Werden überlastete Muskeln massiert, gehen die Entzündungszeichen zurück, die Muskulatur erholt sich besser. Eine Studie aus Kanada.
Eine kleine Studie kanadischer Wissenschaftler ist der Frage nachgegangen, welcher Mechanismus dafür sorgt, dass Klassische Massage von überbeanspruchter Skelettmuskulatur erfolgreich ist. Die klinischen Erfahrungen bestätigen diesen Effekt, aber bislang weiß man nicht warum das so ist. In der Fachzeitschrift Science Translational Medicine veröffentlichten die Forscher um Justin D. Crane ihre Erkenntnisse am 1. Februar 2012. Demnach kann Klassische Massage die gleiche Wirkung wie Schmerzmittel haben, da durch die Intervention entzündungsreduzierende Stoffe aktiviert werden. Zudem wird die Fähigkeit der Mitochondrienbildung angeregt, was direkt der Energiegewinnung des Muskels dient. Dieser erholt sich somit schneller von der Überlastung.
Massage ist nicht gleich Massage
Es gibt unzählige Massagetechniken und -richtungen. Gemeinsam ist allen, dass es sich immer um eine manuelle Methode handelt, die jeweils über Dehnungs- und Zugreize Körpergewebe beeinflusst. Die meisten Techniken arbeiten mit dem Spannungszustand von Haut, Unterhaut und Muskulatur, andere mit der Auswirkung der Stimulierung von Reflexzonen. In der zitierten kanadischen Studie ging es um die Klassische Massage, die im 19. Jahrhundert in Schweden entwickelt wurde. Innerhalb dieser Massagetechnik gibt es zehn Grifftechniken, die alle unterschiedliche Zwecke verfolgen. Bei überlasteter Skelettmuskulatur und um diese handelt es sich hier, sind Knetungen angezeigt. Diese sogenannte Sportmassage wirkt erfahrungsgemäß gegen Ermüdung der Muskulatur und normalisiert deren Spannungszustand. Die Muskelgruppen werden dabei von distal nach proximal in s-förmigen Knetungen behandelt.
Elf gesunde Männer machen im Dienste der Wissenschaft Sport
Die Forschergruppe untersuchte anhand der Oberschenkelmuskulatur von elf ansonsten gesunden jungen Männern die Auswirkungen von Massage. Die Probanden mussten gezielt ein Sportprogramm absolvieren, das Muskelschäden produzierte. Gleich nach Beendigung der körperlichen Betätigung entnahmen die Wissenschaftler Gewebeproben aus dem Musculus vastus lateralis, einem Teil des Musculus quadriceps femoris, dem vorderen Oberschenkelmuskel. Diese Proben wurden direkt nach einer zehnminütigen Massage und nach 2,5 Stunden wiederholt. Die Massage wurde jeweils nur an einem Bein angewendet, die Proben aber aus beiden Beinen entnommen.
Entzündungshemmung und Mitochondrienwachstum durch Massage
Schon die recht kurze Massage nach der sportlichen Betätigung führte in den Muskeln der Probanden dazu, dass entzündungshemmende Signale an die Muskelzellen ausgesendet wurden. Dieser Mechanismus führt zur Schmerzlinderung und funktioniert auf dem gleichen Wege wie die meisten Schmerzmittel. Die Forscher sind daher überzeugt, dass eine Klassische Massage eine medikamentenunabhängige Alternative zur Muskelregeneration darstellt. Zudem war die Fähigkeit der Mitochondrienbildung erhöht. Diese Strukturen dienen der Energiegewinnung, auch über diesen Weg wird die Erholungsphase verkürzt. Diese Erkenntnisse lassen sich natürlich nicht nur auf sportinduzierte Muskelschäden anwenden. Auch Menschen mit pathologischen Muskelproblemen könnten von diesem Mechanismus profitieren, was besonders dann hilfreich wäre, wenn man damit Medikamente einsparen könnte, die den Körper eventuell belasten.
Neues vom unbekannten Wesen Milchsäure
Ein weiteres Ergebnis der Studie räumt mit einem fest verwurzelten Irrglauben auf. Nach alter Lehrmeinung entstehen übermäßig große Mengen an Milchsäure in den Muskeln, wenn diese überanstrengt werden. Dieser Mechanismus wurde jahrzehntelang für die Entstehung des Muskelkaters verantwortlich gemacht. Allerdings gibt es seit Jahren Zweifel an dieser Hypothese. Die kanadische Forscher untermauern diese Zweifel mit ihrer kleinen Studie, da die Milchsäurewerte von der Massage gänzlich unberührt blieben. Die derzeit vorherrschende Meinung, dass bei muskulärer Überlastung minimale Risse im Muskelgewebe entstehen und diese einen Muskelkater oder weitreichendere Schmerzen verursachen, scheint plausibler. Ein geeignetes Gegenmittel ist mit der Klassischen Massage gefunden.
In Deutschland ist die Klassische Massage Teil der Physikalischen Therapie und als solche Domäne von Physiotherapeuten und Masseuren. Nach dem Heilmittelkatalog der Gesetzlichen Krankenkassen kann sie vom Arzt per Heilmittelverordnung verschrieben werden.