Was sich hinter einer großen Körperlänge verbergen kann. Bei schlanken Menschen mit einer großen Körperlänge, schmalen überlangen Gliedmaßen und sehr überstreckbaren Gelenken sollte an ein Marfan-Syndrom gedacht werden.
Das Marfan-Syndrom ist eine genetisch bedingte Bindegewebserkrankung, welche häufig unerkannt bleibt. In der Regel betrifft die Erkrankung mehrere Organsysteme, sodass die Diagnose erst durch Untersuchungen der entsprechenden Fachärzte bestätigt werden kann.
Worum geht es beim Marfan-Syndrom?
Beim Marfan-Syndrom kommt es zu Veränderungen des Bindegewebes. Da sich fast überall im Körper Bindegewebe befindet, zeigt sich die Erkrankung in vielen Organsystemen. Sichtbar ist neben der auffälligen Körpergröße, den langen, schlanken Fingern und den überstreckbaren Gelenken, ein schmaler Kiefer mit infolgedessen schiefstehenden Zähnen. Selbst Fußfehlstellungen sind keine Seltenheit. Darüber hinaus kann sich schon in frühen Jahren eine Skoliose oder Kyphose (abnorme Krümmung der Wirbelsäule) ausbilden, auch eine Kielbrust oder Trichterbrust (Verformung des Brustbeins) ist möglich. Zudem können die Augen betroffen sein – hier können sich schwere Sehstörungen entwickeln, bis hin zur völligen Erblindung. Problematisch ist eine Beteiligung des Herz- und Gefäßsystems. In der Gefäßwand der Aorta können sich Dissektionen (lange Risse) und Aneurysmen (Aussackungen) bilden – schlimmstenfalls platzen diese. Eine Beteiligung der Herzklappen kann unter anderem Entzündungen oder Rhythmusstörungen nach sich ziehen. Ebenso gefährlich und lebensbedrohlich ist ein Pneumothorax – das Zusammenfallen eines Lungenflügels. Ein Pneumothorax geht mit plötzlicher Atemnot und Schmerzen einher.
Ursache der Bindgewebserkrankung
Zugrunde liegen dem Marfan-Syndrom genetische Faktoren – Mutationen im Gen für Fibrillin, die zu Veränderungen der Mikrofibrillen des Bindegewebes führen. Mikrofibrillen finden sich in den meisten Bindegeweben des Körpers, vermehrt allerdings im kardiovaskulären Gewebe, in den Knochen und in den Augen. Mikrofibrillen sind an der Oberfläche elastischer Fasern vertreten und sorgen für die Elastizität des Gewebes.
Das Marfan-Syndrom wird autosomal-dominant vererbt – es besteht ein Risiko von 50 Prozent, die genetische Veränderung weiterzugeben. Bei etwa 25 bis 30 Prozent treten Spontanmutationen auf – es kommt zu einer spontanen genetischen Veränderung, beide Eltern sind also gesund.
Behandlung und Prognose des Marfan-Syndroms
Das Marfan-Syndrom ist nicht heilbar, dennoch lassen sich durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen und durch das Zusammenspiel von Ärzten der verschiedenen Fachgebiete lebensbedrohliche Situationen verhindern und eine annähernd normale Lebenserwartung erzielen. Wesentlich sind dabei Untersuchungen des Herz- und Gefäßsystems. Mitunter kann der Einsatz von Betablockern notwendig sein, um die Ausbildung von Aneurysmen zu verzögern beziehungsweise zu verhindern. Außerdem kann eine Endokarditisprophylaxe durch Antibiotikagaben notwendig werden, um eine Entzündung der Herzklappen zu vermeiden. Überdies können operative Eingriffe im Herz- oder Gefäßbereich erforderlich sein. Auch augenärztliche Untersuchungen und Behandlungen durch spezielle Gläser oder Laser tragen zur Vermeidung von Komplikationen bei. Im orthopädischen Bereich können zum Beispiel Einlagen notwendig sein oder chirurgische Eingriffe, etwa an der Wirbelsäule.
Tipps für Betroffene mit MFS
Unbedingt sollten Betroffene sich intensiv über das Krankheitsbild informieren, um eventuell auftretende Symptome, Notfallsituationen und die körperliche Belastbarkeit einschätzen zu können. Darüber hinaus sollte eine individuell passende Sportart gefunden werden, wobei Kontaktsportarten nicht geeignet sind. Ferner kann eine physiotherapeutische Begleitung ratsam sein. Nicht zuletzt ist der Austausch mit anderen Betroffenen sehr empfehlenswert.