Forscher des Julius Kühn-Institut arbeiten an Duft und Geschmack. Erdbeeren aus dem Supermarkt enttäuschen oft bei Aroma und Geschmack. Züchtungsforscher sind dem Erdbeeraroma auf der Spur. Sie wollen bald für mehr Geschmack sorgen.
Die Deutsche Gesellschaft für Qualitätsforschung (DGQ) hielt ihre 43. Vortragstagung im März 2008 Quedlinburg ab. Eine wichtige Frage dieser Tagung galt der ökologischen Bedeutung der Arten- und Sortenvielfalt und auch deren wirtschaftlichen Nutzen. Forscher des Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz am Quedlinburger Julius Kühn-Institut (JKI) stellten auf dieser Tagung Erkenntnisse zur Vielfalt der Aromamuster in Kultur- und Wildtypen vor.
Beispiel Erdbeeraroma
Das Erdbeeraroma ist eine komplexe Sache. In der Erdbeere sind bis zu 360 geschmacksrelevante Substanzen zu finden. Zum Vergleich: bei der Kirsche sind nur drei Substanzen für das Aroma entscheidend. Dann ist die Erdbeere von Natur aus eine recht empfindliche und schnell verderbliche Frucht. Heutzutage fordern die Landwirte Sorten, die gegen Krankheiten und Schädlinge resistent sind. Und die Logistik des Handels fordert Transportfähigkeit und möglichst lange Haltbarkeit der empfindlichen Ware. Nach diesen Kriterien optimierte Sorten haben manchmal einen gravierenden Nachteil: es fehlt einfach Duft und Geschmack.
Das Julius-Kühn-Institut
Julius-Kühn-Instituts (JKI) in Quedlinburg ist das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Die Forscher dieses Instituts versuchen ständig den Spagat, neue Sorten mit möglichst viel Aroma zu züchten, die dennoch den Wünschen und Forderungen von Landwirtschaft und Handel entsprechen. Dabei haben sie einen entscheidenden Schritt geschafft. Sie entwickelten eigene Methoden, um in verschiedenen Kultur- und Wildformen der Erdbeere rund 200 flüchtige Inhaltstoffe messen zu können.
Mit diesen Daten sind die Forscher des Julius Kühn-Instituts in der Lage, die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung für einige das Aroma bestimmenden Schlüsselverbindungen zu erklären. Damit kommen sie dann den Ursachen für das schwache Aroma so mancher handelsüblicher Sorte auf die Spur.
„Wir beobachten bei der Erdbeersortenzüchtung eine so genannte genetische Erosion zum Beispiel des Methylanthranilats“, erklärt Dr. Detlef Ulrich vom Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz. Dies ist eine Schlüsselsubstanz, die für ein blumig-fruchtiges walderdberartiges Aroma verantwortlich ist. In den vermessenen alten Sorten, beispielsweise in „Mieze Schindler“ ist sie enthalten. In modernen Hochleistungssorten ist diese Substanz nicht mehr nachweisbar.
Diese Schlüsselsubstanz verliert sich offensichtlich sehr schnell im züchterischen Glücksspiel der Erbanlagen. „Bei dem Bestreben die Erdbeeren haltbarer und weniger anfällig für Krankheiten zu machen, ist der Geschmack etwas vernachlässigt worden“, so die Einschätzung von Dr. Detlef Ulrich. In dem laufenden Züchtungsprojekt des Julius Kühn-Instituts versuchen nun die Forscher aus dem Aromareservoir alter Sorten und Wildarten zu schöpfen. So wollen sie in neuen Sorten alle geforderten Eigenschaften zusammenzuführen.
Modernste technische Hilfsmittel sind für die Arbeit der Züchtungsforscher unerlässlich. Die Aromamuster werden mit Gaschromatographen bestimmt. So gewonnene Aromaprofile zeigen das Problem: Bei der „Elsanta“, einer sehr häufigen Handelssorte, fehlen fast alle für das Aroma wichtigen Substanzen. Die heimische Walderdbeere „Fragaria vesca“ liefert zahlreiche und ausgeprägte Wirkstoffsäulen. „Wilderdbeeren haben generell reichere Aromaprofile als die hochgezüchteten Handelssorten“, fasst Dr. Detlef Ulrich sein Ergebnis zusammen.
Neue Erdbeersorten mit Aroma werden gezüchtet
Auf vollen Touren laufen in Quedlinburg nun Züchtungsversuche, bei denen z.B. „Mieze Schindler“ (aromatische Spitzenklasse, aber leider kaum transportierbar) mit der robusten „Elsanta“ gekreuzt wird. „Im vergangenen Jahr haben die Kollegen in Pillnitz tausende Sämlinge selektiert, um Linien mit gutem Geschmack und gleichzeitig verbesserter Fruchtfestigkeit zu finden“, sagt Dr. Detlef Ulrich vom Julius Kühn-Institut. Beim Geschmack einiger neuer Kreuzungen hat es erfreuliche Verbesserungen gegeben.
Die Arbeiten gehen weiter. „Mieze Schindler“ ist nur einer von vielen Kreuzungspartnern, die in der Genbank in Dresden verfügbar sind. Die Aromamuster der Wildformen sind nun bekannt. Dann lassen sich auch unter ihnen die geeignete Züchtungspartner finden, die dem Geschmack der handelsüblichen Erdbeeren auf die Sprünge helfen können.