nicht.
Normalerweise sind gesunde Zellen jedoch in der Lage, solche Schäden zu reparieren. Bei einer hohen Strahlungsdosis oder empfindlichem Gewebe funktioniert dieser natürliche Schutz nicht mehr.
Man unterscheidet akute Strahlenschäden und Langzeitwirkungen. Akute Strahlenschäden treten bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte auf und sind sofort oder innerhalb weniger Wochen erkennbar. Die Schwellenwerte sind für verschiedene Krankheitsbilder, z.B. Haarausfall, Blutarmut oder andere unterschiedlich hoch. Je höher die Strahlendosis, je schwerer wird die Erkrankung sein. Besonders empfindlich sind Gewebe wie die Lunge, blutbildendes Gewebe, Schleimhäute, Keimdrüsen und embryonales Gewebe. Für mögliche Fehlbildungen am Embryo nach einer Bestrahlung der Mutter geht man von einem Schwellenwert von 100 Millisievert aus.
Laut Bundesamt für Strahlenschutz ist eine Bestrahlungsdosis von circa Vier Gray (Gy) beim Menschen tödlich.
Langzeitwirkungen von Strahlenschäden können noch Jahrzehnte nach der Bestrahlung auftreten. Je nachdem ob sich durch die Strahlung Keimzellen oder Körperzellen verändert haben, treten entweder Schäden bei den nachfolgenden Generationen auf, oder es bilden sich z.B. Krebs oder Leukämie bei der bestrahlten Person. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Langzeitschadens durch Bestrahlung wird als Schadensrisiko bezeichnet. Dieses Risiko wird auf Grund von Beobachtung bei bestimmten Personengruppen abgeschätzt.