Lavendelöl wird als Duftstoff und Bestandteil der Aromatherapie verwendet. Mögliche Heilwirkungen gegen Pilzinfektionen wurden nun im Labor entdeckt.
Wir kennen meist die stark duftenden Säckchen mit Lavendelblüten, die wir gegen Motten in den Kleiderschrank hängen. Als ätherischer Duftstoff soll Lavendelöl in der Aromatherapie die Nerven beruhigen oder als Bestandteil des Parfüms „Mouson Lavendel“ mit der wir zu Weihnachten die Großmütter beglückten, anziehend auf das (ältere) männliche Geschlecht wirken. Lavendel kann auch verzehrt werden und ist als Gewürzzutat Bestandteil der „Kräuter der Provence“.
Lavendel-Arten mit unterschiedlichen Heilwirkungen
Botanisch gehört Lavendel zu den Lippenblütlern (Lamiaceae). Einige Arten werden auch medizinisch verwendet. Ätherische Öle aus den Blüten des Lavendels werden seit Jahrhunderten als Kosmetikzusatz und zu Therapiezwecken eingesetzt. Die am häufigsten verwendeten Arten sind Lavandula angustifolia (Echter Lavendel), L. latifolia (Speik-Lavendel), L. stoechas (Schopf-Lavendel) und L. hybrida (Hybrid-Lavendel).
Das Wissen um die Heilwirkungen ist mehr auf Anwendungen und Erfahrungen als auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückzuführen. Lavendelöl soll antibakteriell, antifungal, karminativ (blähungshemmend, muskelentspannend), sedativ, antidepressiv und wirkungsvoll bei Verbrennungen und gegen Insektenstiche sein. Der Gehalt an Inhaltsstoffen variiert je nach Art, Standort und Erntezeitpunkt.
„Duftes Anti-Pilz-Mittel – Lavendelöl tötet Candida und Co ab“
Anfang des Jahres 2011 überraschte die medizinische (Laien-)Presse mit dieser Schlagzeile. Lavendel zur Behandlung von Pilzinfektionen?: Passt das?
Die Bandbreite von Pilz-Infektionen reicht vom hartnäckigen Fußpilz (durch Dermatophyten = Faden- oder Hautpilze hervorgerufen, die sich vom Keratin der oberen Hautschicht oder der Nägel ernähren) über chronische Infektionen der Schleimhaut des Verdauungstraktes und der Haut durch Candida albicans bis hin zu Mykosen, die vor allem bei schwer immungeschwächten Menschen durch Hefe- und Schimmelpilze zum Tode führen können. Bei AIDS gehört die Cryptococcose zu den häufigsten Erkrankungen.
Portugiesische Forscher um Lígia Salgueiro beschäftigen sich schon seit Jahren mit Extrakten von Heilpflanzen als mögliche Alternative oder Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung hartnäckiger Pilzinfektionen. Dabei untersuchten sie auch ätherische Öle von auf der iberischen Halbinsel heimischen Lavendel-Arten näher. Aus den in Portugal wild wachsenden grünen Lavendel (L. viridis), farnblättrigen Lavendel (L. multifida), Schopf-Lavendel und Andalusischen Lavendel (L. luisieri) destillierten sie das ätherische Öl. Von den jeweils nachgewiesenen mehr als 50 Einzelsubstanzen (vor allem Monoterpene) wurden Labortests gegen Haut-, Hefe- und Schimmelpilze durchgeführt, die beim Menschen immer schwerer zu bekämpfende Infektionen auslösen.
In Labortests mit 1,8-Cineol, α-Pinen, Linalool und Kampfer – Inhaltsstoffen des grünen Lavendels – stellten Salgueiro und Mitarbeiter fest, dass Dermatophyten (Faden- oder Hautpilze) und Cryptococcus neoformans besonders empfindlich reagierten. Auch Candida-Arten wurden wirkungsvoll bekämpft. Bereits in niedrigen Konzentrationen wurde bei C. albicans die Myzel-Bildung vollständig gehemmt – die Bildung von Pilzfäden gilt als Zeichen für die zunehmende Infektionsgefahr. Somit könnte die Ausbreitung der Infektion ins Wirtsgewebe verhindert werden. Gegen Aspergillus-Schimmelpilze dagegen beobachteten die Wissenschaftler jedoch deutlich geringere Wirkungen. Als Inhaltsstoff mit der größten Anti-Pilz-Wirkung erwies sich das Monoterpen α-Pinen.
In weiteren Studien untersuchten die Wissenschaftler andere Lavendel-Arten nach gleichem Muster. Als Hauptwirkstoffe wurden ebenso Monoterpene identifiziert, die durch Zerstörung der Zellmembran die Candida-Pilze absterben ließen und in geringeren Konzentrationen die krankmachende Bildung von Pilzfäden verhinderten. Diese Substanzen könnten also als Quelle zur Weiterentwicklung für antimykotische Medikamente dienen.
Echter Lavendel – als Anti-Pilz-Mittel nur bedingt tauglich
Der Echte Lavendel ist hierzulande vor allem als Zierpflanze oder zur Gewinnung von Duftstoffen bekannt. In seinem ätherischen Öl wies man eine vergleichsweise geringe Anti-Pilz-Aktivität nach. Es eignet sich wohl eher als Duftstoff und wegen seiner beruhigen Wirkung für die Aromatherapie. Speik-Lavendel enthält größere Anteile von Linalool und ist daher antimikrobiotisch wirkamer einzuschätzen. Das ätherische Spiköl (Aetheroleum Lavandulae latifoliae) ist Bestandteil von Tavipec-Kapseln und Tussamag-Salbe, beides auswurffördernde Mittel mit Arzneimittelzulassung in Österreich.
Fazit: Labornachweis gegen Pilze ist erbracht – Zulassung als Medikament braucht viel Zeit
Lavendelöl hat sich also im Labor als potentes Anti-Pilz-Mittel erwiesen, das schon in niedriger Konzentration Hefe- (Candida– und Cryptocccus-Arten) und Hautpilze abtötet, die beim Menschen Haut und Nägel befallen. Den Heileffekt macht auch ein Zusammenwirken der Einzelbustanzen aus. Die antimykotischen Eigenschaften wurden bei Konzentrationen festgestellt, die bei Säugetieren wenn überhaupt nur geringe Nebenwirkungen erzeugen. Das individuelle Risiko einer Kontaktallergie ist aber nie auszuschließen. Falls hautverträglich kann eine Anwendung von Lavendelöl zum Beispiel gegen Fußpilz sinnvoll sein.
Auch geringe Lavendelöl-Mengen könnten therapeutisch ausreichen, da Candida-Pilze zwar nicht abgetötet, aber die krankmachende Wirkung verhindert wird. Ein vorsichtiger Optimismus für praktische Anwendungen ist zwar angebracht, von einem Durchbruch als wirkungsvolles Anti-Pilz-Medikament ist man jedoch noch weit entfernt. Nun will man weitere Studien folgen lassen um weitere Schritte für die Zulassung als Arzneimittel in die Wege zu leiten.
Nicht-therapeutische Einsatzgebiete: Zur Vermeidung eines mikrobiellen Verderbs kann Lavendelöl als natürlicher Konservierungsstoff in Kosmetika oder aber als Begasungsmittel (gegen Pflanzenschädlinge wie Bakterien, Pilze und Motten) im Vorratsschutz eingesetzt werden.