Ist man mit einer psychischen Erkrankung besser in der Psychiatrie oder in der Psychosomatik aufgehoben? Das hängt von der gewünschten Behandlung ab.
Wer sich mit einer psychischen Erkrankung zu einer stationären Behandlung entschließt, muss sich für ein Krankenhaus entscheiden. Es gibt viele Aspekte, die man dabei beachten sollte. Einer ist der, ob man sich in einer psychiatrischen oder aber in einer psychosomatischen Klinik behandeln lassen möchte.
In Deutschland gibt es eine historisch gewachsene Aufteilung in Psychiatrie und Psychosomatik. Das war anfangs auch durchaus sinnvoll, weil die Schwerpunkte der Behandlung und die Sichtweise auf psychische Erkrankungen sich damals deutlich unterschied. Heute ist der Unterschied nicht mehr so groß, die Sichtweisen recht dicht zusammengerückt, aber im Groben kann man immer noch eine Tendenz erkennen.
Was kann man von der Psychiatrie erwarten?
Vorrangig werden hier Menschen behandelt, die medikamentöse Unterstützung brauchen, diese Maßnahme steht hier eher im Fokus des Interesses als andere Dinge. Das kann nötig sein, weil vielleicht ohne Medikamente eine belastbare Therapiefähigkeit nicht gegeben ist oder aber massive Schlafstörungen die Patienten daran hindern, Erholung zu finden und somit die Grundlage für eine Arbeit an sich und der eigenen Geschichte nicht gegeben ist.
Auch gibt es Erkrankungen, bei denen es heutzutage therapeutischer Standard ist, medikamentös zu behandeln, da man erkannt hat, dass eine Psychotherapie allein keine ausreichenden Erfolge erzielt oder aber die Kombination von beidem hilfreicher ist. Dies trifft zum Beispiel auf schwere Depressionen zu. Allerdings ähnelt das Finden der richtigen Substanzen oft der Suche nach der Nadel im Heuhaufen und so kann eine medikamentöse Einstellung allein schon Wochen dauern.
Was kann man von der Psychosomatik erwarten?
Hier liegt der Schwerpunkt auf der Therapie und der Erkenntnis, dass Menschen auf die Wechselfälle des Lebens mit Körper und Seele reagieren. Medikamente werden auch hier verordnet, stehen aber nicht so sehr im Vordergrund. Der Fokus der Therapien ist je nach Haus verschieden.
Es gibt in Deutschland drei Richtungen der kassenfinanzierten Psychotherapie, die auch alle in Kliniken vertreten sind: die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch und die psychoanalytisch ausgerichtete Form. In vielen Kliniken wird multimethodal gearbeitet, es werden also Therapierichtungen und -arten je nach Erfordernis und Bedürfnis des Patienten gemischt. Die hohe Anzahl der Behandler in Kliniken führt dazu, dass in der Regel auch alle Richtungen vertreten sind.
Gesprächstherapien – was ist das?
In beiden Klinikarten finden sich Gesprächstherapien, die eigentliche Psychotherapie. Diese findet meist mehrmals in der Woche in angeleiteten Gruppen statt. Hier spielt der Gedanke der Therapeutischen Gemeinschaft eine große Rolle. Man folgt der Beobachtung, dass der Austausch unter Betroffenen an sich schon heilsame Ergebnisse mit sich bringen kann, weil die Patienten aus ihrer scheinbaren Isolation („ich bin allein mit diesem Zustand auf der Welt“) heraustreten können, wenn sie sehen, dass es andere Menschen gibt, denen es ähnlich geht. Außerdem sind gut informierte Patienten oft die besseren Manager ihrer Krankheit. Zudem zeigt sich für die Behandler im Miteinander der Patienten sehr schnell, wo es Probleme gibt und wie diese zustande gekommen sind.
In den meisten Kliniken gibt es zudem auch Einzelgespräche, diese sind nach der therapeutischen Ausrichtung des Behandlers angelegt und finden meist ein oder zwei Mal in der Woche statt.
Komplementäre Therapierichtungen – was sonst noch angeboten wird
Es gibt in den meisten Kliniken noch eine Reihe von zusätzlichen Therapieangeboten, die nach einem Baukastensystem dem Patienten zugeordnet werden. Hier gibt es zusätzliche psychotherapeutische Richtungen, die eingebunden werden können wie Hypnotherapie, Gestalttherapie, Systemische Therapien und viele andere Richtungen.
Dazu kommen dann auch noch weitere ärztliche Therapien wie zum Beispiel Akupunktur, Neuraltherapie, Mitbehandlung von vorliegenden körperlichen Erkrankungen und andere.
Komplementär werden zudem oft noch weitere Angebote gemacht wie Tanztherapie, Ergotherapie, Physiotherapie, Atemheilkünste, Sport- und Bewegungstherapie, Musiktherapie, Maltherapie, Spieltherapie, Hippotherapie und ähnliche Angebote. Diese dienen im weitesten Sinne dazu, sich und seinen Körper zu erleben und diesem neue Wege des Ausdruckes zu eröffnen.
Entscheidet man sich also für einen stationären Aufenthalt, sollte man sich auch immer fragen, ob man eher eine unterstützende Medikation braucht oder Therapien. Bei diesen Überlegungen sollte man immer auch die behandelnden ambulanten Ärzte und Psychotherapeuten mit einbeziehen, da diese oft ganz gut einschätzen können, wovon der Patient vorrangig profitieren könnte.