In den letzten Jahren hat es in verschiedenen Ländern Europas aufsehenerregende Inzestfälle gegeben. Jahrelang haben Väter eines oder mehrere ihrer Kinder sexuell missbraucht. Unter Ausnutzung des Abhängigkeitsverhältnisses und oft auch unter Anwendung brutaler Gewalt benutzten sie ihre Kinder zur Befriedigung ihrer perversen Veranlagung. Dabei sind oftmals auch eine Vielzahl Kinder gezeugt worden. Die Mitmenschen der unmittelbaren Umgebung haben jahrelang davon nichts gemerkt. Zumindest gaben sie das bei ihren Einvernahmen als Zeugen zu Protokoll. Fälle von Geschwisterliebe haben kaum Medieninteresse gefunden, weil sie nicht nur weniger aufsehenerregend, sondern auch nur in einigen Staaten strafbar sind. Gegenwärtig ist in der BRD, wo Vaginalsex zwischen Blutsverwandten strafbar ist, der Fall der Geschwister Patrick und Susan ein medienwirksamer Rechtsfall.
Inzest in der Religion
In der jüdisch-christlichen Religion gilt die Bibel als Glaubensgrundlage und Nährboden der Kultur. Die Menschheitsgeschichte beginnt darin bei dem biblischen Elternpaar Adam und Eva. Diese zeugten die beiden Söhne Kain und Abel. Es sind keine Töchter erwähnt. Kain erschlug seinen Bruder Abel. Um das Werden des Volkes Gottes zu gewährleisten, musste also der Brudermörder Kain mit seiner Mutter Eva im Inzest weitere Kinder gezeugt haben. Diese müssen ihrerseits wieder im Inzest für den Fortbestand des Volkes Gottes gesorgt haben. Der Inzest ist also von Anbeginn ein unverzichtbarer Teil der jüdisch-christlichen Religion und Kultur.
In der biblischen Geschichte von Noah hat die große Flut alles Leben ausgelöscht. Außer jenen Paaren jeder Art, die Noah auf Geheiß Jehovas gerettet hat, gingen alle Lebewesen in der Flut zugrunde. Daher musste neuerlich Inzest die gesamte belebte Schöpfung retten. Zu einem späteren Zeitpunkt wiederholte sich die Inzestnotwendigkeit für die Menschheit in der Geschichte von Lot. Nach der Vernichtung von Sodom und Gomorra blieben vom Volk Gottes nur Lot und seine Töchter übrig. Um dessen Fortbestand zu sichern, hat Lot seine Töchter geschwängert.
Inzest in der Geschichte
Ödipus, der in Unwissenheit seine Mutter geheiratet und geschwängert hat, gehört zwar ins Reich der Mythologie, aber dieses inzestuöse Verlangen ist Gegenstand der Psychoanalyse von deren Beginn an. In der realen Geschichte ist Königin Cleopatra von Ägypten als Tochter eines Geschwisterpaares historisch verbrieft. Der römische Kaiser Nero soll lange mit seiner Mutter sexuell verkehrt haben. Europäische Adelsgeschlechter haben sich jahrhundertelang aus erbrechtlichen Überlegungen mit Blutsverwandten verheiratet. So wurden die Erbansprüche auf Länder in der Familie gehalten, die Macht gebündelt und vermehrt.
Inzest im Tierreich
Die Natur hat ihre „Spielregeln“ über Jahrmillionen hinweg optimiert, um das Überleben der Arten zu sichern. In der freien Wildbahn ist der Inzest nicht vorgesehen. Die Evolution hat dafür gesorgt, dass sich Geschwister instinktiv als solche erkennen, wenn sie die frühe Lebensphase miteinander verbracht haben. Eine sexuelle Aversion zwischen den Geschwistern ist die beobachtbare Folge. Bei früher Trennung und einer Begegnung nach langer Zeit ist mangels Ausprägung dieser Aversion Inzest sowohl beim Tier wie auch beim Menschen durchaus möglich.
Wildtiere im Zoo haben wenig Möglichkeit, ihre vom Instinkt geleiteten Triebe zu leben. Ihr Paarungsverhalten ist daher nicht zu hundert Prozent authentisch. Diese territoreale Enge kann zu Inzucht führen, aber auch zu Paarungsverweigerung. Die Nachzucht von Wildtieren im Zoo wird dadurch manchmal schwierig. Bei den Haustieren, deren Zuchtwahl seit Jahrtausenden vom Menschen gesteuert wird, sind die natürlichen Verhaltensweisen unterdrückt. Inzucht zur Optimierung des Zuchtergebnisses gilt als wichtiges Instrument der Tierzüchter. Bei manchen Tieren bringt Inzucht durchaus Vorteile und die Natur bedient sich auch dieses Mittels.
Inzest im Recht und Gesetz
In Deutschland ist der Inzest als vaginaler Geschlechtsverkehr zwischen nahen Blutsverwandten, Eltern und deren Kindern sowie blutsverwandten Geschwistern strafrechtlich verboten. Der Paragraph 173 des deutschen Strafgesetzbuches droht Strafen bis zu zwei Jahren Haft an. Ein schwules oder lesbisches Verhältnis zwischen erwachsenen Blutsverwandten und/oder blutsverwandten Geschwistern ist dagegen straffrei. Im Fall Patrick und Susan, der gegenwärtig in Deutschland gerichtsanhängig ist, hat Patrick die Strafe absitzen müssen. Die Kinder aus der Geschwisterbeziehung sind von Gesetzes wegen der Mutter entzogen und in ein Heim gebracht worden. Die „illegale“ Familie ist per Gesetz zerstört worden. In den Nachbarländern Frankreich und Niederlande ist Inzest als Geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen Blutsverwandten und/oder blutsverwandten Geschwistern im Einvernehmen straffrei. Selbst im erzkatholischen Spanien ist der Inzest im Einvernehmen straffrei. Gegenwärtig wird der Inzestfall Patrick und Susan von deren Anwalt vor dem EU-Menschenrechtsgerichtshof aufgerollt. Der Anwalt will erreichen, dass auch in Deutschland so wie in anderen EU-Staaten der freiwillige Inzest zwischen Erwachsenen straffrei gestellt wird. Für seine Mandanten fordert er Rehabilitation und Entschädigung.