Manche Wörter können mehrere Dinge bedeuten. Mit solchen „Teekesselchen“ beschäftigt sich auch die Sprachwissenschaft unter dem Begriff Äquivokation.
Bereits die klassischen Philosophen beschäftigten sich mit dem Phänomen, dass manche Wörter unterschiedliche Dinge bezeichnen können, insbesondere wenn dies zu logischen Fehlschlüssen führt. Ein bekanntes Beispiel beschäftigt sich mit der Definition des Wortes „gut“: Einerseits gelte, dass Arznei einem Kranken gut tue. Es gilt auch, dass man soviel Gutes tun sollte, wie einem möglich ist. Daraus könnte man – wenn man dem Wort „gut“ nur eine Bedeutung zumisst – folgern, dass man immer möglichst viel Arznei nehmen sollte. Die moderne Sprachwissenschaft behandelt unter dem Oberbegriff Äquivokation eine ganze Reihe verschiedener Erscheinungen.
Polyseme
Polyseme sind gleiche Wörter, die unterschiedliche Dinge bezeichnen, aber auf die gleiche sprachliche Wurzel zurückgehen. Diese Wörter werden sowohl gleich geschrieben, als auch gleich ausgesprochen. Beispiele hierfür sind viele von Verben abgleitete Substantive wie Erfindung: Zum einen bezeichnet das Wort den Vorgang („die Erfindung der Dampfmaschine“), zum anderen aber auch das Produkt („Diese Erfindung wird ihn weltberühmt machen!“). Ebenfalls in diese Kategorie gehören metaphorische Begriffe wie Birne, die sowohl die Frucht als auch eine Glühlampe bezeichnen kann. Bei vielen „toten“ Metaphern ist die Herkunft zwar noch klar erkennbar, aber aus dem umittelbaren Bewusstsein verschwunden; dazu gehören Wörter wie (Tisch)bein und (Spiel)brett. Auch abstrakte Begriffe können Polyseme sein; es gibt einen Schlüssel, der den Zugang zu einem Raum ermöglicht aber auch einen (Lösungs-)Schlüssel, der den Zugang zur Lösung einer Aufgabe ermöglicht.
Beispiele für Polyseme im Deutschen:
- Stimme (Wahlstimme) und Stimme (vom Menschen produzierter Laut)
- Wagen (Einkaufswagen) und Wagen (Auto)
- Rechner (Taschenrechner) und Rechner (Computer)
- Schrank (Möbelstück) und Schrank (stämmiger Mensch)
- Schirm (Regenschirm) und Schirm (Teil einer Mütze)
- führen (leiten) und führen (an der Spitze liegen)
- ordentlich (als Eigenschaft einer Person) und ordentlich (als Beschreibung eines Ortes)
Beispiele für Polyseme im Englischen:
- branch (Abteilung) und branch (Ast/Zweig)
- bill (Liste) und bill (Rechnung)
- ticket (Eintrittskarte) und ticket (Strafzettel)
- word (Wort) und word (Nachricht)
- to sink (versinken) und to sink (versenken)
- great (groß) und great (großartig)
Homonyme
Fälschlicherweise werden häufig auch Polyseme als Homonym bezeichnet. Homonoyme sind Wörter, die – abgesehen von der Groß- und Kleinschreibung – gleich geschrieben und auch gleich ausgesprochen werden, aber nicht auf die gleiche sprachliche Wurzel zurückgehen. Homonyme enstanden in der Regel rein zufällig durch sprachlichen Wandel. Ein Beispiel ist das Wort Kiefer, das sowohl den Baum bezeichnen kann, als auch den Knochen: Beide Begriffe gehen auf unterschiedliche alt- und mittelhochdeutsche Wurzeln zurück. Homnyme findet man auch wortartenübergreifend, wie das Beispiel Fest (Feier) und fest (kräftig) zeigt. Trotz ihrer Gleichheit besteht bei den meisten Homonymen aufgrund ihrer inhaltlichen Verschiedenheit in der Regel keine Verwechslungsgefahr. Manche Homnyme bilden auch unterschiedliche Pluralformen (die Banken/die Bänke) oder werden unterschiedlich gebeugt. Manche Homnyme entsehen erst, wenn Wörter umgeformt werden; so etwa bei (Ich bin) gefahren und (hier gibt es viele) Gefahren.
Beispiele für Homonyme im Deutschen:
- Reif (Ring) und Reif (gefrorener Tau)
- Strauß (Vogel) und Strauß (Blumenstrauß)
- lauten (im Sinne von heißen) und Lauten (Plural von Laute)
- arm (nicht reich) und Arm (Körperteil)
- tauen (mit einem Tau befestigen) und tauen (Eis)
Beispiele für Homonyme im Englischen:
- bow (Schleife) und bow (Bogen)
- bank (Kreditinstitut) und bank (Sandbank)
- can (Büchse) und can (können)
- kind (Art/Gatung) und kind (Ware)
Homophone
Homophone sind Wörter, die zwar gleich ausgesprochen, aber unterschiedlich geschrieben werden und meist unterschiedliche Bedeutung haben. Ein klassisches Beispiel im Deutschen sind die Wörter Seite und Saite. Homphone sind auch häufig Grundlage für Worspielereien. Die gleiche Aussprache ergab sich auch hier meist zufällig aufgrund verschiedenster Sprachwandelprozesse. Die englische Sprache ist besonders reich an Homophonen, was selbst bei Muttersprachlern zu Flüchtigkeitsfehlern führen kann; besonders häufig geschieht dies bei your (als Possessivpronomen) und you’re (der Kontraktion aus you und are) sowie bei their (als Possessivpronomen) und there (dort). Eine Besonderheit sind die Wörter ewe(Mutterschaf) und you (du), die sich keinen Buchstaben teilen, aber trotzdem gleich ausgesprochen werden. Im Deutschen führen die Wörter das und dass häufig zu Fehlern. Wegen des Phänomens der Auslautverhärtung werden im Deutschen zudem die Buchstaben d und b als [t] bzw. [p] ausgesprochen, was zu einer Reihe von Homonymen führt (etwa buntund Bund).
Beispiele für Homophone im Deutschen:
- Lärche und Lerche
- Laib und Leib
- mehr und Meer
- heute und Häute
- Tee und t
- Zeh und c
Beispiele für Homophone im Englischen:
- male und mail
- effect und affect
- blew und blue
- aunt (amerikanische Aussprache) und ant
Homographe
Homographe sind relativ selten. Der Begriff bezeichnet Wörter, die zwar gleich geschrieben, aber unterschiedlich ausgesprochen werden. Der Unterschied drückt sich im Deutschen dabei meist in der Betonung aus, wie bei den Wörtern umfáhren („um etwas herumfahren“) und úmfahren („etwas überfahren“). Gelegentlich entstehen Homographe, wenn Fremdwörter verwendet werden, die zufällig wie ein deutsches Wort geschrieben werden; das bekannteste ist hier wohl Montage (Installation) und Montage (Wochentage).
Beispiele für Homographe im Deutschen:
- módern (verwesen) und modérn (angesagt)
- Augúst (Monat) und Aúgust (Name)
- Beinhaltung (Stellung der Beine) und Beinhaltung (Vorhandensein)
Beispiele für Homographe im Englischen:
- tear (Träne) und to tear (reißen)
- I read (ich lese) und I read (ich las)