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Nachhaltigkeit, ein utopischer Traum?

Eine industrielle Revolution zurück in die Zukunft ist unabdingbar um wirkliche Nachhaltigkeit zu erreichen. Nachhaltigkeit ist das Gegenteil von Kollaps und Zusammenbruch, definiert ein altes Deutsches Spruchlexikon. Wenn das so ist, ist die Weltwirtschaft, ja die Weltgesellschaft weit von einer nachhaltigen Entwicklung entfernt. Ist Nachhaltigkeit denn überhaupt noch erreichbar?

Henry Ford und Nelson Rockefeller entschieden nachhaltig den Lauf der Geschichte

Nikolaus Otto hatte in 1860 seinen Gasmotor noch für den besseren Treibstoff, nämlich Ethanol konzipiert, Ford, der Bastler und Perfektionist, bei der Konstruktion seines T-Modells 1880 diese Idee noch aufgegriffen und bis in die 20er Jahres des 20. Jahrhunderts weiter verfolgt. Er hatte auch die Haupt-Käufer-Gruppe seiner „Tin Lizzy“ im Auge, die Farmer. Sie hätten diesen Idealtreibstoff liefern können, die Wertschöpfung wäre breit und sozial gestreut im Land geblieben. Doch schon als Rockefeller die unerschöpflichen Gewinnmöglichkeiten in seinen frisch erworbenen Ölfeldern erkannte, setzte er alles daran, Öl als Energiequelle der Zukunft durchzusetzen. Ihm war klar, dass die Nutzung von Erdöl allein in der Industrie, der Marine und als Heizöl nicht ausreichen würde, um die stetig wachsenden Mengen, die er auf seinen Ölfeldern förderte, abzusetzen. In der Tat hatte er zu dieser Zeit sogar Absatzschwierigkeiten durch das Überangebot und litt daher unter dem Preisverfall. Neue Märkte mussten erschlossen werden. In dieser Auseinandersetzung halfen ihm seine Beziehungen, insbesondere zur Finanzwelt und damit zur Politik. Diese Macht des Geldes nutzte er, als Ford Kredite brauchte, um sein Werk für das T-Modell auszubauen. So wurde Ford genötigt, Benzin als Treibstoff für seine Motoren vorzusehen. Damit begann der Siegeszug des Öls als universeller Rohstoff der Mobilität und letztlich in allen Bereichen unseres Lebens.

Eine Welt ohne Öl

Eine Abkehr vom Öl ist nicht der Weg zurück in die Steinzeit oder ins finstere Mittelalter. Es ist zuerst einmal eine absolute Verlagerung der globalen Machtverhältnisse und Interessenkonflikte. Wenn global damit begonnen wird, Energie ausschließlich mit lokalen, erneuerbaren Ressourcen zu erzeugen, verschwindet der „Zankapfel“, um den seit 100 Jahren stets gerungen wird, der seitdem fast immer Anlass der kriegerischen Auseinandersetzungen ist. Technisch ist das überhaupt kein Problem, ausschließlich logistisch. „Wir haben die Technologie, wir haben das Know-How“, beschreibt Professor Dr. Ruppert (Universität Göttingen) das Problem, „es fehlt die Intelligenz“. Ruppert leitet die Projektgruppe Bioenergiedörfer, die von 1999 bis 2007 das Projekt: „Bioenergiedorf Jühnde“ initiierte und betreute. Dass Öl als Rohstoff nicht nur für Energie, sondern auch in all den anderen Bereichen der chemischen Industrie ersetzbar ist, zeigen zahllose Studien.

Nachwachsende Rohstoffe auch für die chemische Industrie

Zu viele der Rohstoffe, die wir nutzen, sind endlich. Das Prinzip der Nachhaltigkeit, dass aus der Forstwirtschaft kommt und verlangt, dass nur soviel Holz entnommen wird, wie an anderer Stelle nachwächst, ist auf alle Bereiche unseres technisierten Lebens anzuwenden. Letztlich ist Öl auch ein natürlicher Rohstoff, jedoch wächst es nun mal nicht in dem Tempo nach, wie es verbraucht wird. Und der unwiederbringliche Verbrauch ist ein entscheidender Faktor. Andere Rohstoffe wie Metalle können wieder verwendet, recycelt werden. Es werden also zwangsläufig ganz neue Industriezweige entstehen müssen, welche die neuen Rohstoffe gewinnen, nun auf pflanzlicher Basis. Die unwürdige Arbeit vieler Millionen Menschen in Indien und Afrika, die mit primitivsten Mitteln Schiffe zerlegen, die Rohstoffe aus unserem Industriemüll herausholen, gewinnt einen ganz anderen Wert. Ebenso alle Produkte, die wir gewohnt sind nach kurzer Zeit durch neue zu ersetzen.

