Wie macht man es anders und lohnt es sich überhaupt?
Wenn man einen Buchladen betritt und sich vor die Abteilung mit Bewerbungsratgebern postiert, findet man Dutzende von Titeln, egal wie klein der Laden ist und dies ist natürlich nur der verschwindend geringe Teil der Neuerscheinungen des Jahres zu diesem Thema.
Das Gesetzbuch „Bewerben in Deutschland“
Wenn man in die Bücher schaut, findet man überall annähernd dieselben Tipps, was den Eindruck entstehen lässt, Bewerben könnte eine Art Wissenschaft sein, während die Bewerbungsregeln in einem Gesetzestext nachzulesen seien. Was dabei herauskommt, sind Massen von Bewerbungen, die alle gleich aussehen. Was dabei außerdem herauskommt, sind gelangweilte Personaler, die keine Anschreiben und Zeugnisse mehr lesen.
Das Ziel aus den Augen – die perfekte Bewerbung
Dabei vergisst man über die Form der Bewerbung häufig, was denn nun das Ziel ist – und das Ziel ist einen Arbeitgeber zu finden, der einen auch einstellt. Die Wahrheit ist aber: Es gibt zwar perfekte Bewerbungen, aber keinen Leitfaden dazu. Schlussendlich gilt: „Und wenn die Bewerbung mit einem Lippenstift auf der Windschutzscheibe geschrieben worden ist und zum Job führte, dann war das die richtige Form der Bewerbung!“ Dieser Satz ist keine Hypothese, sondern eine an der Praxis bestätigte Regel. Unter dieses Prinzip fallen alle Bewerbungswege, die aus dem Rahmen fallen. Damit sind ausdrücklich nicht die Bewerbungen gemeint, die zwar konservativ sein wollen, aber nicht können: sprich die, welche mit Rechtschreibfehlern bestückt oder mit Kaffee überschüttet wurden. Auch nicht die, welche die Schwächen des Bewerbers mehr hervorheben als seine Stärken.
Schriftlich und doch kreativ: Beispiele aus der Praxis
Ein Bewerber bewarb sich bei Aldi auf einer Alditüte und wurde deshalb eingestellt. Eine Dame bewarb sich im Verkauf auf leuchtend pinkem Papier und hatte plötzlich auf 8 Bewerbungen drei Vorstellungsgespräche. Ein Personalleiter aus der IT-Branche erzählte, dass er eine Bewerbung erhielt, mit einem Deckblatt an dem ein Teebeutel befestigt war und die Untertitelung: „Gerne trinke ich einen Tee mit Ihnen im Vorstellungsgespräch“. Nur aufgrund dessen wurde er zum Vorstellungsgespräch eingeladen, denn der Lebenslauf allein hätte dazu keinen Anlass gegeben. Ein anderer Bewerber bewarb sich handschriftlich, was nach allen Ratgebern Out sein soll. Offenbar aber so Out, dass es schon wieder In ist. Er wurde eingestellt. Ein anderer schickte keinen Lebenslauf und keine Zeugnisse, sondern nur eine Telefonliste mit als Referenz genannten Personen und deren Telefonnummern (bitte vorher um Erlaubnis der Genannten bitten). Andere waren erfolgreich dadurch, dass sie nur Arbeitsproben einschickten. Erfolgreicher sind auch Bewerber, die farbige Layouts und ausgefallene bzw. mehrere Fotos verwenden. Hier gilt: Gesichter und Farbe sind Eyecatcher und zwingen den Betrachter länger hinzusehen. Gut kommen bei den Arbeitgebern berufsbezogene Bilder an – vor allem im Mittelstand, der ohnehin 70 Prozent aller Jobs in Deutschland stellt. Mit berufsbezogenen Bildern ist gemeint: Sekretärin, lächelnd mit Telefonhörer in der Hand am Empfang, Lagermitarbeiter in seinem Lager oder auf dem Gabelstapler sitzend, ein Koch vor dem Festtagsbüffet, dass er selber kreiert hat oder nur das Festtagsbüffet im Sinne einer Arbeitsprobe, etc.
Andere Wege: Beispiele aus der Praxis
Erfolgreich waren auch Bewerber, welche sich an der Personalabteilung vorbei bewarben. Sie schickten ihre Unterlagen direkt an die Geschäftsführer, Fachvorgesetzte oder gleich an den Vorstand. Andere waren erfolgreich, weil sie die Guerilla-Taktik anwandten. Sie schlichen an die Firmen sozusagen heran: telefonierten, mailten, lobten und unterbreiteten Problemlösungen ohne ihr Ziel allzu offenkundig preiszugeben. Sie reisten zu Tagungen und zu Tagen der offenen Türen, um die Geschäftsführer oder Personaler in einem ungezwungenen Gespräch persönlich kennenzulernen. Umgekehrt haben Bewerber die für sie interessanten Personen zu Veranstaltungen eingeladen, an denen sie selber beteiligt waren oder die für besonders interessant für das Gegenüber waren.
Wann lohnt es sich, ausgefallene Wege zu gehen?
Spätestens, wenn die konservativen Wege nicht zum Erfolg führen und es nicht einmal Vorstellungsgespräche gibt. In diesem Falle haben Sie nichts zu verlieren. Schlussendlich ist es dann nur eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Vielleicht finden nur 10 Prozent der Arbeitgeber ihre kreativen Ideen toll, aber diese reichen ja schon – sonst laden sie ja weder die einen noch die anderen ein. Viel Glück!