Mit Wärme lassen sich Töne erzeugen, die wiederum in Elektrizität umgewandelt werden können. Steht eine lautstarke Revolution auf dem Strommarkt bevor?
Es müssen nicht immer brandneue wissenschaftliche Erkenntnisse sein, die heutzutage etwas zu bewegen vermögen. Die Thermoakustik an sich ist zum Beispiel eine altehrwürdige Wissenschaft. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts formulierten Wissenschaftler wie Lord Ralyleigh oder der niederländische Physiker P.L. Rijke wichtige Gesetzmäßigkeiten. Das nach ihm benannte Rijke-Rohr konnte verwendet werden, um Wärme in Töne umzuwandeln. Nun bahnt sich eine Renaissance der alten Prinzipien an. Orest Symko, Physikprofessor an der University of Utah, will sich nämlich genau dieses Prinzip zunutze machen, um aus überschüssiger Wärme Elektrizität zu erzeugen – und auch andere Projekte erinnern sich an die Grundlagen der Thermoakustik.
Bereits seit 2005 beschäftigt sich Symko mit dem Problem, wie man besonders effektiv elektronische Bauelemente kühlen kann. Im Rahmen dieser Arbeiten bezog er auch die Thermoakustik in seine Überlegungen ein. Recht bald kam er dabei auf den Gedanken, die Wärme zunächst in Töne umzuwandeln, wie sein Kollege Rijke es bereits getan hatte, und aus den Tönen dann in einem weiteren Schritt Elektrizität zu gewinnen.
Spezielle Resonatoren sorgen für die Töne
Die Umwandlung von Wärme in Töne findet bei Rijke noch in einem Rohr statt, das ungefähr einen Meter lang ist. Derartige Dimensionen waren natürlich für Symkos angestrebte Anwendungen nicht brauchbar. Er musste also einen Weg finden, das Ganze auf einen wesentlich kleineren Raum zu bewerkstelligen. Um das zu erreichen, füllte er kleine Röhren, die sogenannten Resonatoren, mit einem „Stapel“ eines Material, das eine große Oberfläche aufweist. Er experimentiert hier mit verschiedenen Materialien wie Metallen, Kunststoff, aber auch Glasfasern, Baumwolle oder Stahlwolle. Platziert werden diese Materialien zwischen zwei Wärmetauschern. Führt man dem System nun von einer Seite Wärme zu und erreicht diese Wärme schließlich einen bestimmten Grenzwert, wird die Luft in der Röhre in Schwingungen versetzt und es entsteht ein Ton. Man kann sich das Ganze durchaus ein wenig so vorstellen wie bei einem Teekessel.
Piezoelemente erzeugen den Strom
Symko zeigt sich von diesem Vorgang immer wieder fasziniert. „Auf der einen Seite hat man Wärme, ein völlig ungeordnetes und chaotisches System, und ganz plötzlich erhält man einen einzelnen Ton.“ Dabei produzieren lange Resonatoren tiefe Töne, Kurze sind für die hohen Töne verantwortlich. Diese Töne leitet Symko dann zu einem piezoelektrischen Element, das durch die Schallwellen verformt wird und sie dadurch in Elektrizität umwandelt.
Nun gehe es darum, die Apparate noch weiter zu optimieren, meint Symko, sodass beispielsweise der Ton bereits bei geringeren Temperaturen generiert wird. Er geht aber davon aus, dass in spätestens zwei Jahren die Serienreife erreicht sein dürfte. Dabei sieht er durchaus unterschiedliche Anwendungsgebiete für seine Entwicklung. Neben einem Einsatz im militärischen Bereich (das Forschungsvorhaben wird maßgeblich von der US-Army finanziert), wo seine Entwicklung die Abwärme von Radaranlagen zum Energieproduktion nutzen soll, sieht er sie durchaus auch als Alternative zu Solarzellen. Außerdem möchte er sie einsetzen, um Laptops und Computer zu kühlen und um die Abwärme von Kernkraftwerken ebenfalls nutzbar machen zu können.
Ein Prinzip für den praktischen Einsatz
Etwas wenigen martialisch, aber dafür dem gleichen physikalischen Prinzip verpflichtet, geht es bei dem multinationalen Projekt SCORE (Stove for cooking, refrigeration und electriciy) zu. In diesem Projekt arbeiten Wissenschafter an der Entwicklung eines holzbefeuerten Generators, der außerdem zum Kochen und Kühlen von Nahrung geeignet ist. Das Gerät soll vor allem in ländlichen Gebieten Afrikas und Asiens zum Einsatz kommen, in denen es nahezu keine Stromversorgung gibt.
Bei SCORE entsteht die Wärme durch Verbrennung von Biomasse und wird nicht nur zum Kochen verwendet, sondern auch zu einem Rohr geleitet, das sie wiederum in einen Ton umwandelt. Bei Geräten dieser Größenordnung kommen nun allerdings keine piezoelektrischen Elemente zu Einsatz, um den Ton in Elektrizität umzuwandeln. Dies bewerkstelligt ein linearer Alternator. Durch die Schallwellen wird in diesem Apparat ein Magnet innerhalb einer Spule bewegt und so ein Strom induziert. Im Prinzip ist dies mit der Funktionsweise eine Mikrophons vergleichbar.
„Ein Multizweckgerät auf Basis der Thermoakustik, betrieben mit Biomasse, ist bisher noch nie da gewesen,“ meint Arthur Jaworski, Juniorprofessor an der „School of Mechanical, Aerospace and Civil Engineering“ der University of Manchester. Die Vorteile dieser Technologie liegen seiner Meinung nach auf der Hand: eine verbesserte Hygiene, eine verbesserte Umweltsituation und noch weitere bislang ungeahnte Möglichkeiten. Allerdings sei die Technologie bislang noch sehr teuer. Sollte sich hier aber künftig eine Kostenersparnis realisieren lassen, könnte SCORE zu einem wirklich viel versprechenden Projekt werden.