Jeder kennt es: Kleine Sticheleien und Neckerein unter Kollegen. Sie sind mittlerweile in fast jedem Berufsalltag zu finden und sind an sich nichts Schlechtes. Gerade in Unternehmen mit scheinbar gutem kollegialen Klima neigen die Mitarbeiter zu teils derben Späßen und Foppereien. Doch irgendwann wird der Bogen überspannt. Einer der Beteiligten beginnt sich gekränkt und missachtet zu fühlen. Eine unsichtbare Grenze scheint überschritten worden zu sein. Doch welche?
Die Definition von Mobbing
Der Duden übersetzt Mobbing unter anderem mit “Intriganz“, “Tortur“ oder auch “Quälerei“. Diese drastische Definition zeigt deutlich, dass es bei Mobbing um einen Prozess geht, bei dem mindestens eine beteiligte Person etwas zu erleiden hat. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geht 2010 in ihrem Mobbing-Report noch einen Schritt weiter. Hiernach ist Mobbing ein Prozess, in welchem mindestens ein Mitarbeiter gezielt schikaniert, ausgegrenzt, drangsaliert und/oder benachteiligt wird. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Prozess von einem Vorgesetzten oder Kollegen initiiert wird. Die Benachteiligung ist auch nicht als Versehen oder Missverständnis zu bagatellisieren, sondern wird systematisch vom Mobber betrieben. Natürlich lässt sich sagen, dass der Mobber sich selbst gar nicht als solcher versteht, sondern nur seinen Unmut über eine Person Luft macht. Die Methoden, mit denen er das tut, sind aber alles andere als harmlos oder unbewusst.
Wie ist der Verlauf von Mobbing am Arbeitsplatz?
Alles hat einen Anfang und einen Auslöser, so auch das Mobbing. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin identifizierte in ihrem Report vier Phasen:
- Ein Konflikt tritt auf, welcher nicht gelöst wird, sondern zu den ersten Schuldzuweisungen und persönlichen Angriffen führt. Der Konflikt muss nicht groß sein. Kleinigkeiten, zum Beispiel „wer putzt die Teeküche?“, können schon ausreichen.
- Der eigentliche Konflikt beginnt keine direkte Rolle mehr zu spielen. Stattdessen beginnt eine Partei nun damit, die ersten Schikanen zu entwickeln (etwa Reden hinter dem Rücken des anderen). Es beginnt der eigentliche Psychoterror. Beim Mobbingopfer treten dabei die ersten Selbstzweifel und Isolationsgefühle auf.
- Der Psychoterror nimmt überhand. Die gemobbte Person wird nun fast ausschließlich Opfer von Anfeindungen, Schikanen und Ausgrenzungen. Sie ist so stark verunsichert, das sie Fehler zu machen beginnt. Dies hat wiederum Auswirkungen für ihren Stand als Mitarbeiter. Ihre Fehler werden ihr angekreidet und es drohen sogar arbeitsrechtliche Folgen wie Abmahnungen oder Versetzungen.
- In den meisten Fällen mündet das Mobbing in einen der zwei Fälle: Das Opfer kündigt oder wird gekündigt. So oder so hat der Psychoterror sein Ziel erreicht.
Wie erkennt man Mobbing?
Mobbing ist kein unbewusster Ablauf im Betrieb. Vielmehr wird es gefördert und kontinuierlich, meist über mehrere Monate, weiter betrieben. Dennoch ist es für den Betroffenen schwer, im Nachhinein zu sagen, wann alles überhaupt angefangen hat. Schließlich wird das Mobbing erst offensichtlich, wenn mindestens die zweite Phase begonnen hat. Man hört plötzlich Gerüchte über sich, schenkt ihnen im Glauben an den normalen Büroklatsch keine Beachtung. Einladungen zu Sitzungen bekommt man nicht weiter geleitet, aber das war sicher nur ein Versehen. So glaubt das Opfer und wehrt sich dementsprechend nicht. Erst wenn sich die Vorfälle häufen und immer bösartiger werden, beginnt man den Psychoterror auch wirklich als solchen wahrzunehmen. Doch dann ist es im Allgemeinen auch schon zu spät, um etwas dagegen zu unternehmen.
Bis das Mobbingopfer die Tragweite der Geschehnisse richtig einschätzen kann, hat sich das Mobbing schon selbst institutionalisiert. Trittbrettfahrer sind bereits auf den Zug aufgesprungen und unterstützen den Prozess, der für den Betroffenen zur reinsten Qual werden kann. Sie haben sich vom Mobber “anstecken“ lassen und nutzen zu gern die Gelegenheit jemanden als Sündenbock zu benutzen. Eine realistische Hinterfragung der Ereignisse findet nur bei den wenigsten Kollegen statt. Und dies ist die Tragik. Denn damit hat das Opfer kaum eine realistische Chance etwas gegen den Terror zu unternehmen.