Korrektes Verhalten ist nicht nur im Vorstellungsgespräch wichtig. Viele Bewerber glauben, dass eine gut geschriebene Bewerbung und gegebenenfalls ein einigermaßen gutes Benehmen im Vorstellungsgespräch ausreichend sind.
Es gibt jedoch eine Reihe von anderen Anlässen innerhalb eines Bewerbungsverfahrens, bei denen Höflichkeit und Fingerspitzengefühl ebenso wie im Vorstellungsgespräch gefragt sind. Hierzu zählen beispielhaft:
- Absage des Bewerbers, weil er kein Interesse (mehr) an der Stelle hat, beispielsweise, weil er einen anderen Arbeitsplatz gefunden hat oder weil sich seine Erwartungen an den Arbeitsplatz nicht mit denen in der Stellenausschreibung decken
- Absage des Termins zu einem Vorstellungsgespräch; egal, warum der Bewerber nicht erscheinen kann/möchte (Krankheit, kein Interesse mehr an der Stelle, Todesfall in der Familie etc.)
Wenn man einen anderen Arbeitsplatz gefunden hat
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass man dem jeweiligen Arbeitgeber kurz Bescheid gibt, wenn man eine andere Stelle gefunden hat. Dies bietet den Vorteil für etwaige Mitbewerber, dass sie im Nachrückverfahren gegebenenfalls zu einem Gespräch eingeladen werden; gleichzeitig weiß das Unternehmen, dass es den jeweiligen Bewerber beim Auswahlprozess nicht mehr berücksichtigen muss.
Es zeugt von schlechtem Benehmen und sagt jede Menge über das zu erwartende Sozial- und Arbeitsverhalten eines Bewerbers in der Firma aus, wenn dieser ohne Absage nicht zu einem Vorstellungsgespräch erscheint und stattdessen seine Gesprächspartner auf sich warten lässt, die sicherlich extra Zeit für ihn und das Gespräch reserviert haben. Es ist grundlegend falsch, nach dem Motto zu handeln „Die merken schon, wenn ich nicht komme.“
Keine moralischen Belehrungen
Sollte sich im Vorstellungsgespräch herausgestellt haben, dass man kein Interesse mehr an dem Arbeitsplatz hat, weil man im Gespräch festgestellt hat, dass die Anforderungen des Unternehmens nicht mit den eigenen Interessen und/oder Fähigkeiten konform gehen, so sollte man auch dies offen sagen. Es ist jedoch anmaßend und arrogant, dem Arbeitgeber einen moralischen Vortrag zu halten und womöglich noch Empfehlungen zu geben, wie dieser seine Stellenausschreibungen besser formulieren sollte.
Unschöne Eigentore
Der Bewerber schießt sich in diesem Fall direkt zwei Eigentore – zum Einen spielt er sich in unangemessener Weise als Besserwisser und Moralapostel auf, zum Anderen wird in diesem Zusammenhang oft deutlich, dass der Bewerber keine Ahnung von dem hat, über das er sich verbal oder schriftlich äußert und vielfach auch nicht richtig im Vorstellungsgespräch zugehört hat, als ihm sein potentieller Arbeitsplatz und Aufgabenbereich erläutert wurde. Es wirkt geradezu lächerlich, wenn ein Sekretariat, in dem zukünftig drei Personen arbeiten sollen, von einer Bewerberin im Absageschreiben als Großraumbüro deklariert wird.
Genauso lächerlich ist, wenn an die Bewerberin unter anderem die Anforderung gestellt wird, Texte auf Fehlerfreiheit und guten sprachlichen Stil zu prüfen beziehungsweise auch zu korrigieren und sie die Stelle mit der Begründung ablehnt, dass sie Sekretärin sei und keine Bürogehilfin, zudem noch in Verbindung mit der Empfehlung, dass das Unternehmen in der Stellenausschreibung statt des Begriffs „Teamassistentin“ das Wort „Bürohilfe“ verwenden solle. Hier zeigt sich deutlich, dass der Bewerberin offensichtlich der Unterschied zwischen einer Assistentin/Sekretärin und einer Bürogehilfin nicht wirklich deutlich ist, gleichzeitig wird jedoch klar, dass sie vom Inhalt des Vorstellungsgesprächs und der Arbeitsplatzbeschreibung nicht allzu viel verstanden hat.
Was du nicht willst, das man dir tu …
Viele Stellensuchende beklagen sich, dass sie seitens der Unternehmen gar keine Reaktion auf ihre Bewerbung erhalten oder unhöfliche, nichtssagende Standard-Absagen bekommen, teilweise noch mit verknickten und verhunzten Unterlagen, die sie ursprünglich einmal in akurater Form eingereicht hatten. Die Verärgerung der Bewerber über solche Dinge ist mehr als verständlich. Dennoch gibt dies keinem Stellensuchenden das Recht, sich gegenüber Firmen und somit potentiellen Arbeitgebern unhöflich, ignorant oder anmaßend zu verhalten. Die Bewerber sollten also die Höflichkeit, die sie von den Unternehmen erwarten, erst einmal selbst an den Tag legen.
Förderung von Vorurteilen
Durch Aussagen wie „Eigentlich interessiert mich der Arbeitsplatz gar nicht, aber das Arbeitsamt hat mir Ihr Stellenangebot zugeschickt, da musste ich mich ja bewerben…“ wird dem weit verbreiteten Vorurteil Vorschub geleistet, dass Arbeitslose in Wirklichkeit kein Interesse an einer neuen Stelle haben, sondern sich ihr Leben lieber beschaulich mit ALG I/Hartz IV einrichten und den Tag lieber in irgendeiner Weise verpennern – sei es, zuhause vor dem Fernseher oder in der Kneipe. Durch derartige Aussagen werden somit auch arbeitswillige Arbeitslose in Verruf gebracht.
Konsequenzen aus unhöflichem Verhalten im Bewerbungsprozess
Es kann durchaus vorkommen, dass das Unternehmen nicht auf Anhieb einen geeigneten Kandidaten für die zu besetzende Stelle findet oder dass später noch einmal eine ähnliche Vakanz zu besetzen ist. In diesem Fall greifen Firmen gerne auf Bewerber zurück, die sich schon einmal dort beworben haben und die ihnen in angenehmer Erinnerung geblieben sind, auch wenn sie die Stelle nicht bekommen haben. Mit unhöflichem, anmaßendem Benehmen erreichen Stellensuchende jedoch eher, dass sie bei zukünftigen Vakanzen des Unternehmens keine Berücksichtigung mehr finden und bringen sich somit um eine zusätzliche Chance auf einen Arbeitsplatz.