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Neue Sucht: Internetsucht?

Fragen und Antworten zur Sucht im Netz.

Ist Internetsucht wirklich eine neue und um sich greifende Sucht? Wie erkennt man eigentlich, dass man selbst gefährdet ist und was kann man dagegen unternehmen?

 

Der Ursprung der Begrifflichkeit Internetsucht ist nicht vollständig geklärt, er soll allerdings von dem Psychologen Ivan Goldberg geprägt worden sein. In Deutschland wurde der Begriff 1999 vor allem durch das Buch „Suchtgefahr Internet“ (Original: Caught in the net) von Kimberly Young bekannt, in der die Professorin der Universität Pittsburgh von der steigenden Gefahr der Such analog zu dem Ansteigen der Internetanschlüsse spricht.

Internetsucht oder Internetabhängigkeit?

Umstritten ist auch unter Experten der Begriff „Sucht“ für diesen Bereich. Bisher ist die sogenannte Internetsucht nicht als Krankheit anerkannt und die bisher erfolgten Studien zu dem Thema konnten auch noch nicht aufzeigen, inwiefern diese Sucht neben den psychischen auch körperliche Probleme verursachen kann. Damit sind zum Beispiel auch körperliche Entzugserscheinungen wie bei anerkannten Suchtkrankheiten gemeint. Zusätzlich sehen einige Wissenschaftler diese Art der Sucht nicht als eigenständig an, sondern als Folge- oder Begleiterscheinung bei einer bereits vorhanden psychischen Störung. Während also auch in Medien der Begriff der „Internetsucht“ genutzt wird, haben sich Forschungsinstitute wie die Psychiatrische Universitätsklinik München auf den Begriff „Internet-Abhängigkeits-Syndrom“ (IAS) geeinigt.

Versuch der Diagnose

Die Versuche einer Diagnose, ab wann eine Person in dem Internet-Abhängigkeits-Syndrom leidet sind vielfach und oft auch polemisch oder ideologisch gefärbt. In unabhängigen Studien versucht man sich bei den Diagnosekriterien an den Leitlinien des ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen) zu orientieren. Von einer Abhängigkeit wird dabei üblicherweise gesprochen, wenn drei oder mehr der folgenden Kriterien erfüllt werden.

  • Zwang zur Nutzung: Die Personen haben starkes Verlangen sich in das Internet einzuloggen und wird bei längerer Abwesenheit zum Beispiel nervös.
  • Verlust der Kontrolle über die Zeit: Es gibt keine Kontrolle über Beginn oder Ende der Internet-Nutzung. Dies führt dazu, dass vereinbarte Endzeiten nicht eingehalten werden oder eine Einschränkung nicht als nötig angesehen wird.
  • Toleranzentwicklung: Die täglichehe Dosis der Nutzung wird stets erweitert um noch Befriedigung zu erlangen.
  • Einengung: Der größte Teil der Zeit wird mit Beschäftigungen im und um das Internet genutzt, darunter fallen zum Beispiel auch Optimierungen am Internetzugriff und Erholungszeiten. Andere Interessen werden vernachlässigt oder komplett eingestellt.
  • Auftreten von Entzugserscheinung: Bei längerer Unterbrechung treten Beeinträchtigungen auf, wie zum Beispiel Nervosität, Gereiztheit bis hin zur Aggressivität.
  • Verdrängung von schädlichen Konsequenzen: Schädliche Konsequenzen, wie zum Beispiel Verlust von Freunden, Partnern bis hin zu Arbeit werden nicht realisiert oder verdrängt.

Verbreitung

Ein großes Problem von Studien in diesem Bereich ist die Tatsache, dass bei Gefährdung oft über die Stundenzahl pro Woche geredet wird, dies jedoch im Kern kein Diagnosekriterium für die Intersucht ist.Eine genaue Zahl der in Deutschland betroffenen Personen ist nicht bekannt, allerdings zeigen die bisher erfolgten Studien auf, dass die Problematik eine größere Dimension hat. Studien an der Universität Berlin und in München kamen dabei auf ein Ergebnis, dass etwa 3-4% der Internetnutzer die Kriterien für das Internet-Abhängigkeits-Syndrom erfüllen.

Gefährdete Personenkreise

Nach den bisher erfolgten Studien sind folgende Personenkreise besonders gefährdet:

  • Jugendliche und Heranwachsendeli
  • Menschen aus niedrigen sozialen Statusgruppen
  • Personen ohne Lebenspartner
  • Personen ohne Arbeit oder Teilzeitbeschäftigte
  • Menschen mit psychischen Problem wie Depressionen

Zusätzlich erfolgte die Erkenntnis, dass bei jungen Menschen besonders männliche Personen betroffen sind. Dies ändert sich jedoch, denn mit zunehmendem Alter sind etwa 2-3-mal soviel Frauen wie Männer betroffen.

Gründe für exzessive Nutzung des Internets

Nach Kimberly Young gibt es drei Hauptgründe für die exzessive Nutzung des Internets, die auch in Antworten von Probanten bei weiteren Studien bestätigt wurden.

  • Suche nach Identität: Besonders für Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl bietet das Internet die Möglichkeit sich eine völlig von der Realität abweichende neue Identität zu schaffen und diese auszuleben.
  • Soziale Kontakte: Bei zurückhaltenden oder schüchternen Menschen ist dies eine der Hauptgründe zur Nutzung von Foren und Chats. Ohne dem Gegenpart als Person gegenüberzutreten ist eine Kontaktaufnahme einfacher.
  • Spieltrieb und sexuelle Erfüllung: In beiden Fällen kann man auf anonyme Art und Weise seine Befriedigung erlangen ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.

Tipps für den Umgang mit dem Internet

In der heutigen Zeit ist eine völlige Abstinenz vom Computer und Internet nicht oder nur sehr schwer möglich. Um einer Gefährdung vorzubeugen gibt es jedoch einfach Tipps, deren Einhaltung nachweisbar ist und zum größten Teil eine Stärkung der Selbstdisziplin ist.

  • Feste Grenzen bei der Nutzungszeit einhalten, es gibt vor allem bei Onlinespielen die Möglichkeit diese automatisch einzuschränken.
  • Ziele setzen und nach Erreichen des Zieles die Internetsession beenden.
  • Nutzung des Internets erst nach Erledigung anderer Aufgaben (Belohnung)
  • Darauf achten, Treffen mit Freunden oder Bekannten einzuhalten.

Therapie

Da die Internet-Abhängigkeit noch nicht als Krankheit angesehen wird, gibt es auch keine direkte Therapie, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Trotzdem haben Süchtige oder gefährdete Personen einige Möglichkeiten sich beraten zu lassen und die Angebote kann man unter anderem an den örtlichen Suchtberatungsstellen erfahren. Zur Selbsthilfe und Selbstdiagnose kann man sich auf den Seiten www.netaddiction.com und www.psychiater.org umsehen.