Durch Maiglöckchenduft finden Spermien ihren Weg zur weiblichen Eizelle. Düfte und Gerüche bestimmen unser Leben mehr, als wir annehmen.
Bei der Partnerwahl kommt es nicht nur auf Aussehen und Persönlichkeit an. Schon seit längerem ist bekannt, dass gerade der Duft eine besondere Rolle spielt. Die Band Rammstein sprach 1995 mit dem Song „Du riechst so gut“ vielen Menschen aus der Seele. Eine betörende Duftnote kann uns regelrecht die Sinne rauben. Dass der Duft von Maiglöckchen einen spektakulären Effekt hat, fanden Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum heraus.
Maiglöckchenduft regt Spermien an
Spermien reagieren auf Maiglöckchenduft. Diese interessante Entdeckung enthüllten Prof. Hanns Hatt, Dr. Marc Spehr und ihr Forscherteam im englischen Fachblatt „Science“. Sie wiesen nach, dass Spermien den Duft riechen können und außerdem ihre Geschwindigkeit erhöhen. Den Geruch nehmen Spermien wahr, da sie einen Riechrezeptor wie die Nase haben. Aktiv wird der Rezeptor dann, wenn von der Eizelle Duftstoffe ausgesendet werden. Die Spermien finden ihren Weg demnach durch den Geruch. Strömt die Eizelle Maiglöckchenduft aus, gibt es für die Spermien kein Halten mehr und sie verdoppeln ihre Geschwindigkeit. Gefunden wurde der Duft vom Forscherteam im Gewebe rund um die Eizelle.
Bedeutung für Empfängnisverhütung und künstliche Befruchtung
Die Erkenntnisse des Forscherteams um den Zellphysiologen Prof. Hanns Hatt könnten sowohl für die künstliche Befruchtung als auch für die Empfängnisverhütung von Belang sein. Für die hormonelle Verhütung wäre nun ein Ersatz gefunden, denn durch einen Blocker würden die Spermien die weibliche Eizelle nicht mehr erreichen können. Dafür benötigt es aber weitere Experimente, die zeigen, dass die Spermien mit dem Blocker tatsächlich nicht die Eizelle befruchten. In Deutschland sind diese Experimente jedoch gesetzlich verboten. Für eine künstliche Befruchtung würde statt des Blockers einer Förderer mit dem Lockstoff eingesetzt werden.
Menschen treffen Entscheidungen über Düfte und Gerüche
Außerhalb unseres Körpers werden Entscheidungen ebenso über den Geruch getroffen. Bereits beim Kennenlernen entscheiden wir uns für einen Partner, der einen angenehmen Duft aussendet. Da auch Parfum den Körpergeruch nicht übertünchen kann, ist die mit „der Nase getroffene“ Wahl sicher eine gute. Doch nicht nur durch diese Art von Geruch treffen wir eine Entscheidung. Auch Angstschweiß besitzt eine Funktion. Ist ein Gesprächspartner in Angst, erhöht dies unsere Wachsamkeit, sobald wir seinen Angstgeruch empfangen. Gerüche gehören zur nonverbalen Kommunikation der Menschen. Dennoch nehmen wir die Funktionen von Gerüchen kaum bewusst wahr.
Das Maiglöckchen und seine Bedeutung
Auch wenn nur unser Körpergeruch für die Partnerwahl von Bedeutung ist, so wirken Parfums mit der süßlichen Maiglöckchennote doch zumindest angenehm und stimulierend. Der Geruch der Pflanze im Mai hat ebenso seinen Effekt. So hieß es angeblich früher, durch den Maiglöckchenduft „würden die Nachtigallen aus den Hecken und Büschen gelockt und dazu gebracht, sich einen Gefährten zu erwählen.“ In der Kunst wird das Maiglöckchen neben anderen Blumen der Maria zugeordnet. Dabei steht das Maiglöckchen als Symbol für Bescheidenheit, Demut und Keuschheit in der Liebe. Den „Glauben“, dass das Maiglöckchen oder zumindest sein Duft etwas mit Keuschheit zu tun hat, haben die Forscher offensichtlich widerlegt.