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Mensch und Gruppe : Warum brauchen menschen gruppen

Vom Bedürfnis bis zum Zwang.  Als soziale Wesen brauchen Menschen einander und finden sich in Gruppen zusammen. Dabei gewinnen sie Sicherheit, büßen aber etwas von ihrem Urteilsvermögen ein.

Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen, sich anderen anzuschließen. Als durchaus soziale Wesen brauchen wir einander. Dafür ordnen wir uns in die Gruppen ein. Dies geschieht oft ohne Vorbehalte und Reflexion, dennoch nicht ohne Regeln. Die Gruppe als kleine Sammlung von einzelnen Personen hat es in sich. Sie existiert nicht einfach als eine Summe von den Teilnehmern.

Wir lassen uns beeinflussen

In den 50er Jahren beschäftigte sich Solomon Asch, ein polnisch-amerikanischer Psychologe, mit dem Einfluss der Gruppe auf die Meinung des Einzelnen. Er führte eine Reihe von einfachen Experimenten durch.

An der ersten Studie nahmen jeweils sieben Studenten teil. Sie sollten ein paar Linien mit einer vorgegebenen – der Referenzlinie – vergleichen, um festzustellen, welche von ihnen genauso lang sind.

Sechs eingeweihte Personen gaben stets die gleichen abgesprochenen Antworten an. Die siebte – die einzige echte Testperson – schien mehr ihrer Umgebung als ihren eigenen Augen zu glauben und eiferte der Mehrheit nach. Sowohl in den richtigen, wie auch in den falschen Antworten. Dies verursachte eine hohe Fehlerquote von 37%. Dagegen wurden in der Kontrollgruppe fast keine Fehler (0,7%) registriert.

Der Unterschied war enorm und bewies, dass sich Menschen durch die Gruppe leicht beeinflussen lassen. Auch wenn eine Überprüfung mit eigenen Sinnen gar nicht schwer fällt.

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Was verleitet uns dazu, unser eigenes Urteilsvermögen anzuzweifeln und uns auf die Ansichten anderer zu verlassen?

Wenn sich das Mitglied einer Gruppe mit den anderen von vornherein einigt, bedeutet dies nicht unbedingt, dass es auf den eigenen Verstand verzichtet. Man kann dies auch als eine Orientierungshilfe ansehen.

Der Mensch sieht sich und die Welt nicht nur mit den eigenen Augen. Das Experiment von Solomon Asch hat das anschaulich dargelegt. Im Lernprozess übernehmen wir die Anschauungen der anderen. Auch was unsere Selbsteinschätzung betrifft, schöpfen wir zum Teil aus der Gruppenzugehörigkeit und ihrer Bewertung.

Wir geben also an die Gruppe etwas von unserem freien Blick und Willen ab. Dafür aber dürfen wir dabei sein und werden akzeptiert.

Im Spagat

Die Gruppe bedeutet für den Einzelnen nicht nur die Sicherheit oder Zugehörigkeit. Sie verlangt einiges ihren Mitgliedern ab: vor allem die Konformität. Das bedeutet für das Mitglied eine Anpassung: ein Prozess von der Individualität bis zur Konformität (Übereinstimmung).

Der Druck auf den Einzelnen wird umso größer, je einstimmiger die Gruppe ist. Ein einsamer Abweichler wird einem verstärkten Gruppenzwang ausgesetzt. Wenn er diesem nicht nachgibt, wird er meist ausgeschlossen. Die Verbündeten innerhalb der Gruppe schützen davor. Mit ihnen kann sich einer trauen, gegen den Strom zu schwimmen.

Führungsstil

Wie sich einer in der Gruppe fühlt, hängt in hohem Maße von dem darin herrschenden Führungsstil ab.

Im Rahmen der erziehungspsychologischen Untersuchungen bestimmte Kurt Lewin, ein amerikanischer Psychologe, folgende Stile: autoritärer, demokratischer, Laissez-faire-Stil.

Nach Lewin beruht der autoritäre Stil auf Befehlen und Kommandos und ist unpersönlich. Der Leiter übernimmt die ganze Verantwortung. Das Ziel ist den Mitgliedern nicht bekannt.

Der demokratische Leiter gibt der Gruppe eine Übersicht über Aufgaben und Ziel. Die Gruppe diskutiert und entscheidet in wichtigen Angelegenheiten. Der Leiter wird zum Mitglied der Gruppe. Er unterstützt und ermutigt.

Laissez-faire-Stil bedeutet Passivität und Beschränkung der Rolle des Leiters. Er überlässt alles der Gruppe, stellt lediglich Materialien zur Verfügung.

Nicht konform

Manch einer scheint in keine Gruppe hineinzupassen. Phantasie und Kreativität lassen sich per se kaum mit einer konformen Haltung verbinden. Aber auch dem Nichtkreativen kann etwas Nonkonformismus nicht schaden.