„Der frühe Vogel fängt den Wurm“ versus „Besser spät als nie“. Die einen erledigen wichtige Dinge lieber sofort, andere dagegen schieben alles vor sich her.
Menschen haben unterschiedliche Strategien, mit unliebsamen Aufgaben, die unbedingt erledigt werden müssen, umzugehen. Während die einen sich sofort ans Werk machen und am liebsten gestern noch alles erledigen, können sich die anderen überhaupt nicht motivieren und vertagen erst einmal alles auf morgen.
Prokrastination – Vermeiden und Aufschieben von wichtigen Aufgaben
Der Diplompsychologe und Psychoanalytiker Hans-Werner Rückert, der sich mit dem Thema Prokrastination, also dem Aufschieben, eingehend beschäftigt hat, beschreibt dieses als Vermeidung einer Aufgabe, die zwangsläufig früher oder später erledigt werden muss. Durch das Aufschieben entsteht Stress, denn statt konsequentem und zeitnahem Handeln werden zunächst unwichtige, beziehungsweise weniger wichtige Dinge erledigt, so dass der Handelnde schließlich unter enormen Zeitdruck gerät.
Zwei Typen der Prokrastination
Gründe für Prokrastination gibt es viele: Angst vor Versagen, fehlende Motivation, Perfektionismus, Trotz,… Unterscheiden lassen sich aber hauptsächlich zwei Gruppen von Aufschiebern: den arousal procrastinator (Erregungsaufschieber) und den avoidance procrastinator (Vermeidungsaufschieber). Menschen, die zur erstgenannten Kategorie gehören, lieben den Reiz und den Kick, denn die Erledigung von Aufgaben in allerletzter Sekunde erzeugt bei vielen ein Hochgefühl. Vermeidungsaufschieber handeln dagegen aus Unlust und Selbstschutz.
Arbeitsstörung „Aufschieberitis“
Etwa fünf Prozent der Menschen sind von der „Aufschieberitis“ betroffen. Besonders Freiberufler und Studenten sind Prokrastinierer, also all diejenigen, die sich ihre Zeit selbst einteilen müssen. Dabei muss aber differenziert werden zwischen denjenigen, die alltägliche Dinge vor sich herschieben und zwischen denen, die trotz negativer Folgen den Bogen überspannen. Chronische Prokrastination ist als Arbeitsstörung anerkannt und kann nicht einfach wie eine schlechte Angewohnheit abgelegt werden. Meist sind sich Aufschieber sehr wohl bewusst, dass ihr Verhalten Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dennoch finden Sie immer wieder Gründe, warum eine Aufgabe nicht erledigt werden kann: Sie sind nicht darum verlegen, Ausreden zu erfinden und sich selbst zu betrügen.
Verhaltenstherapie als Hilfsmaßnahme
Viele Aufschieber ärgern sich über sich selbst, verachten sich sogar für ihr Verhalten und nehmen sich vor, dieses schnellstmöglich zu ändern. Doch häufig bleibt es bei dem Vorhaben. Wer nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen, zum Beispiel durch richtige Vorbereitung und konsequentes Abhandeln von Zeitplänen, sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Dies sollte besonders dann geschehen, wenn die Prokrastination problematische Züge angenommen hat und die Lebensqualität unter dem ständigen Aufschieben zu leiden beginnt; falls Fristen nicht mehr eingehalten werden können, Konsequenzen drohen oder das Selbstwertgefühl stetig sinkt. Durch das Erlernen von Zeitmangamentstrategien aber auch durch Verhaltens- oder kognitive Therapie kann dem Leiden ein Ende bereitet werden.