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Keine Gewichtszunahme während Schwangerschaft

Aufsehenerregende US-Studie mit werdenden Müttern. Wer ohnehin zur Fülle neigt, bekommt während der Schwangerschaft zusätzliche Probleme. Das ist die Regel. Sie wird jetzt gebrochen – neue Erkenntnisse, neue Empfehlungen.

Millionen werdende Mütter in aller Welt sorgen sich um ihr Gewicht, denn das steigt in der Regel während der Schwangerschaft an. Wie viel aber darf eine ohnehin schon übergewichtige Frau überhaupt zunehmen? Die bisherige Schulmedizin und -weisheit dazu wird im Rahmen einer Aufsehen erregenden amerikanischen Studie völlig über den Haufen geworfen. Galt es bisher als normal, wenn eine werdenden Mutter im zweiten Drittel der Schwangerschaft 250 bis 400 Gramm pro Woche zunahm und wurden im letzten Drittel bis 600 Gramm erlaubt, wollen amerikanische Fachärzte jetzt von diesen Normen abrücken – sie sind neuerdings der Meinung, während der Schwangerschaft dürfe es bei Frauen, die Übergewicht auf die Waage bringen, auch im Interesse des Babys im Mutterleib überhaupt keine Gewichtszunahme geben.

Nur drei Prozent des Gewichts zulegen

Soeben hat unter der Bezeichnung Healthy Moms eine vierjährige Studie begonnen. In ihrem Rahmen wird dafür gesorgt, dass vor allem Frauen, die ohnehin an Übergewicht leiden, während ihrer Schwangerschaft überhaupt nicht zunehmen. Sollte dieses Null-Programm nicht eingehalten werden können, soll eine Frau auf keinen Fall mehr als drei Prozent ihres Gewichts zulegen – wer also als Studienteilnehmerin 76,5 Kilogramm wiegt, darf nicht mehr als 2,25 Kilogramm zunehmen. So die strengen Regeln, denen sich die Teilnehmer der Studie verpflichtet haben. Mehrere hundert Frauen werden im Rahmen der geplanten vier Jahre an dem Programm teilnehmen. Resultate werden nicht vor 2014 vorliegen. Professor Kathleen Rasmussen von der Cornell University sieht in der Schwangerschaft ein „lehrreiches Moment“, und das erläutert sie so: „Das ist eine Zeit, in der Frauen bereit sind, ihr Verhalten positiv zu ändern, denn das ist für ihre eigene Gesundheit und die des Kindes von großer Bedeutung“.

Ein Fünftel der Schwangeren haben Übergewicht

Etwa ein Fünftel aller schwangeren Amerikanerinnen sind übergewichtig. „Mehr und mehr Ärzte empfehlen denen“, so heißt es dazu in der „New York Times“, „auf ihr Gewicht zu achten, um die Schwangerschaft problemlos zu gestalten und eine leichte Geburt zu haben“. Im Mai 2009 erst hatte das (amerikanische) „Institute of Medicine“ übergewichtigen Schwangeren geraten, nicht mehr als fünf Kilogramm zuzunehmen – bis dahin waren immerhin 6,75 Kilogramm „erlaubt“ worden. Und jetzt der noch rigorosere Ratschlag: Am besten gar nichts zunehmen.

Täglich nur 2 000 Kalorien

Deshalb sollen sie, so die Richtlinien der Studie Healthy Moms, nicht mehr als 2 000 Kalorien täglich zu sich nehmen. Die Teilnehmerinnen des Programms treffen sich zweimal wöchentlich mit Ernährungsfachleuten, abgesehen von ständiger ärztlicher Betreuung. Sie sollen Obst und Gemüse ebenso bevorzugen wie Fleisch mit äußerst geringem Fettgehalt, empfohlen werden auch Vollkornbackwaren sowie fettfreie Milchprodukte. Um das Ungeborene „zu unterstützen“, so die „New York Times“ in einer Betrachtung zu der Studie, sind nicht mehr als „300 bis 400 Kalorien zusätzlich täglich erforderlich“. Dr. Kimberly Vesco vom Kaiser Permanente Center for Health Research in Portland/Oregon, hauptberuflich an der Moms-Studie beteiligt, sagt: „Die klassische Lehre besagte bisher, eine Schwangere müsse zunehmen, weil sie ja für zwei essen muss – die Wahrheit ist, sie muss zwar mehr essen, aber sie muss nicht sehr viel mehr essen“. Dr. Rasmussen nennt die Studie „ein Experiment“. In dessen Rahmen auch die Frage geprüft werde, ob übergewichtige Schwangere nicht vielleicht auch das Leben ihres Ungeborenen gefährden, indem damit Kinder zur Welt kommen, die ebenfalls zu Übergewicht tendieren. Auch hierzu sucht die Moms-Studie eine Antwort.

Zu viele Ketone schädigen den Fetus

Gegen die These, überhaupt kein Gewicht zuzulegen, nimmt Professor Naomi Stotland von der University of California in San Franzisko Stellung. Frauen, die nicht zunehmen, „verbrennen mehr Fett, denn sie benötigen mehr Energie“, urteilt er. „Dabei“, so Dr. Stotland weiter, „produzieren sie eine Ketone genannte Säure, die schädigend für den Fetus sein kann“. Er verweist auch auf Studien, wonach zu viele Ketonebestandteile „im Blut von Schwangeren zur Folge haben können, dass ihre Babys einen geringeren I.Q. aufweisen als normale Kinder“, also weniger intelligent werden. Auch mit diesem Vorbehalt wird sich die Studie befassen.