Immer zahlreicher werden sie, die unkonventionellen Partnerschaften, die von reinen Bettfreundschaften bis hin zu liebevollen – aber offenen – Beziehungen reichen. Wie funktioniert eine offene beziehung?
Seien wir ehrlich: Das Bild vom glücklichen Ehepaar mit eineinhalb Kindern, Haus und Hund ist veraltet. Seit der wachsenden Emanzipation der Frauen und Fernsehserien wie „Sex and the City“ finden kaum noch junge Menschen etwas Verwerfliches daran, mit jemandem ins Bett zu gehen, einfach weil man gerade Lust darauf hat. Ohne Pflichten, ohne Verantwortung, ohne Regeln und ohne Stress. Aber das soll kein Hindernis für die große Liebe oder eine feste Beziehung sein.
Dass sich aus einem One Night Stand eine anhaltende Beziehung entwickeln kann, ist klar. Viele junge Menschen, die ineinander nicht den oder die Eine/n erkannt haben, finden aber trotzdem, dass es blöd wäre, eine körperlich gut funktionierende Geschichte völlig abzubrechen. Diese Sex-Beziehungen, die mit Gefühlen nichts, dafür aber umso mehr mit Spaß zu tun haben, funktionieren möglicherweise sogar besser als „normale“, also monogame Liebesbeziehungen. Man trifft sich um seine sexuelle Lust auszuleben, nicht um über Tiefgründiges zu sprechen oder Alltagssorge auszutauschen.
Zurück in die Steinzeit: Der Mann als Alphatier und die Frau, die einen Beschützer sucht
Auch heute noch werden wir bei der Partnerwahl stark von unseren Instinkten geleitet. Während Männer auf Symbole der Weiblichkeit anspringen – wie etwa große Brüste oder lange Haare – fühlen sich Frauen eher zu Männern hingezogen, die ihnen Sicherheit vermitteln, die als Beschützer fungieren könnten oder die hohen Status haben (und damit beispielsweise finanziellen Halt – also Sicherheit – bieten). Dass man, auch wenn man glücklich verliebt ist, nie wirklich aufhört, auf solche Signale zu reagieren, wird jeder bestätigen können, der sich schon einmal – trotz geliebter Freundin – nach einer hübschen Frau umgedreht hat. Dasselbe gilt natürlich für vergebene Frauen, die beim Anblick eines Mannes in Anzug weiche Knie bekommen.
Ist der Mensch wirklich für die Monogamie geschaffen?
Die meisten Beziehungen scheitern aufgrund von exzessiver Eifersucht, Seitensprüngen, weil nur noch gelogen und betrogen wird. Die einfachste Möglichkeit um dieses Problem abzuschaffen ist eine offene Beziehung. Man kann seinen Partner nicht betrügen, weil beide nach denselben Regeln spielen und ihre sexuellen Fantasien ausleben dürfen. Nur bis zu einem gemeinsam vereinbarten Grad, natürlich. Denn nur weil zwei Menschen sich innig lieben, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht – wie Carrie und Co. – auch gerne einfach belanglosen, wilden Sex haben wollen. Und zwar auch, wenn die ersten Verliebtheitshormone verflogen sind und der Alltag eingekehrt ist.
Welche Regeln gelten, bleibt jedem Paar selbst überlassen und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Solange sich beide daran halten, geht auch die Beziehung gut. Dass aus einer offenen später auch eine monogame Beziehung werden kann, ist selbstverständlich auch möglich. Solange etwas Spaß macht, warum nicht?
Tipps und Spielregeln
Wenn man sich auf eine offene Beziehung einlässt, muss man sich darüber im Klaren sein, dass all die Ängste, die man hat, genauso berechtigt sind wie in einer monogamen Beziehung. Macht die Frau sich Sorgen, dass ihr Mann sie aufgrund einer anderen verlässt? Nun ja, diese Gefahr besteht immer. Ist der Mann eifersüchtig auf die anderen Kerle, die seine Freundin abschleppt? So etwas sollte man als Ansporn sehen, um sich selbst zu verbessern.
Ehrlichkeit ist das erste Gebot. In offenen wie monogamen Beziehungen. Allerdings besteht bei Partnern, die auch mit anderen Menschen Sex haben, ein größeres Risiko an Geschlechtskrankheiten zu erkranken. Es braucht schon eine gewaltige Menge Ehrlichkeit und Offenheit, um sich hier gegenseitig genug zu vertrauen.
Ganz wichtig – und das ist vor allem das Problem vieler Frauen – ist es, den Unterschied zwischen Gefühlen und Sex zu erkennen. Wenn man dazwischen nicht unterscheiden kann, dann wird auch eine offene Beziehung kaum funktionieren. Ist man sich allerdings genau bewusst, wann und mit wem man bloß Sex hat und wann es sich wirklich um etwas Ernstes, also etwa um Sex mit dem Partner handelt, steht dem Beziehungsglück nichts mehr im Weg.
Lebensabschnittspartner oder Silberhochzeit?
Bei der heutigen durchschnittlichen Lebenserwartung und der Scheidungsrate, stellt sich die Frage, ob heiraten wirklich noch so hohen Traditionswert besitzt wie früher. Wenn man lächelnd von „Lebensabschnittspartnern“ spricht, kann man genausogut eine Bettfreundschaft pflegen und/oder Teil einer offenen Beziehung sein. Auch so kommt man auf seine Kosten, kann sich austoben, während man jung ist und seine Freiheit genießen möchte. Und wer würde schon wagen zu behaupten, dass aus offenen Beziehungen nicht das alte Ehepaar werden kann, das auf seiner Silberhochzeit mit falschen Zähnen in die Kamera grinst, an die alten, die wilden Zeiten zurückdenkt und froh darüber ist, nichts verpasst zu haben?