Wie hilft die „Heiße Sieben“ Nägelbeißern und Schokoholikern?
Magnesium phosphoricum ist als „Heiße Sieben“ die heiße Nummer unter den Schüßler Salzen: Wie kann Magnesiumphosphat gegen Lampenfieber und Schokoholismus helfen?
Der homöopathische Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler (1821–1898) pries in seinem 1874 erschienenen Hauptwerk „Eine abgekürzte Therapie“ die „Phosphorsaure Magnesia“ gegen allerlei Schmerzen und Krämpfe an. Von der Lebensmittelindustrie wurde „Magnesium phosphoricum“ mittlerweile zum Zusatzstoff für Lebensmittel geadelt. Vermutlich deshalb gilt Magnesiumphosphat heute in homöopathischen Dosen als unverzichtbares Nervenmittel bei Lampenfieber, Magnesia-Röte und Schokoholismus. Wie kann Magnesium phosphoricum wirken?
Potenzierung D6 – Trägerstoff Milchzucker
Magnesiumphosphat ist in der Lebensmittelindustrie als Lebensmittelzusatzstoff „E 343“ zugelassen, zum Beispiel bei der Herstellung von gekochten Wurstwaren und Käse. Da pulvrige Magnesiumphosphate sehr gut an den Oberflächen von Lebensmitteln haften, verhindern sie als Trennmittel das Verkleben und Anbacken. Als „Magnesium phosphoricum“ wird Magnesiumphosphat zur Herstellung des Schüßler-Salzes Nr. 7 verwendet. Dabei wird normalerweise die Potenzierung D6 in Tablettenform empfohlen. Dazu wird bei der ersten Dezimalverreibung D1 ein Gramm Wirkstoff mit neun Gramm Milchzucker verrieben. In einer typischen 250 Milligramm schweren homöopathischen Tablette der Stufe D1 wären also 25 Milligramm Wirkstoff enthalten. Bei der empfohlenen Stufe D6 sind nach den Dezimalpotenzen in einer Tablette noch 0,00025 Milligramm, gleich 0,25 Mikrogramm Wirkstoff, enthalten. Bei der „Heißen Sieben“ wird empfohlen, sieben bis zehn 250-Milligramm-Tabletten kurz in gekochtem Wasser aufzulösen, und so heiß wie möglich schluckweise zu trinken. Grob überschlagen nimmt man also etwa 2,5 Mikrogramm gelöste Magnesium- und Phosphat-Ionen auf – das entspricht 0,0025 Milligramm.
Magnesium phosphoricum: Wirkstoff Magnesium
Magnesium gehört zusammen mit Kalium zu den wichtigsten positiven Ionen innerhalb unserer Körperzellen. Als viert häufigstes Kation im menschlichen Körper hat ein Erwachsener einen Gesamtbestand von etwa 24 Gramm Magnesium. Nach der aktuellen Nationalen Verzehrsstudie liegt das Mittel des zugeführten Magnesiums bei Frauen um 361 Milligramm pro Tag, bei Männern um 432 Milligramm pro Tag. Hier fällt die Extraportion Magnesium aus 0,0025 Milligramm Schüßler Salz Nr. 7 kaum ins Gewicht. Wie soll eine solch geringe Menge an Nummer-7-Magnesium-Ionen etwas bewirken? Steuern potenzierte Magnesium-Ionen mit einer geheimnisvollen Kraft die über 300 magnesiumabhängigen Enzyme in unseren Körperzellen?
Magnesium phosphoricum: Wirkstoff Phosphat
Phosphor ist für den Menschen ein essentieller Mineralstoff und kommt in der Natur vor allem in Form von Phosphaten vor, als Salz der Phosphorsäure. Ein Erwachsener trägt etwa 600 bis 700 Gramm Phosphor mit sich herum, mehr als 85 Prozent sind in Skelett und den Zähnen enthalten. Phosphor ist einer der am weitesten verbreiteten Nährstoffe: Phosphorreich sind proteinreiche Lebensmittel wie Milch, Fisch, Fleisch und Eier. Nicht zu vergessen sind industriell hergestellte Lebensmittel wie Colagetränke, welchen Phosphat als Lebensmittelzusatzstoff zugesetzt wird. Nach dem von 1997 bis 1999 durchgeführten Bundes-Gesundheitssurvey liegt das Mittel des zugeführten Phosphors bei Frauen um 1317 Milligramm pro Tag und bei Männern um 1712 Milligramm pro Tag. Auch hier schlägt die Zusatzportion Phosphor aus 0,0025 Milligramm Schüßler Salz kaum zu Buche: statistisch ist nur etwa jedes halbe millionste aufgenomme Phosphor-Ion aus der heißen Nummer der Schüßler-Salze – aus der „Heißen Sieben“. Wie eine Wirkung aus Nummer-7-Phosphor-Ionen erzielt werden soll ist unklar. Selbst wenn sie in Moleküle des Adenosin-Tri-Phosphat-Stoffwechsels (ATP) eingebaut würden – wie sollte die Kraft der potenzierten Phosphat-Ionen den zellulären Energiehaushalt entscheidend mitsteuern?
Hilft Magnesium phosphoricum Schokoholikern und Nägelbeißern?
Alles in allem ist das Wirkprinzip von „Magnesium phosphoricum“ als Schüßler- Salz wohl noch nicht ganz erforscht, und der Nutzen dieser Therapie ist nicht belegt. So stellte auch Stiftung Warentest fest: „Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.“ Doch ihr homöopathischer Vitalstoffberater berät sie sicher gerne über weitere Anwendungsmöglichkeiten der „Heißen Sieben“.