Ende der Wegwerfgesellschaft in Sicht

Wurden vor 150 Jahren Möbel noch für Generationen gefertigt, zerfällt der Billig-Kleiderschrank schon nach dem ersten Umzug. Der Zwang, die Mode und alle damit verbundenen Faktoren die auch das Zusammenleben in einer Gesellschaft belasten in immer kürzeren Abständen neu zu erfinden kann entfallen. Designer müssen sich nun wieder damit befassen nicht immer wieder nur eine neue Form zu kreieren, sondern sich vorrangig mit der Funktion befassen und diese optimieren. „Form follows funktion“ war ein wichtiger Lehrsatz noch in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Konstrukteure werden nicht mehr völlig überflüssige Applikationen für ein eigentlich perfektes Automobil erfinden, nur damit ein neues Modell auf den Markt kommt, sondern sich allein auf wirkliche Verbesserungen, einen sinnvollen Fortschritt konzentrieren. Diese können vielleicht an dem vorhandenen Modell nachgerüstet werden, ohne gleich das ganze Modell ersetzen zu müssen. Was dies gesellschaftspolitisch bedeutet, kann sich jeder ausmalen. Der enorme Druck, Fortschritt als ewige, vollständige Erneuerung begreifen zu müssen, entzieht die Aufmerksamkeit von den wirklich wichtigen Problemen. Die Krank machende Hektik der Industriegesellschaften, stets auf der Suche nach dem neuen Kick, kann sich in die uns doch so faszinierende innere Ruhe vieler alter Kulturen verkehren.

Pharmazie ohne Öl, der Weg zu einer ganzheitlichen Medizin

Medizin soll heilen. Die westliche Medizin hat solange segensreich gewirkt, solange sie noch den ganzen Menschen im Blick hatte. Inzwischen ist sie zu einem enthumanisierten Reparaturbetrieb verkommen, in dem sich Spezialisten um Detailprobleme kümmern und dabei das ganzheitliche Wesen aus dem Blick verlieren. Symptome werden kuriert, ohne wirkliche Heilung zu erreichen. Natürlich wird die bisher skizzierte Veränderung der Nach-Öl-Gesellschaft einen starken Rückgang vieler Stressbedingter Krankheiten zur Folge haben. Eine bessere seelische Balance befähigt unseren Organismus aus eigener Kraft mit Angriffen von außen fertig zu werden, entsteht Krankheit doch in erster Linie aus einem Ungleichgewicht zwischen krankmachenden Faktoren und den vorhandenen Selbstheilungskräften. Eine Medizin also, die sich wieder darauf besinnt, diese Selbstheilungsfähigkeit zu stützen, die Balance wieder herzustellen muss automatisch erfolgreich sein. Sowohl alle bisherigen Lebensumstände in einer industrialisierten Gesellschaft, als auch viele bisherige Therapieansätze zerstören diese Balance eher, schädigen die Selbstheilungsmechanismen und führen letztlich zu einem chronischen Ungleichgewicht. Menschen in einer stressfreien Kultur sind in der Lage, ihr Augenmerk mehr auf die Signale ihres Körpers zu achten, statt alle Verantwortung sofort einem externen Operateur zu übertragen.

Rückschritt als Fortschritt

Es wird sich also viel verändern in dem kommenden Zeitalter ohne Öl. Der Ruf nach der guten alten Zeit erhält eine ganz neue Bedeutung, ohne all die klugen Geister zu diskreditieren, die so bemüht sind, Fortschritt als einen Zwang zu eine immerwährenden Überwindung alter Erfahrungen zu verstehen. Der Traum von dem „sanierten“ Altbau, dem „restaurierten“ Oldtimer, der Hype der alten Kulturen zeugen von der Kraft der Wurzeln in der Seele der Industriegesellschaft. Gesellschaftspolitisch ist das eine Revolution, die Befreiung von einem Absolutismus, der vor 150 Jahren nur die Protagonisten ausgetauscht hat, nicht das System.