Architekten fasziniert die hohe Funktionalität von Schiffen. Konstruktive und gestalterische Details aus dem Superyachtbau werden auf Gebäude übertragen.
Motive von Schiffen, Häfen und der Seefahrt sind immer beliebt. Diese Themen lassen durchweg positive Assoziationen aufkommen, Fernweh und vielleicht die Erinnerung an den letzten Urlaub am Meer. Und so verwundert es nicht, wenn viele Menschen etwas Maritimes in ihre Wohnumgebung bringen. Meistens sind diese Accessoires Erinnerungsstücke vom Meer wie Muscheln, kleine Leuchttürme oder ein Fischernetz. Diese bilden jedoch noch keine maritime Architektur, sondern schmücken als Dekoartikel die Wohnung oder das Haus.
Schiffsmotive sind klassische Elemente der Architektur
Die klassische Moderne der Architektur, die Epoche des Bauhauses, greift erstmals Prinzipien des Schiffbaus auf. Dabei geht es zunächst weniger um Gestaltungsprinzipien als vielmehr um funktionale Erfahrungen, die aus dem Schiffbau auf die Gebäudeplanung übertragen werden. Le Corbusier war von der hohen Funktionalität einer Schiffskabine begeistert. Alles, was zum Leben notwendig war, konnte in den Kabinen der Passagierschiffe der 1920er Jahre auf kleinstem Raum organisiert werden. Das Vorbild einer Wohnmaschine, die eine ähnliche hohe Funktionalität und Wirtschaftlichkeit aufweist, entstand und wurde aus den Erfahrungen des Schiffbaus entnommen.
Gestaltungsmotive aus der Schiffsarchitektur wurden und werden gern auf Gebäude übertragen. Die Kommandobrücke, die Reling, das Bullauge etc. sind bekannte Motive. So existieren zahlreiche bekannte Gebäude, die etwas Schiffsartiges an sich haben. Es muss etwas an Schiffen sein, was Architekten animiert, dies auf ihre Gebäude zu übertragen. Ist es die Beweglichkeit und Mobilität der Schiffe, die den Häusern fehlt? Oder ist es die Größe und Komplexität der Schiffe, die Häuser dagegen klein wirken lässt? Schiff und Haus, kein ausschließlicher Gegensatz, eventuell eine lebenslange Hassliebe.
Neuerdings kommen auch besondere Materialien aus dem Schiffbau in der Architektur zum Einsatz. Auch Konstruktionsprinzipien des Schiffbaus, etwas der Wabenbau, spielen eine immer größere Rolle in der Gebäudeplanung.
Maritime Architektur heute – Vorbild Superyachtdesign
Marititme Architektur bedeutet nicht Dekoartikel vom Meer in der Wohnung aufzustellen! Es geht vielmehr um drei Zielrichtungen, die miteinander verfolgt werden sollen. Zum einen die wirtschaftliche und funktionale Organisation der Nutzungen. Das bedeutet Grundrisse zu entwerfen, die große Ähnlichkeit mit Schiffsgrundrissen haben. Dabei sollen keine überflüssigen Flächen geplant werden, kurze Verbindungswege erreicht werden und energetisch-wirtschaftlich ein Optimum erzielt werden.
Zum zweiten sollen Konstruktionen und Materialien aus dem Boots- und Yachtbau verwendet werden. Eine unendliche Ideenquelle bieten die vielen Superyachten, die in entsprechenden Häfen beobachtet werden können. Diese Schiffe liefern im Inneren wie auch Außen eine Fülle an Anregungen und Vorlagen, die in die maritime Architektur übertragen werden können. Auch Kreuzfahrtschiffe sind ein dankbarer Ideengeber. Hier liefert der Innenausbau zahlreiche Material- und Konstruktionsbeispiele, die meistens in die Gebäudeplanung übernommen werden können.
Und drittens die Gestaltungslinien der Kreuzfahrtschiffe und Superyachten. Hier lassen sich im Laufe der letzten Jahre durchaus Trends und Moden, gerade im Interior, beobachten. Materialen, Formen und Farben wechseln hier gelegentlich und bieten eine Fülle an Vorlagen für die maritime Architektur von Gebäuden. Eine schon klassische Kombination hierbei bilden Teak mit Dunkelblau und Messing oder Chrom.
Wer seine Wohnung oder Haus in dieser Art plant und gestaltet, schafft echte marititme Architektur, die aber auch ihren Preis hat. Allerdings ist sie nicht unbezahlbar. Bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus mit 130 qm Wohnfläche kann von einem „maritimen“ Kostenaufschlag von 10 – 15 % ausgegangen werden. Ein kompetenter Architekt wird diesen in vertretbarer Höhe halten können und das Optimum für seinen Bauherrn finden.