Wer sich ständig sorgt, negativ denkt und unangenehmes erwartet, geht ein enormes gesundheitliches Risiko ein. Positiv denken ist keineswegs banal…
Schon wieder war ein anderer vor Ihnen an der Parklücke, geht es an Ihrer Supermarktkasse am langsamsten voran, jetzt fängt es sicher auch gleich zu regnen an und Sie haben keinen Schirm… Stehen Sie dem Leben eher negativ gegenüber, machen sich oft unnötige Sorgen und sind schnell frustiert – kurz, ein Pessimist?
Wenn ja, haben Sie nicht nur weniger vom Leben. Sondern auch ein hohes gesundheitliches Risiko. Ist das Glas stets halb leer statt halb voll, bringt das den Lebensmotor aus dem Takt.
Denn Angst verursacht Herzrasen und Herzstiche, soziale Isolation erhöht das Herzinfarktrisiko und der Herzinfarkt ist der moderne Heldentod stressgeplagter Manager: Psychischer Stress bedroht das Herz. Die Leiden der Seele schwächen den Lebensmuskel. Das zeigen wissenschaftliche Studien und wissen Experten: »Negative Emotionen können das Herz krank machen«, so Prof. Eberhard Windler aus Hamburg.
Risikofaktor Distress
Der Medizinpsychologe Johan Denollet war einer der ersten, der das Gefahrenpotenzial einer negativen Lebenseinstellung untersuchte. Er beobachtete, wie Infarktpatienten mit ihrer Krankheit fertigwerden. Die einen blieben trotz starker Beschwerden zuversichtlich und nahmen engagiert an der Rehabilitation teil. Die anderen waren entmutigt, ließen die Reha-Maßnahmen schleifen und klagten über ihren Zustand. Für den Professor an der niederländischen Universität Tilburg war klar: Der andere Umgang mit der Situation hat Folgen für die Gesundheit. Um diese messen zu können, entwickelte er einen einfachen Test. 14 Fragen, um zu prüfen, wie eine Persönlichkeit gestrickt ist – und wie hoch damit ihr Risiko für Herzkrankheiten. Ausgehend von zwei Parametern: negativen Emotionen und sozialer Isolation. Je ausgeprägter Pessimismus, Reizbarkeit und Frust, je geringer Selbstvertrauen und Kontaktfreude, desto schlimmer für das Herz.
Denollets Test, kurz DS – für Distress – 14 genannt, eröffnet neue Wege in der Herzmedizin. Denn mit ihm lassen sich zuverlässige Aussagen über die Gesundheit des Lebensmotors treffen: Hoher Distress bedeutet ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und koronare Herzkrankheiten.
Elixier oder Gift
Stress ist das Ergebnis dessen, wie wir Anforderungen wahrnehmen. Einfacher, Stress ist hausgemacht. Und nicht schlecht per se. Solange wir uns den Aufgaben gewachsen fühlen, Erfolgserlebnisse und Anerkennung einheimsen, ist alles gut. Dann hat Stress durchaus seinen Nutzen und heißt demnach – von griechisch eu, zu deutsch gut – Eustress. Wehe aber, wenn uns etwas überfordert, wir keine Lösung parat haben. Dann zeigt Stress seine dunkle Seite: Distress, die schädliche Ausprägung. Leider auch die häufigere. In der es nur Minuspunkte zu sammeln gibt. Die chronische negative Aufruhr nagt am Gedächtnis, nährt die Schutzschicht um die Hüften und vor allem, sie macht krank.
»Don’t worry, be happy…«
Keineswegs banal. Zuversicht und Optimismus sind eine wirksame Medizin fürs Herz. Ewig genervte Schwarzseher denken sich dagegen krank. So verstarben in einer Langzeitstudie über ein Viertel binnen zehn Jahren an Schlaganfall oder Herzinfarkt. Bei Patienten ohne Distress waren es nur sieben Prozent.
Nur ein Beispiel von vielen, wie gefährlich D-Typen leben: Distress ist ein schleichendes Gift. Er erhöht das Risiko, am Herzen zu erkranken und einen Infarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Denn steht die Psyche unter negativem Dauerbeschuss, wird zum Verhängnis, was uns bei akuten Gefahren schützt. Besonders der ständig hohe Spiegel an Stresshormonen hat fatale Konsequenzen.
Er lässt Herzfrequenz wie Blutdruck steigen und sorgt dafür, dass die Aderwände immer mehr zuwachsen. Durch ständig hohe Kortisolpegel produziert der Körper viel zu viele freie Fettsäuren. Das erhöht die Konzentration von Cholesterin und Triglyzeriden im Blut und damit das Risiko für Arteriosklerose. Zugleich gerät der Salz- und Wasserhaushalt außer Kontrolle, wodurch Blutdruck und Arteriosklerose-Gefahr weiter steigen. Die beiden anderen Stresshormone, Adrenalin und Noradrenalin, steigern die Neigung der Blutplättchen, sich zusammen zu ballen: Aggregation genannt und ein enormes Risiko für Blutgerinnsel, in deren Folge ein Infarkt stehen kann.
Wege aus der Negativdenke
Trotz dieser erschreckenden Fakten: Typ-D-Persönlichkeit ist keine Krankheit. Auch wer unter hohem Distress steht, kann laut Prof. Denollet »ein gesundes Leben führen«. Der Schaden, der von Distress ausgeht, lässt sich eingrenzen. Nicht, indem man negative Emotionen bekämpft. Sondern versucht, sie auszugleichen. So kann eine gute Ehe aus dem sozialen Schneckenhaus heraus helfen und Psychotherapie Stress und Ängste abbauen. Regelmäßige Bewegung und bewusste Ernährung tragen bekanntermaßen mit dazu bei, die Risiken für das Herz zu senken. Vom gesunden Lebensstil profitiert schließlich wieder die Psyche: In einem gesunden Körper wohnt eine gesunde Seele…