Das Hamburger Projekt „Cool in school“ begegnet gewalttätigen Schülern mit Strenge und Härte.
Das Konzept der konfrontativen Pädagogik sieht sich als notwendige Ablösung der vermeintlich allzu schlaffen Verständnispädagogik. Befürworter und Förderer wie Professor Weidner vertreten den Grundsatz: „Du darfst hart sein!“ Anstatt auf die Jugendlichen einzugehen, eine Reaktion, die angeblich in der Vergangenheit versagt habe, sei es effektiver und durchaus gerechtfertigt und korrekt, sie mit ihren Fehlern zu konfrontieren, bewusst zu “schimpfen“ und Grenzen aufzuzeigen. Ein solch strenges Vorgehen, das nicht auf Emotionen, sondern auf kühle Sachlichkeit setzt, sei die einzige Möglichkeit, die Jugendlichen auf den richtigen Weg zurückzuführen: erziehen statt verstehen.
Vorbild im US-amerikanischen Strafvollzug
Dass dieses Konzept unter Anderem im US-amerikanischen Strafvollzug entwickelt wurde, wird schnell deutlich. Die sich ohnehin in der Minderheit befindenden „Problemfälle“ in der Schülerschaft würden sich insgeheim nach festen Regeln und Strukturen sehnen. Auf diesem Wege könne man den längst verloren gegangenen Respekt in die deutschen Schulen zurückholen. Den Kern des insgesamt eher schwammig wirkenden Konzepts mit seinen zahlreichen Methoden bildet das Antiaggressionstraining, deren Leitidee die These ist, dass es durchaus gut sein kann, böse Menschen (!) schlecht zu behandeln. Konzept und Ablauf eines solchen Trainings, unter dem Namen cool in school ist genau festgelegt.
Das Konzept der erzieherischen Behandlungsmaßnahme cool in school
Im schulischen Umfeld delinquent gewordene Schüler können einem Schulverweis nur durch die Teilnahme am cool in school – Training entgehen. Tatsächlich ist das Konzept lediglich auf männliche Jugendliche zwischen 12 und 16 angelegt und allein damit schon zu spezifisch und veraltet, denn warum sollten nur männliche Jugendliche dieser Altersgruppe negativ auffallen? Eine Frage, die sich auch Frau Voigt-Kehlenbeck stellt. Solch eine strikte Konsequenz hat natürlich auch eine beeindruckende Außenwirkung. Sind hinter den Gewaltausbrüchen allerdings körperliche oder seelische Erkrankungen (Sexualdelikte, Beschaffungskriminalität bei Suchtkranken oder psychisch Kranke) zu vermuten, kann das Training keine Hilfe bieten. Ergänzt wird die Gruppe durch interessierte Jugendliche der Schule, die freiwillig teilnehmen. Das Training wird von stets zwei Pädagogen (Coaches) geleitet, die eine einjährige, zertifizierte Zusatzausbildung absolviert haben und in keiner Beziehung zu den teilnehmenden Jugendlichen stehen, also vermutlich von einer anderen Schule kommen. Das müsste zumindest in der logischen Konsequenz der Fall sein, denn wie sollten Lehrer und Schüler ansonsten nach einer solchen Konfrontation wieder auf normalen Umgang miteinander im Unterricht umschalten?
Die Phasen des Trainings
Die erzieherische Behandlungsmaßnahme cool in school gliedert sich in vier Phasen mit konkreten Etappenzielen. Insgesamt dauert das Programm 22 Stunden.
- Integration (fünf Stunden) – miteinander warm werden
- Konfrontation (zehn Stunden) – “Heißer Stuhl“
- Kompetenzphase (fünf Stunden) – Emotionen kontrollieren
- Reflexionsphase (zwei Stunden) – Werte neu ausrichten
Die Jugendlichen versammeln sich zusammen mit den Coaches in einer Art Stuhlkreis. Nach Phase eins, kommt es zum zentralen Akt des Trainings. Der jugendliche Delinquent, zum Beispiel ein Schüler, der einen anderen auf dem Schulhof verprügelt hat, wird vor den Augen aller anderen mit seiner Schuld konfrontiert. Es ist ihm dabei nicht gestattet, sich zum Geschehen zu äußern! Er kann also weder richtig stellen, noch erklären oder auch sich entschuldigen. Die Konfrontation trägt also ganz bewusst den Namen „Heißer Stuhl“, denn sie kommt einer Folter nahe, wie auch Ingo Diedrich es darstellt. Die Coaches wollen dem Beschuldigten ebenso wie allen anderen Anwesenden die Fehler veranschaulichen, gehen dabei aber überhaupt nicht auf die Hintergründe ein. Spätestens in Phase drei wird die Zielsetzung des Trainings deutlich: Die Jugendlichen sollen lernen, sich zu kontrollieren, ihre Emotionen zu zügeln, um abschließend in der Reflexionsphase ihre Werte neu zu sortieren. Große Ziele, die auf diesem Wege wohl kaum erreicht werden können.
Kontrolliertes Training, deren Erfolge sich verbreiten?
Das Programm beansprucht für sich, nachhaltig und gut für das Schulklima zu sein, sowie multiplikatorischen Charakter zu haben (Teilnehmer tragen das Gelernte hinaus und erweitern ihre Kenntnisse; sie können auch zum Co-trainer werden). Tatsächlich darf eine gewisse Sicherheit als gewährleistet angesehen werden, da die Coaches zuvor ihr Zertifikat erwerben und die Tatsache, dass das Training in der Schule stattfindet, für eine hohe Kontrollinstanz sorgt. Es bleiben jedoch zahlreiche Zweifel und Kritikpunkte.