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Pointillismus – Malerei nach wissenschaftlichen Aspekten –

Punkt für Punkt setzten die Pointillisten Ende des 19. Jahrhunderts die Farben nebeneinander, um sie dann für das Auge zu einem Bild verschmelzen zu lassen.

Der Pointillismus war eine Strömung, die dem Impressionismus auf dem Fuße folgte und deshalb auch häufig als Neo-Impressionismus oder Post-Impressionismus bezeichnet wird. Lediglich rund 20 Jahre lang, von 1889-1910, wurde mit dieser Malweise experimentiert. Begründer und wichtigster Vertreter des Pointillismus war Georges Seurat (1859-1891).

Der wissenschaftliche Hintergrund des Pointillismus

Ende des 19.Jahrhunderts stand die Wahrnehmungstheorie noch am Anfang, aber ihre neuen Erkenntnisse waren eine Quelle der Inspiration für die experimentierfreudigen Maler der Zeit. Es war mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass die Netzhaut ein wahrgenommenes Bild in Rasterpunkten aufnimmt und diese im Geist zu einem Gesamteindruck zusammensetzt.

Die Impressionisten und die Theorie des Sehens

Dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Wahrnehmung bedienten sich bereits die Impressionisten. Mit lockeren kurzen Pinselstrichen bauten sie ihre Bilder auf, die dann in der Entfernung zu einem leichten, luftig- bewegten Ganzen verschmolzen.

Ihre Bilder entstanden in freier Natur vor dem bewegten Objekt. Ihr Ziel war es, die Flüchtigkeit des Augenblicks festzuhalten, Schatten, Licht und Atmosphäre sichtbar zu machen. Dabei durften auch die Spuren der Malweise erhalten bleiben. Im Gegensatz zur akademischen Salonmalerei, die bemüht war um eine naturgetreue Nachahmung, bei der die Pinselführung möglichst unsichtbar bleiben sollte, tritt nun auch der Herstellungsprozess eines Gemäldes ans Tageslicht. Es musste nicht mehr jeder Fleck der Leinwand akribisch bemalt werden, der Gesamteindruck zählte.

Die wissenschaftliche Malweise der Pointillisten

Die Pointillisten trieben den Umgang mit dem Wissen um die Wahrnehmung noch ein bisschen weiter. Was die Impressionisten eher intuitiv auf die Leinwand brachten, wurde nun systematisiert. Motiv und künstlerischer Ausdruck traten dabei weitgehend in den Hintergrund. Die Pointillisten stellten damit erstmals die bildnerischen Mittel in das Zentrum ihrer Malerei.

Das Bewegte, der Flüchtigkeitseindruck des Impressionismus verschwindet in der pointillistischen Malerei. An ihre Stelle tritt eine monumentale Ruhe, eine fast klassische Archaik der Figuren, eine Geometrisierung, die stellenweise künstlich wirkt.

Neben Georges Seurat experimentierten auch Paul Signac, Henri Edmond Cross, Théo van Rysselberghe und Camille Pissarro mit der pointillistischen Technik.

Farbtheorie, Farbwahrnehmung, Farbmischung bei den Pointillisten

Optische Mischung und Simultankontrast bildeten die Grundlagen der pointillistischen Technik:

Beim Simultankontrast wird der nebenstehende Farbpunkt optisch überstrahlt. Ein heller roter Punkt neben einem dunklen blauen Punkt wirkt somit orangefarbener. Durch die Simultankontraste suchte man die Leuchtkraft der Farben steigern.

Bei der optischen Mischung werden die Farben nicht real auf der Palette gemischt, sondern mischen sich erst im Sehvorgang. Seurats Palette umfasste nur elf Farben sowie Weiß. Erdfarben wurden keine verwendet. Gemischt wurden jeweils nur zwei im Farbkreis benachbarte Farben sowie eine Farbe und Weiß. „Chromo- Luminarismus“ nannte Georges Seurat seine Malweise.

Aus dem Malvorgang selbst wurde eine Aufrasterung des Motivs in Punkte, weswegen man häufig auch vom „Divisionismus“ spricht. Das Malen im Freien war nicht mehr notwendig, da die Farbwahl nicht nach der Realität, sondern nach farbwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten erfolgte. Die Farbpunkte wurden gleichmäßig nebeneinander auf die Leinwand getupft. Jedem Punkt kam gleich viel Bedeutung zu, ein Farbauftrag ohne Emotion. Nur mithilfe von Punkten entstanden in einem Bild Linie, Raum, Gegenstand und Atmosphäre.

Der Pointillismus und seine Auswirkungen auf die moderne Kunst

Viele Künstler waren fasziniert von der Vorstellung, die Malerei auf einer wissenschaftlichen Basis zu betreiben. Die Mehrheit der Maler bevorzugte jedoch die freie, intuitive Malerei, die der Impressionismus pflegte. Wie auch der Impressionismus anfangs auf harte Ablehnung gestoßen war, erging es dem Pointillismus nicht besser: Confettisme nannten die Kritiker die Punkt-für-Punkt-Malerei.

Letztendlich scheiterte der Pointillismus an der Wahrheit, dass eine Malerei, die sich rein an wahrnehmungspsychologischen Aspekten und optischen Gesetzen orientiert, seelenlos bleibt. Der Einfluss des Pointillismus auf die Entwicklung der modernen Kunst, insbesondere der Abstrakten Malerei, ist dennoch nicht zu unterschätzen.