Adipositas bei Kindern hat nicht nur langfristig schwerwiegende Folgen für die Gesundheit, sondern kann auch während einer Operation akut zum Risiko werden.
Dicke Kinder leben gefährlich. Und das nicht nur wegen der mit dem Übergewicht einhergehenden Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Asthma, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes, die sich häufig bis ins Erwachsenenalter fortsetzen. Wie Forscher der University of Michigan Health System berichten, treten bei stark übergewichtigen Kindern auch häufiger Komplikationen während eines chirurgischen Eingriffes auf.
Die Studie
2.025 Kinder zwischen zwei und 18 Jahren, die sich einer Operation unterziehen mussten, wurden entsprechend ihrem altersangepasstem Body Mass Index (BMI) in Normalgewichtige (1.380 Kinder), Übergewichtige (351 Kinder) und stark Übergewichtige beziehungsweise Adipöse (294 Kinder) eingeteilt. Da zwischen den normalgewichtigen und den übergewichtigen Kindern kaum Unterschiede zu beobachten waren, wurden diese in einer Gruppe zusammen gefasst und der adipösen Gruppe gegenüber gestellt. Wann Kinder und Jugendliche normalgewichtig, übergewichtig oder adipös sind und wie man dies bestimmt, wird im letzten Absatz beschrieben.
Die Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigten, dass es bei den adipösen Kindern signifikant häufiger zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten während der Operation kam als bei der Vergleichsgruppe. Komplikationen betrafen die Maskenbeatmung, Verlegung der Atemwege und weitere zum Teil schwer wiegende Probleme bei der (Be-)Atmung. Außerdem kam es bei 17 Prozent der adipösen Kinder während der Operation zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut. Bei der Vergleichsgruppe war dies nur bei neun Prozent der Patienten der Fall. Zwar konnten die Ärzte in allen Fällen die Komplikationen meistern, sodass kein Kind bleibende Schäden zurück behielt. Doch zeigen diese Resultate, dass Anästhesisten durch die Verbreitung von Übergewicht bei Kindern vor Schwierigkeiten stehen, die sie bei der Planung und Durchführung ihrer Arbeit zunehmend berücksichtigen müssen, um Risiken für die Kinder zu minimieren.
Definition von Übergewicht und Adipositas mittels altersangepasstem BMI
Um festzustellen, ob Kinder oder Jugendliche übergewichtig oder adipös sind, berechnet man zunächst den Body Mass Index (BMI), indem man das Körpergewicht in Kilogramm durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat teilt. Beispiel: BMI = 30 kg / 1,35 mal 1,35 m = 16,46. Der BMI berechnet die Körpermasse, das heißt die Gesamtheit von Fettmasse, Muskeln, Knochen und Organen. Da mit zunehmender Körpermasse auch die Fettmasse steigt, wird diese positive Korrelation als ausreichend angesehen, um mit einer einfachen Formel die Fettmasse schätzen zu können. Bei Erwachsenen trifft es in der Regel auch zu, dass Änderungen der Körpermasse vor allem durch Änderungen der Fettmasse bedingt sind. Schwieriger ist aber die Beurteilung des BMI-Wertes bei Kindern und Jugendlichen. Denn durch alters- und geschlechtsbedingte Veränderungen der Fett- und der fettfreien Masse während Wachstum und Entwicklung verändert sich auch der BMI. Damit dieser auch für Kinder und aussagekräftig ist, wurden Referenzwerte ermittelt.
Die Referenzwerte beruhen auf einer Stichprobe von über 34.000 deutschen Kindern und Jugendlichen und können grafisch auf den so genannten Perzentilkurven dargestellt werden. Befindet der BMI eines Kindes beispielsweise auf der 97. Perzentile, bedeutet das, dass 97 Prozent der Kinder gleichen Geschlechts und Alters leichter und drei Prozent schwerer sind. Hier, ab der 97. Perzentile, liegt Adipositas vor, ab der 99,5. Perzentile extreme Adipositas. Übergewicht besteht ab der 90. Perzentile. Die grafische Darstellung kann man sich im Internet auf den Seiten von “my BMI 4 kids“ anschauen, einem Projekt der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Dort kann man auch den BMI und die Perzentile für Kinder und Jugendliche berechnen lassen.