Es gibt Kollegen, die nur auf den ersten Blick den Eindruck von Freundlichkeit erwecken, jedoch oft nicht ganz so nette Absichten haben.
Diesen Typ von Kollege kann man auch als pseudo-freundlich bezeichnen, denn die Freundlichkeit, die er gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen an den Tag legt, hat vielfach etwas Aufgesetztes, bisweilen Übertriebenes an sich. Kommt es jedoch zu strittigen Punkten oder Konflikten im Arbeitsumfeld, offenbaren diese vordergründig freundlichen Mitarbeiter oft ihr wahres Gesicht.
Der Pseudo-Freundliche: scheinbar gefällig und höflich
Vielfach ist es schwierig, auf den ersten Blick pseudo-freundliche Mitarbeiter von Kollegen zu unterscheiden, bei denen Freundlichkeit und Umgangsformen tatsächlich echt und nicht nur Mittel zum Zweck sind. Oft hilft in solchen Fällen nur, sich auf seinen eigenen Instinkt zu verlassen und nicht unmittelbar jedem Kollegen einen Vertrauensvorschuss zu gewähren.
Der Pseudo-Freundliche zeigt vielfach zunächst ein sehr angepasstes, nettes Verhalten, das sogar in Einzelfällen über „normale Nettigkeit“ hinausgeht. Beispielsweise bringt er für die Teammitglieder regelmäßig Kuchen mit oder bezeichnet die Assistentinnen der Abteilung gern als „gute Geister“. Niemals würde ein Pseudo-Freundlicher einmal im Konfliktfall seine Stimme erheben und seinem Ärger offen Ausdruck verleihen. Hierfür stehen ihm eine Reihe von subtileren, perfideren Methoden zur Verfügung, die auch für eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung charakteristisch sind. Im Team selbst ist er eher ein Mitläufer – weder ist er das „Mobbing-Opfer“, auf dem ständig alle rumhacken noch ist er jemand, der in irgendeiner Hinsicht die Führung übernimmt.
Das wahre Gesicht eines Pseudo-Freundlichen im Konfliktfall
Wie bereits angesprochen zeigen pseudo-freundliche Kollegen ihren Unmut bei Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten nicht etwa offen durch entsprechende Mimik oder verbale Gegenwehr, gegebenenfalls mit erhobener Stimme – nein, sie bringen ihre Aggressionen bevorzugt passiv und scheinbar sozial akzeptiert zum Ausdruck. Dies kann sich in einer Art Kontrollwahn, insbesondere gegenüber Untergebenen äußern. Es entsteht der Eindruck, als lauere jener den ganzen Tag darauf, dass anderen kleine Patzer unterlaufen, die er dann in scheinbar höflicher, ruhiger Art moniert. Beispielsweise würde sich ein pseudo-freundlicher Manier darüber echauffieren, wenn eher nebensächliche Arbeitsschritte binnen fünf Minuten nicht erledigt sind oder wenn auf der Herrentoilette keine Seife vorhanden ist. Oft nerven solche pseudo-freundlichen Mitarbeiter durch Anrufe im Minutentakt wegen Kleinigkeiten und ignorieren den Unmut, den sie damit bei ihren Kollegen auslösen, einfach. Vielfach resultieren Konflikte im Team gar nicht daraus, dass jemand tatsächlich einen Fehler gemacht hat, vielfach beschwört der pseudo-freundliche Mitarbeiter Konflikte erst durch seinen Kontrollzwang und seinen ständigen Hang zu überflüssigen Diskussionen herauf.
Anschwärzen von Kollegen unter dem Deckmantel der Freundlichkeit
Wenn all diese Strategien – also piesacken durch ständige Kontrolle – versagen und wenn dem betreffenden Mitarbeiter allmählich die Argumente ausgehen, kommt es recht häufig dazu, dass er einen oder auch mehrere Kollegen beim Vorgesetzten anschwärzt. Dies erfolgt natürlich nicht in gehässiger, offensichtlich böswilliger Manier, sondern eher subtil und scheinbar freundlich, damit der Chef auch gar nicht erst auf die Idee kommen könnte, dass es sich hierbei um das Bespitzeln und Anschwärzen von Kollegen wegen Kleinigkeiten handelt. In diesen Fällen kommt es sehr darauf an, wie der Chef mit solchen Fällen umgeht und den Mitarbeiter in seine Schranken weist. Im Idealfall lässt der Vorgesetzte den missliebigen Kollegen einfach abblitzen und macht ihm klar, dass solche eine Kultur in seiner Abteilung oder seinem Unternehmen nicht erwünscht ist. Vielfach lassen sich jedoch pseudo-freundliche Mitarbeiter von Vorgesetzten zu Bespitzelungen und Kontrolle von anderen Mitarbeitern instrumentalisieren.
Wenn ein pseudo-freundlicher Mitarbeiter mit Führungskompetenzen ausgestattet wird
Führungskompetenzen sind in diesem Fall nicht mit Positionen wie Team- oder Abteilungsleiter gleichzusetzen, sondern eher mit Kontrollkompetenzen. Angenommen, der betreffende Mitarbeiter erhält vom Vorgesetzten den Auftrag, die Beratungsleistung eines Kollegen im direkten Kontakt mit den Klienten zu kontrollieren (so genanntes „Co-Coaching“), wird dies damit enden, dass der zu kontrollierende Mitarbeiter vermutlich nicht mal mehr alleine das stille Örtchen aufsuchen kann, weil der pseudofreundliche Kollege nun „von oben“ die scheinbare Autorität bekommen hat, über Gehen oder Bleiben des Mitarbeiters entscheiden zu können und ihn somit nicht mehr aus den Augen lässt. Die Kontrolle wird also bei weitem übertrieben und nimmt bisweilen groteske Züge an. Gerade in solchen Situationen offenbart sich häufig die wahre Mentalität eines pseudo-freundlichen Mitarbeiters, der ansonsten ein sehr angepasstes, scheinbar sozial adäquates Verhalten an den Tag legt.