Stiftung Warentest prüfte über 300 rezeptfreie Medikamente: darunter Hausmittel, Hustenstiller, Kombi-Präparate, Sprays, Phyto-Therapeutika & Schmerzmittel.
Wenn zur Winterszeit Grippe- und Rhinoviren von Schleimhaut zu Schleimhaut hupfen, infiziert der eine Mensch die anderen Menschen mit Husten, Grippe und Schnupfen. Als Mineralstoff-Experten ausgebildete Apotheker lobpreisen dann schon mal „Ferrum phosphoricum als das Hauptmittel zur Vorbeugung von Erkältungen und Infektionen“, doch Stiftung Warentest huldigte keine Schüßler Salze, nur vor physiologischen Kochsalz-Lösungen konnte man den verschnupften Mitmenschen nicht verschonen: Stiftung Warentest bewertete für den kröchernden und schniefenden Mitmenschen die Wirksamkeit von fast 300 rezeptfreien Medikamenten und Hausmitteln. Sie finden die Empfehlungen der von Professor Dr. Gerd Glaeske („Handbuch Medikamente“) geleiteten Arzneimittel-Expertengruppe in der Dezember-Ausgabe der Verbraucher-Zeitschrift „test“ seit dem 23. November 2012 am Kiosk – direkt neben den frischen Taschentüchern.
Mehrläufige Wirkstoff-Kanonen sind nicht sinnvoll
Sollen mehrere Krankheitsbeschwerden auf einmal gelindert werden, dann helfen laut Werbung besonders Kombi-Präparate mit mehreren Wirkstoffen wie Aspirin Complex, Grippostad C oder Wick MediNait. Das „Gießkannenprinzip“ der mehrläufigen Wirkstoff-Kanonen finden die Medikamenten-Tester allerdings nicht besonders sinnvoll – die Kombi-Medikamente werden daher nicht empfohlen. Wer sich trotzdem für ein Kombi-Präparat entscheidet und sich zu den Senioren zählt, der sollte eventuell noch einen Blick auf die PRISCUS-Liste für Arzneimittel werfen: Das lateinische Wort „priscus“ bedeutet so viel wie „altehrwürdig“, hier findet man Medikamente die eventuell mit anderen Medikamenten wechselwirken.
Sinnvoller sind Medikamente mit einem Wirkstoff
Einzelne Beschwerden wie Fieber und Schmerzen behandelt man mit Einzelpräparaten meist schonender und zielgenauer. Seit Jahren haben sich hier Schmerzmittel mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Paracetamol bewährt: Rezeptfreie Einstoff-Präparate mit dem Wirkstoff Ibuprofen kosten in der Apotheke etwa 2,50 Euro pro 10 Tabletten. Noch günstiger gibt es den Wirkstoff Paracetamol ab 0,94 Euro für 10 Tabletten.
Gegen Schnupfen gibt es drei Nasensprays für zwei Nasenlöcher
Verschnupfte Zeitgenossen stehen vor der Qual der Wahl, da die Medikamenten-Tester drei verschiedene Typen von Nasensprays für nur zwei verschnupfte Nasenlöcher empfehlen: Als Klassiker gegen den Schnupfen gelten hier die physiologischen Lösungen mit Natrium chloratum (Kochsalz). Rhinoviren scheuen salzhaltige Nasensprays zwar nicht wie der Teufel das Weihwasser, für 2,49 Euro pro 10 Milliliter befeuchtet und reinigt man jedoch die gepeinigte Nasenschleimhaut. Möchte man die angeschwollene Nasenschleimhaut wieder abschwellen lassen, dann empfehlen sich Nasensprays mit so genannten Benzyl-Imidazolinen, Nasensprays mit den beiden Wirkstoffen Oxymetazolin und Xylometazolin: Den nasalen Vasokonstriktor Xylometazolin gibt es als Nasenspray ab 3,32 Euro für 10 Milliliter (ml).
Gegen Husten gibt es Antitussiva
Gegen trockenen Reizhusten empfehlen die Arzneimittel-Experten so genannte Antitussiva wie Neotussan-Saft für 5,07 Euro pro Flasche. Ein Antitussivum ist ein Hustenstiller, ein Mittel gegen den Tussis, gegen den Husten – auf lateinisch wird „husten“ mit „tussire“ übersetzt. Dabei stillt der Hustenstiller von ratiopharm den Husten schon für 3,70 Euro (10 Pastillen). Halsschmerzen lutscht man dagegen am besten mit Lutschtabletten und den Wirkstoffen Ambroxol oder Lidocain weg – hier sind Nolaid Lutschtabletten für 5,90 Euro am günstigsten (20 Stück-Packung).
Phyto-Therapie mit Echinacea und Umckaloabo
Ein Indianer kennt keinen Schmerz, ein Indianer kennt aber gegen Grippe, Husten und Schnupfen mehrere Sonnenhut-Arten (Echinacea): Freunde der Phyto-Therapie mag es erfreuen, über 100 Jahre nach „Meyers Blutreiniger“ sind nun Sonnenhut-Medikamente „mit Einschränkung geeignet“ – nach einem langen und wechselhaften Studienerfolg erblühen nun voller immunstimmulierender Farbenpracht der Schmalblättrige Sonnenhut (Echinacea (E.) angustifolia), der Blassfarbene Sonnenhut (E. pallida) und der Purpur-Sonnenhut (E. purpurea). Wer lieber Geranien mag, kann es auch mit der afrikanischen Kapland-Pelargonie Umckaloabo versuchen.
Ist rezeptfreies Händewaschen wirksamer als rezeptpflichtiges Tamiflu?
Häufiges Händewaschen empfehlen die Warentester als wichtigste Schutzmaßnahme gegen eine Infektion von Mensch zu Mensch. Erwischt es einem trotzdem, kann man sich auch mit dem im Test-Bericht vorgestellten Hausmitteln kurieren. Während rezeptfreies Händewaschen wohl uneingeschränkt empfohlen werden kann, ist der rezeptpflichtige Wirkstoff Oseltamivir (Handelsname: Tamiflu) nur mit „Einschränkung geeignet“. Die angenommene Wirksamkeit des Virostatikums Tamiflu wird nach neuen Ergebnissen der Cochrane-Collaboration stark angezweifelt. Laut „Geheimsache: Pillentest“ von Thomas Liesen deuten neue und bisher nicht publizierte Studienunterlagen darauf hin, „dass die bisherige Bewertung des Grippemittels, das millionenfach von Regierungen weltweit als Notmittel gegen Pandemien gelagert wird, fast ins Gegenteil umschlug: Vom Wundermittel, das gegen Grippe vorbeugt und sie gleichzeitig heilt, zum Skandalmedikament, das seinen Milliardenerfolg auf geschönten Ergebnissen gründet.“