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Kleider wie Bilder: Das Modelabel c.neeon

Clara Leskovar und Doreen Schulz entwerfen ungewöhnliche Mode. Knallige Farben, auffällige Stoffmuster, oft so verschwenderisch eingesetzt, dass zwei Personen darin Platz finden würden: Das ist der Stil von c.neeon aus Berlin.

c.neeon: Das sind die Modedesignerin Doreen Schulz und die Textildesignerin Clara Leskovar. Ein ungleiches Paar: „Wir kommen ja eigentlich aus unterschiedlichen Fachbereichen, die nicht immer zwangsläufig zusammen arbeiten“, sagt Leskovar. „Auch unser Hintergrund ist nicht derselbe.“ Sie wuchs in rauen Westberlin auf, Schulz in der ehemaligen DDR. Dies sollte sich allerdings als nützlich herausstellen: An Mode war nur schwer heranzukommen; also lernte sie schon als Kind mit Schere, Nadel und Faden umzugehen und entwarf ihre Kleidung selbst.

Aus Studentinnen werden Unternehmerinnen

Kennengelernt haben sie sich schließlich während des Studiums an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Dass sie später ein gemeinsames Modelabel gründen würden, stand nicht von Anfang an fest. Erst nachdem sie einzelne Projekte und schließlich sogar die Diplomarbeit zusammen meisterten, die dann gleichzeitig die ersten Kollektion wurde, stand für sie fest, eine gemeinsame Zukunft mit dem Label c.neeon zu wagen, das sie 2003 gründeten. Der Name des setzt sich aus den Spitznamen ihrer Kindheit zusammen.

Zu dem Zeitpunkt waren Schulz und Leskovar allerdings keine unerfahrenen Berufseinsteiger mehr. „Doreen hatte während des Studiums fünf Jahre als Produktionsmanagerin bei dem Modedesigner Bernard Willhelm in Antwerpen gearbeitet. Und ich habe bei dem Berlin-Pariser Modelabel Bless gearbeitet“, sagt Leskovar. Die Erfahrung kamen der ersten c.neeon-Kollektion zu Gute. Unter dem Thema „daydreamnation“ entstanden verspielte Schnitte, die von den bunten, Leskovars grafisch strengen Stoffmustern hervorragend unterstützt wurden. Die Arbeit haben sie klar aufgeteilt, schließlich hat jeder seinen eigenen Kopf: Clara ist für das Textildesign und Doreen für die Schnitte zuständig. Dieses Konzept zahlte sich aus, für die Debüt-Kollektion der beiden Designerinnen gab es gleich den Grand Prix des international renommierten Modefestivals in Hyères.

„Das Modegschäft ist ein Haifischbecken

Mit der Kollektion „haschmichmädchen“ gelang anschließend ein fulminanter Auftritt bei der Londoner Fashion Week. „Das Modegeschäft ist ein Haifischbecken“, sagt Leskovar. „Vor allem im Mode-Nachwuchs kämpft jeder gegen jeden. Auf der Fashion Week in London wurden wir vom internationalen Markt wahrgenommen und erhielten großen Zuspruch. Das hat uns enorm Mut gemacht.“ 2006 wurden die Jungdesignerinnen sogar vom Berliner Kunstgewerbemuseum eingeladen, eine Sonderausstellung auszurichten.

Dabei arbeitet c.neeon unkonventionell, unvorhersehbar und nicht auf bestimmte Zielgruppen hin.“ Heute liegt der Hauptmarkt von c.neeon vor allem im Ausland, wo man anscheinen modemutiger ist als in Deutschland. „Ein Großteil der Kollektionen wird in Japan und Amerika vertrieben, während in Deutschland nur vier Läden unsere Mode anbieten“, sagt die 33-jährige Leskovar und gibt zu bedenken: „Japaner haben ein viel freieres Verhältnis zur Mode als wir.“

