Ein Kunde hatte mit einem Mobilfunkanbieter einen Handyvertrag abgeschlossen. Anlässlich einer Verlängerung des Mobilfunkvertrages kaufte der Kunde ein vergünstigtes Handy gegen Zuzahlung, ein so genanntes Smartphone, das auch über eine Navigationsfunktion verfügt. Für die Internetnutzung schloss der Kunde jedoch keine Flatrate ab, sondern einen Tarif, bei dem sich die Preise für die Internetnutzung nach der abgerufenen Datenmenge und dem Zeitumfang des Datendownloads richten. Als der Kunde seine Navigationssoftware auf dem Mobiltelefon aktivierte, startete die Software automatisch eine Aktualisierung des vorhandenen Kartenmaterials über das Internet. Der Download des aktuellen Kartenmaterials dauerte mehrere Stunden, ohne dass der Kunde einen Hinweis darauf erhielt, dass die Dauer und die Datenmenge zu einer sehr hohen Rechnung führen würden oder ohne dass der Mobilfunkanbieter die Übertragung abbrach.
Mit der nächsten Rechnung stellte der Mobilfunkanbieter dem Kunden für einen Zeitraum von 20 Tagen einen Betrag von 11.498,05 EUR in Rechnung. Dieser Betrag resultierte im Wesentlichen aus dem Herunterladen des Kartenmaterials für die Navigationsfunktion. Der Kunde weigerte sich, die Rechnung zu bezahlen. Daraufhin verklagte der Mobilfunkanbieter den Kunden. Er stellte sich auf den Standpunkt, der Kunde hätte eine Flatrate für den Datentransfer abschließen können. Er hätte wissen müssen, dass bei dem von ihm gewählten und abgeschlossenen Tarif erhebliche Verbindungsentgelte anfallen, wenn große Datenmengen über einen längeren Zeitraum aus dem Internet geladen werden.
Der Mobilfunkanbieter ist zur Warnung vor Kostenfallen verpflichtet
Das Oberlandesgericht Schleswig hat entschieden, dass der Mobilfunkanbieter seine vertraglichen Nebenpflichten verletzt hatte, als er an den Kunden ein internetfähiges Mobiltelefon verkaufte und den Kunden nicht ausdrücklich vor der Kostenfalle warnte. Nach Auffassung des Gerichts geht der durchschnittliche Kunde davon aus, wenn er ein internetfähiges Mobiltelefon mit Navigationsfunktion erwirbt, dass sich auf dem Mobiltelefon entweder bereits die aktuellen Kartenmaterialien befinden oder, wenn er sich im Rahmen der Installation der Navigationssoftware für einen Download entscheiden muss, um die Navigationssoftware nutzen zu können, dass die automatisch startende Kartenaktualisierung kostenlos ist. Ist das, wie im vorliegenden Fall, nicht so, dann muss der Mobilfunkanbieter als vertragliche Nebenpflichten den Kunden ausdrücklich und nachdrücklich darauf hinweisen, dass durch den langdauernden Download von umfangreichen Kartendaten erhebliche Verbindungskosten entstehen, selbst dann, wenn das Kartenmaterial selbst nichts kostet.
Eine Nebenpflicht im Rahmen eines Mobilfunkvertrages ist nach Auffassung des Gerichts die Pflicht beider Vertragspartner, für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen. Darin eingeschlossen ist die Fürsorgepflicht, Schäden von dem anderen Vertragspartner abzuwenden. Könne der Käufer eines neuen Mobiltelefons mit Navigationsfunktion nicht erkennen, dass das Kartenmaterial für die Navigationssoftware nicht auf dem aktuellen Stand ist, sondern eine Aktualisierung durch das Herunterladen von großen Datenmengen mit entsprechend langem Zeitaufwand erforderlich ist, so muss der Kunde vom Mobilfunkanbieter explizit und nachdrücklich auf die Kostenpflicht der Aktualisierung hingewiesen werden. Dies insbesondere dann, wenn der Kunde, aus welchen Gründen auch immer, keine Flatrate sondern einen Tarif gewählt hatte, bei dem Datenvolumen und Übertragungszeit preisbildend sind, der sich also nur dann rechnet, wenn das Internet ausschließlich sehr geringfügig genutzt wird.
Die Klage wurde im Wesentlichen abgewiesen, der Kunde muss lediglich 36 EUR für die Inanspruchnahme anderer Mobilfunkleistungen zahlen.
Hinweispflichten der Mobilfunkanbieter im Tarifdschungel
Überraschend erscheint an dem Urteil zunächst, dass auf den ersten Blick der Mobilfunkanbieter für die Herstellung der Funktionsfähigkeit mitverantwortlich ist. Das Gericht hätte sich nämlich auch auf den Standpunkt stellen können, der aufgeklärte Verbraucher muss wissen, wenn er ein Smartphone kauft, dass dann ein reger Datenaustausch mit dem Internet stattfindet, mit der Folge, dass Datentransferkosten entstehen. Der Kunde wäre daher gut beraten, einen Internettarif mit einer Flatrate abzuschließen. Grundsätzlich stellt sich hier natürlich schon die Frage, ob nicht Smartphones grundsätzlich mit einer Internetflatrate angeboten werden sollten. Allerdings war in diesem Fall der Mobilfunkanbieter zugleich der Verkäufer des Smartphones. Er war daher verpflichtet, den Kunden über den Kaufgegenstand umfassend zu unterrichten und in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Mobiltelefon kein aktuelles Kartenmaterial enthält, so dass im Zustand, wie das Gerät gekauft wird, die Navigationsfunktion nicht genutzt werden kann.
Die Funktion kann erst genutzt werden, nachdem größere Datenmengen aus dem Internet auf das Gerät geladen wurden. Die Entscheidung des Gerichts ist daher konsequent und richtig, da sie keine überzogenen Anforderungen an die Kenntnis des Käufers stellt, sondern den Verkäufer verpflichtet, über das Produkt sorgfältig und richtig zu unterrichten. Eine andere rechtliche Situation besteht, wenn das Smartphone nicht vom Mobilfunkanbieter sondern von einem Händler ohne Vertrag erworben wird. Der Händler, der das Mobiltelefon ohne Vertrag verkauft, kann keine vertragliche Nebenpflicht aus dem Mobilfunkvertrag verletzen.