Chronisch depressive Verstimmung ist keine Frage des Charakters, sondern krankhaft. Obwohl schwer zu diagnostizieren, ist das heimtückische Leiden doch gut behandelbar.
Viele Menschen kennen das immer wiederkehrende Bild: Sie schlafen schlecht und fühlen sich dann freudlos, müde, nervös und abgespannt. Die Ursache dafür wird im täglichen Leben und meist fälschlicherweise im eigenen Charakter gesucht. In Wahrheit leiden diese Menschen an Dysthymie, und stehen damit möglicherweise am Beginn einer langen Reihe von gesundheitlichen wie sozialen Problemen.
Dysthymie kann als eine leichtere Form Depression gesehen werden, wiewohl sie in ihren gesundheitlichen Auswirkungen nicht zu unterschätzen ist. Aus ärztlicher Sicht hat sie „die Form einer chronisch depressiven Verstimmung, die nicht alle diagnostischen Kriterien einer Depression erfüllt“. Ähnlich dem Burnout-Syndrom kriecht diese Krankheit heimtückisch in die Seele der Menschen und füllt sie mit Leere. Für den Arzt liegt Dysthymie dann vor, wenn die Symptome mindestens zwei Jahre andauern.
Trübe Stimmung wechselt mit Euphorie
Psychiater stellen ein Ansteigen der Dysthymie fest. Die Betroffenen fühlen sich niedergeschlagen, sie grübeln und leiden unter geringem Selbstwertgefühl. Selten sind sie länger als zwei Wochen beschwerdefrei. Das Heimtückische an der Krankheit ist, dass die Perioden getrübter Stimmung durchaus mit solchen leicht euphorischer Stimmung wechseln können. Daher wird die Dysthymie auch nicht so ernst genommen, wie es notwendig wäre.
In Österreicher sind rund 250.000 Menschen von dieser chronischen „Unlust“ betroffen. Lustlos zu sein ist schwer zu beobachten, es wird von der Umgebung wie vom Betroffenen selbst eher mit Interesselosigkeit und ständiger schlechter Laune wahrgenommen. Daher ist die Krankheit sowohl vom Patienten als auch vom Arzt schwer als solche zu erkennen, was häufig zu einer unzureichenden Behandlung führt.
Ein gefährlicher Kreislauf
Da die Leistungsfähigkeit des Patienten ständig sinkt, nimmt Dysthymie auch das Krankheitsbild eines organisch bedingten Leidens an. Darüber hinaus kommt es häufig zur Verknüpfung mit anderen Störungen, die das Krankheitsbild überdecken, und so kann ein gefährlicher Kreislauf entstehen.
Die Erkrankung kann schon im dritten Lebensjahrzehnt beginnen und bis ins Alter auftreten. Hier stellt die Dysthymie ein vielfach übersehenes Problem dar. Wegen der oftmals verminderten sozialen Kontakte älterer Menschen bleibt die Krankheit lange unbemerkt und damit auch unbehandelt. Die Folge ist, dass sich diese Menschen schließlich total zurück ziehen.
Gefahr von Abhängigkeit
Zahlreiche Untersuchungen haben belegt, dass zwischen Dysthymien und Persönlichkeitsstörungen verschiedener Art erhebliche Wechselwirkungen bestehen. Menschen mit schweren, unbehandelten Dysthymien werden zunehmend ängstlich und unselbständig. Sie verlieren die Fähigkeit sich gegenüber der Umwelt abzugrenzen und geraten so leicht in Abhängigkeit.
Kompliziert wird die Situation der betroffenen Menschen dadurch, dass sowohl die Betroffenen als auch ihr Umfeld nicht erkennen, dass es sich um eine gut therapierbare Erkrankung handelt. Man sollte sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.