Wer sich durch Blogs beleidigt oder gekränkt fühlt, kann auch vom ausländischen Betreiber der Websites Löschung verlangen. Deutsche Gerichte sind zuständig.
Es kommt nicht selten vor, dass sich jemand durch einen Internet-Eintrag, einen Blog, den ein unbekannter Dritter unter einem Nickname ins Internet stellte, in seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt sieht. Die Identität desjenigen, der Behauptungen veröffentlicht, bleibt versteckt, da der Schreiber einen Spitznamen (Nickname) benutzt. Der Betroffene hält die Behauptung für unwahr und rechtsverletzend und möchte erreichen, dass sie gelöscht wird. Da er den Schreiber nicht kennt, wird er sich an den Betreiber der Website, den Hostprovider, wenden, der für die Website verantwortlich ist. Der Verantwortliche ist aus dem Impressum ersichtlich.
Der Provider stellt Webseiten nebst Speicherplatz und der technischen Infrastruktur zur Verfügung. Die Webseiten sind so angelegt, dass registrierte Mitglieder unter selbst ausgedachten Fantasienamen, also anonym, Kommentare veröffentlichen können. Die Betreiber der Webseiten sitzen häufig im Ausland.
Beispiel: Der Betroffene hält Behauptungen über sich, die von einem Unbekannten im Web veröffentlicht worden sind, für unwahr und rechtsverletzend und verlangt vom Betreiber die Löschung. Der Betreiber der Webseiten hat seinen Sitz in Kalifornien. Der Betroffene, der in Hamburg wohnte, verklagte vor dem Landgericht Hamburg das kalifornische Unternehmen auf Unterlassung und Löschung. Das Landgericht Hamburg sieht sich nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zuständig, es gibt der Klage für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland statt. Der beklagte Betreiber der Internetseiten legt gegen das Urteil Berufung ein. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg weist die Berufung zurück. Daraufhin legt der Betreiber der Internetseiten gegen das Urteil Revision zum BGH ein.
Deutsches Recht ist anwendbar
Der BGH stellte zunächst fest, dass deutsches Recht Anwendung findet und die deutschen Gerichte international zuständig sind. Der ausländische Betreiber von Webseiten haftet daher grundsätzlich nach deutschem Recht.
Der Betroffene kann gegen den Betreiber der Webseiten einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung von Behauptungen haben, auch wenn der Betreiber der Webseiten die Behauptungen weder selbst verfasst noch inhaltlich gebilligt hat. Voraussetzung ist, dass eine Verpflichtung des Betreibers der Webseiten zum Tätigwerden besteht. Die Pflichten der – auch ausländischen – Webseitenbetreiber konkretisiert das höchste deutsche Zivilgericht folgendermaßen:
Beschwerde an den Hostprovider
Im ersten Schritt muss der Betroffene an den Betreiber der Webseiten eine Beschwerde senden, in der er den Rechtsverstoß so konkret beschreibt, dass der Verstoß ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung bejaht werden kann.
Im nächsten Schritt muss der Betreiber der Webseite die Stellungnahme des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen weiterleiten und ihn zu einer Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist auffordern. Der Blogger ist dem Betreiber der Webseiten aufgrund der Anmeldung bekannt. Daher ist es nicht unverhältnismäßig, vom Betreiber der Webseiten zu erwarten, dass er für den Betroffenen eine Stellungnahme des Bloggers anfordert. Bleibt eine Stellungnahme des Blogverfassers aus, so ist ohne weitere Umstände von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag vom Betreiber der Webseiten zu löschen.
Sendet der Blogverfasser an den Betreiber der Website eine Stellungnahme, in der er detailliert unter Angabe von Tatsachen die Berechtigung der Beschwerde bestreitet, ist diese Stellungnahme vom Betreiber der Webseiten an den Betroffenen weiterzuleiten. Zugleich ist der Betroffene aufzufordern, seinerseits Stellung zu nehmen und Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich die Berechtigung seiner Beschwerde ergibt.
Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt der Betroffene gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Beschwerde nicht begründet war. Ein weiteres Tätigwerden des Betreibers der Webseiten ist dann nicht veranlasst.
Ergibt sich aus den gegenseitigen Stellungnahmen des Verfassers und des Betroffenen und den vorgelegten Nachweisen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen, hat der Betreiber der Website den beanstandeten Eintrag zu löschen.
Reagiert der Webseitenbetreiber nicht oder stellt er die Rechtsverletzung nicht ab, kann er verklagt werden. Da die Vorinstanzen nicht ausreichend aufgeklärt hatten, ob der Betreiber der Webseiten die ihm obliegenden Pflichten erfüllt hatte, hat der BGH die Sache zur weiteren Aufklärung an das Hanseatische Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Fazit
Dem Betreiber der Webseiten wird also die Verpflichtung auferlegt, zunächst durch Einholung von wechselseitigen Stellungnahmen aufzuklären, ob es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt. Er hat dazu auch Nachweise anzufordern und zu überprüfen. Sind die behaupteten Tatsachen nicht nachweislich wahr, so ist er zur Löschung des Kommentars verpflichtet. Dasselbe gilt auch dann, wenn der Kommentar Beleidigungen oder ehrkränkende Äußerungen enthält, bei denen es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt.
Auch der Blogger und der Betroffene haben Mitwirkungspflichten. Kommen Sie diesen Mitwirkungspflichten nicht nach, geht das jeweils zu ihren Lasten. Antwortet der Blogger nicht, wird der Blog gelöscht. Antwortet der Betroffene nicht, bleibt der Eintrag bestehen.
Handelt es sich um eine schwierig zu beurteilende Frage, ob eine unwahre Tatsachenbehauptung vorliegt, werden dies deutsche Gerichte nach deutschem Recht – sofern der Betroffene in Deutschland wohnt – beurteilen und verbindlich auch gegenüber dem im Ausland ansässigen Betreiber der Webseiten entscheiden.