Physiotherapie beziehungsweise Krankengymnastik kennen viele. Aber was ist das genau? Mit welchen Techniken und Zielen arbeiten Physiotherapeuten?
Die Physiotherapie ist die Anwendung von Heilmitteln. Diese werden äußerlich verabreicht, orientieren sich an natürlichen Reizen wie Druck, Kälte und Wärme und an den Gegebenheiten des Patienten. Das Ziel ist, den Körper in seiner physiologisch gesunden Funktion zu unterstützen, zur Wahrnehmungsschulung, Entspannung, Schmerzlinderung, Förderung der Beweglichkeit und Tonusregulation. Dazu verwendet der Physiotherapeut eine Reihe von Basistechniken.
Die Kosten für Physiotherapie werden in Deutschland von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen, dazu benötigt der Versicherte eine Heilmittelverordnung über Physikalische Therapie, die nach den Maßgaben des Heilmittelkataloges von jedem Arzt ausgestellt werden kann.
Prophylaktische Techniken in der Physiotherapie
Auch bevor eine Schädigung, Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen eintreten, können Physiotherapeuten schon eingreifen und gegensteuern. Zum Beispiel in der Dekubitusprophylaxe. Patienten lernen hierbei Lagerungen und soweit es ihnen möglich ist, auch Bewegungsmuster, die einen selbstständigen Lagewechsel und damit eine eigenständige Druckentlastung ermöglichen. Der Nutzen liegt in der Vorbeugung des nekrotischen Untergangs von Gewebe durch zu hohen Druck, was zum Beispiel bei rollstuhlpflichtigen oder bettlägerigen Personen häufig ein Problem darstellt.
Besonders nach Operationen und der damit oft verbundenen anfänglichen Bettlägerigkeit ist eine Pneumonieprophylaxe sinnvoll, sie wird mittels atemtherapeutischer Techniken erreicht. Parallel ist die Thromboseprophylaxe wichtig, so lange die Patienten noch nicht wieder ausreichend mobil sind. Dies wird durch Techniken der aktiven Bewegung, Kreislaufanregung, Atemtechniken und Muskelkontraktionsübungen erreicht.
Funktionelle Kontrakturen, also Bewegungseinschränkungen in den Gelenken, die durch Physiotherapie zu beeinflussen sind, werden ebenfalls behandelt, damit die Gelenke nicht einsteifen, Schmerzen verursachen und im Bewegungsablauf weitere Probleme hervorrufen. Dies kann bei langer Bettlägerigkeit oder aber starken Spastiken der Fall sein. Hier kommen die weiter unten beschriebenen aktiven und passiven Techniken zum Einsatz.
Aktive Techniken in der Physiotherapie
Aktive Techniken zeichnen sich dadurch aus, dass der Patient die Muskulatur benutzt. Dies geschieht zum Beispiel in Form von Bewegungen, die isoliert oder komplex absolviert werden. Der Physiotherapeut kann hierbei auch unterstützen und zum Beispiel das Gewicht eines Körperteiles abnehmen, während der Patient diesen Körperteil bewegt. Auch ist es möglich, dass der Therapeut einen Widerstand gibt, gegen den der Patient anarbeiten muss. Gleichzeitig werden hier auch die Grundsätze der Belastung beachtet, mit sinnvollen Pausenintervallen und auf den Patienten abgestimmter Intensität, Dauer und Dichte des Reizes.
Eine isometrische Muskelaktivität kann beim Halten von Bewegungen oder Bewegungsmustern erreicht werden. Das ist möglich, indem zum Beispiel der Gangablauf im Einbeinstand unterbrochen wird und der Patient auf einem Bein diese Stellung halten muss. Auch hier ist zusätzlicher Widerstand durch den Therapeuten möglich.
Eine dynamische Muskelaktivität erfolgt beispielsweise im Stand auf einem Kreisel, beidbeinig oder einbeinig. Zur Steigerung kann der Therapeut auch hier noch Widerstand geben.
Passive Techniken in der Physiotherapie
Passive Techniken zeichnen sich dadurch aus, dass vom Patienten keine Muskelaktivität gefordert wird. In der Praxis der komplexen Bewegungen des Menschen werden aktive und passive Techniken fast immer gemeinsam eingesetzt.
Die Lagerung ist eine Technik, mit der Teile des Körpers oder der ganze Körper des Patienten mit oder ohne Hilfsmittel für eine Zeit speziell gelagert wird. Das ist unter anderem hilfreich zur Hemmung von Spastizität, zur Entspannung, zur Dekubitusprophylaxe und zur Drainage.
Die Traktion wird angewandt, um Gelenkflächen eines Gelenkes voneinander dezent zu entfernen. Dies kann manuell oder mit Geräten geschehen und dient dem Zweck, die Gelenkbeweglichkeit zu verbessern, eine kurzfristige Entlastung der Strukturen zu schaffen oder aber um luxierte Gelenke zu reponieren. Letzteres ist immer dann nötig, wenn man sich Gelenke ausgerenkt (luxiert) hat, das passiert häufig bei Kniescheiben und Schultergelenken. Den Vorgang des Wiederherstellens der physiologischen Gelenkstellung und Funktion nennt man Reponieren.
Das passive Bewegen von Gelenken, meist unter Traktion, dient ebenfalls der Erhöhung der Gelenkbeweglichkeit und der Kontrakturprophylaxe bei Menschen, die ihren Körper oder Teile dessen nicht selbstständig bewegen können. Dies kann auch manuell oder mit Geräten geschehen.
Die widerlagernde Mobilisation dient dem gleichen Zweck, hier kommt hinzu, dass der Therapeut beide gelenkbeteiligten Knochen gleichzeitig und gegeneinander bewegt. Bei schon länger andauernden Kontrakturen ist diese Technik besonders hilfreich, da der Patient hier gleichzeitig die passive Bewegung gut wahrnehmen und so das Gelenk wieder mehr ins Körperschema integrieren kann.