Heilpflanzen für Tiere sind geringer erforscht als für den Menschen
Heilpflanzenkunde für Mensch und Tier? Denkbar, vorteilhaft – doch schwer umzusetzen. Die Entstehung der Tierheilkunde und ihre heutige Problematik.
Die Heilpflanzenkunde gehört zu den ältesten aller Therapiemethoden und zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie gut verträglich und größtenteils nebenwirkungsarm ist. Genaugenommen wird sie von allen Lebewesen angewandt: Hunde, Schimpansen und andere Tiere kauen bei Verdauungsstörungen intuitiv auf bestimmten Pflanzen, die sie sonst nicht fressen würden; Rotwild wälzt sich bei Verletzungen auf Kräutermatten und Vögel polstern ihr Nest mit aromatischen Kräutern, um ihre Küken besser gedeihen zu lassen …
Die Wurzeln der Heilkunde
Als die Versorgung kranker Menschen nicht mehr von den Heilerinnen und Heilern abhing, sondern die Klöster zum Mittelpunkt der Medizin gerieten, hatte fast jedes Kloster seinen eigenen Kräutergarten. Blätter, Blüten, Stängel, Wurzeln und Früchte wurden zu Arzneimitteln verarbeitet, um menschliche Gebrechen zu heilen oder zu lindern. Kranken Tieren hingegen wurde von klösterlicher Seite selten Beachtung geschenkt. So waren es weiterhin vor allem volksheilkundliche Heiler und Heilerinnen, Bauern und Hirten, die mündlich weitergegebene Erfahrungen über die Wirkung von Wildkräutern auch erkrankten Tieren zugute kommen ließen – letztlich jenes Wissen, welches sie durch die Natur, durch die Beobachtung der wilden Tiere erst erlangen konnten …
Eine vermeintliche Tierheilkunde entstand erst, als militärische Erfolge von gesunden Pferden abhingen. Instinkt und Beobachtung waren nicht mehr gefragt, doch die „alten Stallmeister“ legten ihre Kenntnisse schriftlich nieder und begründeten so die moderne Tiermedizin. Nicht zuletzt hatten Heilpflanzen in diesen frühen Schriften für die Behandlung erkrankter Pferde einen großen Stellenwert.
Das Tier als Stiefkind im Ansehen, der Wissenschaft und Forschung
Während das von Expertenkommissionen kritisch geprüfte Erkenntnismaterial zur Botanik, Pharmakologie, Herstellung und Anwendung beim Menschen in so genannten Heilpflanzenmonographien zusammengefasst worden ist, gibt es bisher nahezu keinerlei Ansätze, ähnliche Forschungen für pflanzliche Tierarzneimittel zu unternehmen.
Nach dem Siegeszug der isolierten oder synthetischen Arzneistoffe erfreut sich die Pflanzenmedizin in den vergangenen Jahren wieder wachsender Beliebtheit. Anders in der Tiermedizin, die sich über lange Zeit vor allem der Behandlung von Erkrankungen in der Massentierhaltung widmen musste: Schnell und durchschlagend wirkende, billige Arzneimittel zur Therapie ganzer Herden waren hier vornehmlich gefragt. Erst durch die zunehmende Haltung von Haustieren, der Hinwendung zum Einzeltier, gerieten weitere Erkrankungen erneut in das Bewusstsein – und damit auch eine Wertschätzung nebenwirkungsarmer Heilmethoden.
Die Anwendung von Heilpflanzen am Tier ist insgesamt weit weniger intensiv untersucht worden, als beim Menschen. Dazu kommt die Schwierigkeit, dass einzelne Tierarten unterschiedliche Stoffwechselsysteme haben. So ist der Organismus einer Kuh nicht mit dem einer Katze vergleichbar, der einer Ziege nicht mit dem eines Vogels. Bestimmte Pflanzenwirkstoffe, wie beispielsweise ätherische Öle, werden von Pflanzenfressern gut vertragen, haben stimulierende Wirkungen. Ein Fleischfresser wie etwa die Katze hat jedoch große Mühe, sie auszuscheiden und kann durch ein Zuviel davon leicht geschädigt werden.