Der Jakobspilger gibt sich selbst mit einer Jakobsmuschel zu erkennen. Aber auch andere Symbole spielen eine Rolle auf der Pilgerreise.
Warum tragen die Jakobspilger ausgerechnet eine Muschel als Erkennungszeichen? Eigentlich hätte man doch eher ein religiöses Symbol als Markenzeichen für einen christlich motivierten Pilgerweg erwartet. Und doch hat die „vieira“, wie die Jakobsmuschel auf Spanisch heißt, bereits seit dem 12. Jahrhundert eine tiefgreifende Bedeutung für Pilger gen Santiago de Compostela.
Die Jakobsmuschel – Von der Meeresfrucht zum Pilgersymbol
Ihr wissenschaftlicher Name lautet Pecten jacobaeus und sie gehört zur Familie der Kammmuscheln. Ihre Heimat ist das Mittelmeer. Ihre Schwester, die Pecten maximus kommt an der gesamten Atlantikküste von den Britischen Inseln bis nach Südportugal vor. Die Jakobsmuschel, manchmal auch Pilgermuschel genannt, ist eine der größten essbaren Salzwassermuscheln und noch dazu äußerst schmackhaft. So beliebt sie auf den Tellern von Feinschmeckern ist, so unerlässlich ist sie für einen echten Santiago Pilger. Als Kette um den Hals baumelnd, als Rucksack-Schmuck oder als Sticker am Hut – jeder der gen Santiago de Compostela pilgert, weist sich mit einer Jakobsmuschel aus. Die mittelalterlichen Pilger hatten gleich noch eine praktische Verwendung für das Schalentier. Mit der gewölbten Muschel konnte man an den Brunnen gut Trinkwasser schöpfen. Der Name geht auf den Apostel Jakobus zurück. Ihm wurde die Muschel nachträglich zu Ehren benannt. So wurde sie seit Entdeckung des Grabmals des Heiligen in Santiago de Compostela zum Symbol für alle, die sich dorthin auf die Pilgerschaft machten. Der Apostel selbst ist in Darstellungen immer mit einer Jakobsmuschel am Hut, manchmal auch am Gürtel versehen. Die Muschel war im Mittelalter viel mehr als nur ein Souvenir einer Pilgerreise, sie verlieh Ansehen und war ein Beweis für die erfolgreiche Pilgerschaft. Manch einer ließ sie sich mit ins Grab legen.
Das Kreuz auf der Jakobsmuschel
Die von Jakobspilgern verwendete Muschel trägt zumeist ein rotes Schwertkreuz. Das „Cruz da Espada“ war das Symbol der Santiago-Ritter. Dieser Militärorden wurde im 11. Jahrhundert von den katholischen Königshäusern mit Unterstützung des Papstes eigens zum Schutz des christlichen Pilgerwegs gen Santiago de Compostela gegründet. Er sollte Pilger vor den islamischen Invasoren und vor Überfällen schützen und den Weg verteidigen. Santiago ist der spanische Name für Jakob, eigentlich heißt es San Tiago, also Heiliger Jakobus. Das Schwertkreuz ist immer rot und auf weißem Grund. Das Schwert ist das Symbol für die Verteidigung der christlichen Werte – wenn es sein musste, eben auch mit Gewalt.
Jakobsmuschel und andere Pilgersymbole
Nicht nur die Jakobsmuschel ist das Erkennungszeichen der Pilger. Der Wanderstab, meist aus Holz, gehört unbedingt dazu. Moderne Pilger ersetzen ihn auch schon mal durch leichte Walking-Stöcke. Dennoch ist der echte Pilgerstab noch immer beliebt. Entlang des Jakobsweges zwischen Frankreich und Galicien gibt es ihn in tausendfacher Ausführung, mal touristisch kitschig, mal rustikal handgeschnitzt. Zum Wandern, bei Auf- und Abstiegen ist er unerlässlich. Die richtige Handhabung muss allerdings erst gelernt werden. Ein Pilgerstab kann ein Segen, bei falschem Einsatz aber auch eine Behinderung darstellen.
Daneben sind der Hut und die Kalebasse das Markenzeichen der historischen Jakobspilger. Freilich tragen neuzeitliche Wanderer eher Multifunktionshut und eine ultraleichte Wasserflasche mit sich. Doch ohne beide kommt kein Wanderer auf dem Jakobsweg aus. Die zuweilen stechende Sonne erfordert einen Kopfschutz und viel Flüssigkeit. Der Rucksack ist ein ebenso lebenswichtiges wie praktisches Markenzeichen des Fußpilgers. Auch wenn so mancher Pilger sich dessen nach einem anstrengenden Aufstieg lieber entledigen möchte, er ist sein wichtigster Begleiter auf der Reise. Auch Steine haben eine symbolische Bedeutung für die Jakobspilger. Ein abgeworfener Stein, den man von zu Hause mitnahm, verkörpert das Loslassen aller Probleme, eine Erleichterung und Befreiung aller Sorgen.
Warum Symbole wichtig sind
Einheitliche Erkennungszeichen vermitteln die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Der Pilger fühlt sich aufgehoben im Kreis Gleichgesinnter. Er ist einer von zahlreichen Menschen mit demselben Ziel, den selben Strapazen, Problemen und Freuden auf der Strecke. Man grüßt sich mit einem „Buen Camino“ (Guten Weg!) oder einem aufmunternden „Ultreya“ (Weiter so!) – auch das sind uralte symbolische Ausdrücke für die Wanderschaft nach Santiago. Solidarität, Freundschaft, Hilfe, Austausch – all das gehört zu einer Pilgerreise und untermauert das Zusammengehörigkeitsgefühl. Das gemeinsam erlebte gibt Kraft und die Energie geht von einem Pilger zum anderen über. Viele berichten davon „sich getragen zu fühlen“, was sich mit diesem Energieaustausch erklären lässt. Deshalb sind Symbole wichtig. Die Jakobsmuschel jedenfalls wird noch lange an den Rucksäcken der Pilger baumeln.