Was c.neeon ausmacht? Zum einen sicherlich die klaren grafischen Elemente auf den selbst entworfenen Stoffen und die frischen Schnittentwürfe, die zusammen eine harmonische Symbiose eingehen. „Für uns ist es wichtig, dass das eine das andere unterstützt“, betont Leskovar, „nur dann entstehen neue Möglichkeiten. Manche Leute sprechen bei uns zum Beispiel von asymmetrischen Schnitten; aber die benutzen wir nie. Was man sieht, ist das Resultat eines Zusammenspiels von Schnitt und Stoffmuster.“

Gefühle spielen im Kreativprozess eine wichtige Rolle

Und Emotionen: neue Musterentwürfe werden zuerst anhand von Collagen ausprobiert, die ganz bestimmte Gefühle und Gedanken ausdrücken. So sind die Kollektionen immer auch konzentrierte Stimmungsbilder. Nicht selten erinnern diese an die reduzierte Formensprache konstruktivistischer und suprematistischer Kunstwerke: etwa an Arbeiten von Sol Lewitt oder Dan Flavin. Festlegen lassen sich Schulz und leskovar allerdings nicht. Ihnen ist der unbeschwerte Umgang mit Anlehnungen und Referenzen wichtig. Mal dient eine Schallplatte von Sonic Youth als Inspiration für einen bestimmten Farbrhythmus, ein anderes Mal beflügeln Süßigkeiten die Form- und Farbwahl. „In Shanghai habe ich zum Beispiel einmal wahnsinnig schönes, buntes Bonbonpapier gefunden. Ich wusste sofort, dass ich damit unbedingt etwas musste“, schwärmt Clara Leskovar. Aus dem Fundstück ist die luftige Sommerkollektion „love you delicious“ entstanden, die in leuchtendem Grün-Gelb und blau-roten Farbakzenten in der Tat an eine Süßigkeit erinnert.

Mode aus dem Plattenbau

Es ist gerade diese kindliche Unbekümmertheit, mit der Schulz und Leskovar auf ihre Umwelt reagieren und so schließlich den Erfolg von c.neeon ausmacht. Aktuelle Trends spielen in der Philosophie von c.neeon keine Rolle, stattdessen sind Improvisation und Experimentierfreude gefragt. „Wir arbeiten sehr intuitiv. Für uns ist der kreative Findungsprozess vor allem mit viel Ausprobieren verbunden, fertige Ideen entstehen nicht im Kopf. Wir sind ja Praktiker und keine Theoretiker.“ Zu dieser Eigenwilligkeit passt der Sitz des Ateliers in einem alten Kindergarten-Plattenbau in der ehemaligen Nazi-Hochburg Lichtenberg; andere Jungdesigner trifft man sonst eher in Prenzlauer Berg oder Mitte. Für c.neeon ist das Atelier auch mehr als nur Werkstätte: Im gleichen Haus arbeiten Grafiker, Fotografen, Produktdesigner und Schreiber, die sie schon seit Schulzeiten kennen und mit denen sie öfter zusammenarbeiten.

Eigener Weg in der Modelandschaft

Seit der Gründung der Marke haben sie viel darüber gelernt, wie man ein eigenes Unternehmen führt. „Das ist noch einmal ein ganz eigener Beruf“, sagt Clara Leskovar. Der gestalterische Prozess macht nur einen Teil der Arbeit aus. Es geht um die Organisation der Produktion, es geht um Rechnungen, um Steuer- oder um Zollbestimmungen.

Gut gemeinte Anfangsratschläge, die Kollektionen „normal und tragbarer“ zu machen, ließen die beiden unbeachtet. Stattdessen verfolgten sie lieber eine eigene Vision: nämlich nicht nur den Körper zu gestalten, sondern ebenso die ganze Umgebung um ihn herum. Den Anfang machten Doreen Schulz und Clara Leskovar, indem sie Teppiche für Vorwerk gestalten. „Wir versuchen unseren eigenen Weg zu gehen“, sagt Leskovar, „sind da aber nicht so besessen, unbedingt aber anders sein zu müssen.“