Die Folgen gutartiger Prostatavergrößerung werden neu gesehen. Europaweit sollen demnächst neue Leitlinien für die Behandlung der Folgen der gutartigen Prostatavergrößerung wirksam werden. wie behandelt man blasen?
Die Fachärzte für Urologie müssen umlernen: Eine von der Europäischen Urologiegesellschaft EAU neu erarbeitete Leitlinie zum Umgang mit Symptomen des unteren Harnwegetraktes bei Männern bringt nicht nur neue Fachbegriffe, sondern auch völlig neue Einsichten in das Wesen krankhafter Veränderungen und deren Behandlung. Schon bisher wurde die Blasenschwäche bei Frauen mit anticholinerg – krampflösend – wirkenden Medikamenten behandelt Die neue Leitlinie empfiehlt diese Therapie auch bei Männern. Besonders werden solche Wirkstoffe wie Darifenacin (Handelsname Emselex) empfohlen, die unmittelbar an der Blase und nicht auch am Gehirn wirken. Allerdings ist die Leitlinie noch nicht endgültig wirksam, wurde aber im Vorwege Mitte September auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Dresden vorgestellt.
Die gutartige Prostatavergrößerung ist nicht immer Auslöser
In der Vergangenheit gingen die Fachleute davon aus, dass zwischen der gutartigen Prostatavergrößerung und Blasenbeschwerden der verschiedensten Art wie Problemen beim Wasserlassen, verminderter Harnfluss, erheblichen Restharnmengen, vollständiger Harnverhalt ein Zusammenhang bestünde. Jetzt glauben die Fachärzte zu wissen, dass solche Symptome von einer Prostatavergrößerung begleitet sein k ö n n e n, aber eben nicht müssen. Der gutartigen Prostatavergrößerung wird – viele Männer werden es begrüßen – kein Krankheitswert als solcher mehr beigemessen. Wohl aber kann es zu einem ganzen Syndrom von Beschwerden beim Wasserlassen kommen, die künftig als „hyperaktive Blase“ bezeichnet werden. Beschwerden, die die Ärzte bisher schon bei Frauen behandelt haben. Zusammengefasst werden diese Beschwerden unter dem Oberbegriff des „gutartigen Prostatasyndroms“.
Die Fachleute geben zu, dass sie die gesamten Zusammenhänge, die hierbei im Körper wirken, noch lange nicht richtig kennen. Diese Zusammenhänge betreffen nicht nur die Harnwege, sondern auch zerebrale (im Kopf) und spinale (den Bewegungsablauf betreffende) Prozesse. Die Ärzte haben erkannt, dass die Therapie den ganzen Menschen pathophysiologisch erfassen muss. Eine krampflösende Medikation scheint am meisten frei von Nebenwirkungen zu sein.
Hyperaktive Blase Problem älterer Männer
Nach neuen Erkenntnissen sind von der überaktiven Blase jenseits des 70. Lebensjahrs mehr Männer als Frauen betroffen. Es scheint falsch gewesen zu sein, dass Männer vor allem mit alpha-Blockern, Phytotherapeutika und anderen Wirkstoffen behandelt worden sind. Die neue Leitlinie empfiehlt Anticholinergika wie den Wirkstoff Darfenacin – unter Umständen mit alpha-Blockern kombiniert. Allerdings ist dann Vorsicht geboten, wenn Verdacht auf eine bösartige Begleitkomponente besteht. Darauf können hohe Restharnmengen hindeuten. Das sind aber Ausnahmefälle.
Die neue Therapie scheint vor allem für sehr betagte Patienten in Betracht zu kommen. Allerdings drohen Nebenwirkungen im Zentralen Nervensystem. Dann könnten die Patienten verwirrt werden. Andererseits können auch so genannten PDES-Hemmer – die bislang nur zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassen sind – einen günstigen Behandlungserfolg sichern.