Am Anfang das „Häschen“, am Ende die „Zimtzicke“: Was die Wahl der Kosenamen über die Qualität der Beziehung aussagt.
Am Anfang der Verliebtheit stehen Koseworte für den Partner. Jahre später sind sie oft verschwunden oder werden abgelöst durch wenig schmeichelhafte Bezeichnungen. Possierliche Tierchen mutieren dann zu Riesenviechern. Was viele nicht wissen: Nicht die gesprochenen Worte an sich, sondern ihre Nebenbedeutungen, innere Bilder und Empfindungen entscheiden über die Qualität in der Partnerbeziehung.
Worte können heilen, Worte können verletzen
Worte können schmeicheln, begeistern und heilen.Sie können aber auch verletzen, klein machen, sogar töten.Richtig gewählte Worte öffnen Türen, falsche lassen sie einem vor der Nase zufallen. Warum ist das so? Es sind doch nur Worte, oder? Eben nicht. Sprachwissenschaftler bezeichnen es als „lexikalischen Eintrag“ im Gedächtnis, wenn ein Wort gekoppelt ist an Bedeutungen, Bilder und Emotionen. So ist der Begriff „Schwein“ mit dem Abbild des Tieres abgespeichert sowie seine Bedeutung als Nutztier. Und gleich nebenan, in den benachbarten Hirnzellen, ist das „Schwein“ ein Mensch, der unsauber lebt oder moralisch betrachtet über Leichen geht.
Liebe am Beginn: Der starke Hengst und das kleine Mäuschen
Es ist die Zeit der Kosenamen und Verniedlichungen. Männer und Frauen verwenden sie gleichermaßen für ihre Partner. Da wird die Freundin zum „Mäuschen, Häschen“ oder was auch immer Niedliches. Ihre Possierlichkeit entspricht den Eigenschaften, die sich Männer und Frauen in der Werbephase der beginnenden Beziehung zuschreiben: klein, kuschelig, weich, den Beschützerinstinkt herausfordernd.
Und weil so ein kleines, schutzloses Tierchen ach so verletzlich und manchmal auch ein wenig – sagen wir – unbedarft ist, bedarf es eines großen und starken und klugen Beschützers. Mancher Mann wird in dieser Phase nur zu gern zum „starken Hengst“. Beide Partner verbinden damit die Nebenbedeutungen kraftvoll, potent und unerschrocken. Die Folge: Er fühlt sich geschmeichelt und sie sich geborgen.
Und sollte er von Körperbau und Gemüt einmal nicht dem Typ „Hengst“ entsprechen, macht nichts: Dann ist er eben das „Bärchen“, gleichbedeutend mit beleibt, weich und warm. Oder er ist der „Muckel“, also süß, nett und zuvorkommend. Es passt sicher ganz gut, wenn sie in dem Fall die Rolle der direktiven und bemutternden Frau einnimmt. Dann zeigt sich aller Voraussicht nach eine gelungene Kombination der beiden vorliegenden Neurosen.
Man hat sich und die am Anfang ausschließlich guten Seiten des Partners gerade erst kennengelernt und geht liebevoll miteinander um. Die Stimmung ist gut, das Denken ist einvernehmlich. Die Gefühle der Liebe (auch Liebeskummer) in Worte zu fassen können einen ansonsten dichterisch untalentierten Menschen zum Poeten machen. Generiert doch der Beginn einer Liebe fast ausschließlich Äußerungen von Respekt und Achtung gegenüber dem Partner.
Liebe am Ende: der Elefant und die Zimtzicke
Erst später weicht die Verliebtheit dann der dauerhaften Liebe – oder sie vergeht. Und wie oft kommt dann das vor: Die Liebe ist über die Jahre zum Trott verkommen. Der Ton in der Partnerkommunikation ist unüberhörbar aggressiv. Vorbei die Zeiten, da man sich liebevolle Heimlichkeiten ins Ohr flüsterte und lächelnd miteinander tuschelte. Vielleicht hätte ein frühe Trennung oder ein entschiedenes Machtwort eines Partners zur rechten Zeit noch die Wende zum Guten bewirken können. Aber – zu spät. Beide kennen kein Pardon mehr. An der Supermarktkasse ranzen sie sich öffentlich ihren Verdruss entgegen: „Du bist wirklich ein Elefant im Porzellanladen, du riesengroßes Kamel!“ „Alte Zimtzicke!“ giftet er zurück. Damit ist es nicht nur um die vormals gute Beziehung geschehen; auch die früher so possierlichen Tierchen sind der Kosenamen-Zeit endgültig entwachsen.
Sprachliche Entwicklung und Partnerbeziehung – Verzweiflung oder Hoffnung?
Warum schmeicheln sich viele am Anfang einer Beziehung mit Worten und warum sind manche später so auf gegenseitige Kränkung aus? Die Antwort könnte lauten: Man hat die Schwächen des anderen erspäht und weiß, wo die wunden Punkte sitzen. Ein verbaler Volltreffer im Streit erniedrigt den anderen und erhöht den eigenen Standpunkt – je nach Betrachtung. Die sich verändernde partnerschaftliche Kommunikation wird zum Ausdruck des gewandelten inneren Bildes, das wir von unserem Gegenüber haben. Und das ist vielgestaltig. Aus dem einstigen Hengst ist vielleicht ein Despot geworden – oder ein Weichei. Aus dem Mäuschen möglicherweise eine devote Hausfrau – oder eine Gouvernante. Frustration ist überall mit im Spiel.
Aber die Beziehung kann auch konstruktiv werden. Konsequent durchgeführte Änderungen im Alltagsverhalten eines Partners können sehr nachhaltig sein und wie ein Weckruf auf den anderen wirken. Es muss ja kein Fremdgehen sein, der Besuch der Abendschule tut’s auch. Eine Frischzellenkur für die Liebe sozusagen. Stellt sich die Frage: Wann ist eine Liebe gut? Doch nur dann, wenn die Partner optimal zusammenpassen. Wenn Liebe, Verständnis, Einfühlungsvermögen, Nachsicht, Humor und die ständige Reifung des Geistes im Spiel sind. Sie alle sind bewährte Stabilisatoren für eine befriedigende und dauerhafte Liebe.