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Hilfe für Schwerhörige

Der Eutiner Dr. Pistor schuf die heutigen Bildungseinrichtugen

Der Beruf des Hörgeräteakustikers ist gerade einmal ein halbes Jahrhundert alt. Seither hat die in Lübeck ansässige Berufsakademie die Angehörigen dieses Berufs geschult.

Am Anfang der Nachwuchsschulung für Hörgeräteakustiker stand ein Eutiner: Dr. Werner Pistor. Er betrieb außer in der ostholsteinischen Kreisstadt selbst in Neustadt und Oldenburg Augenoptikerfirmen. Als Anfang der 1950er Jahre elektrische Hörhilfen zunehmend auf den Markt kamen, erkannte er die Bedeutung dieses neuen Wirtschaftszweiges.

Er setzte auf die Nachwuchsschulung – für die in Travemünde ein Ausbildungszentrum für die Bundesrepublik entstand – und kümmerte sich um Standesbelange. Er gründete eine Innung für dieses Handwerk und veranlasste 1960 die Gründung der Union der Hörgeräteakustiker, der er selbst ein Vierteljahrhundert vorstand. Als 1965 das Handwerk weltweit als erstes als Ausbildungsberuf anerkannt wurde, war dies weitgehend sein Verdienst. In den 1970er Jahren wurde dieser Beruf vom reinen Handwerk auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt.

1949 wurde der Deutsche Schwerhörigenbund gegründet

Nachdem bereits 1949 der Deutsche Schwerhörigenbund gegründet worden war, wurden 1952 durch den neuen Deutschen Hörmittel-Ring erstmals Qualitätsstandards für „Hörgeräte –Institute“ vorgegeben: Eine Anpasskabine, ein Verkaufsraum, ein Büro, ein Audiometer und ein Tonband mit Sprache für vergleichende Hörgerätetests. Eine erste Bundestagung zum Thema Hörgeräte gab es 1960. Ein Abkommen regelte erstmals die Aufgabenverteilung von Hals-Nasen-Ohrenarzt und Hörgeräteakustiker. 1966 wurde dann auf Veranlassung von Dr. Pistor die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker gegründet, der ein Jahr später die Fördergemeinschaft Gutes Hören folgte.

Akademie für Hörgeräteakustik

1972 entstand in Lübeck die Akademie für Hörgeräteakustik, an der seither rund 6000 Gesellen und 1500 Meister ausgebildet worden sind. Inzwischen leistet die Akademie weltweit Entwicklungshilfe. 1987 schlossen sich vierzehn Hörgeräte-Hersteller zur Vereinigung der Hörgeräte-Industrie zusammen.

1960 gründete der umtriebige Dr. Pistor in Würzburg als europäische Standesvertretung der Hörgeräteakustiker die „Europäische Union der Hörgeräteakustiker“. 25 Jahre lang war er auch deren Vorsitzender. 1960 richtete diese Standesvertretung einen ersten Internationalen Kongress aus, der inzwischen als der weltweit bedeutendste der Branche gilt. Anfänglich trat er zweimal im Jahr zusammen.

Alle Altersschichten betroffen

Hörminderungen betreffen in unserer Zeit nicht nur Menschen im fortgeschrittenen Alter, sondern treten in allen Phasen des Lebens auf – selbst bei Kindern. Werden diese Schäden nicht therapiert, sind die Folgen oftmals fatal: Von schulischen und beruflichen Schwierigkeiten bis zur sozialen Isolation.

Dabei gibt es vielfältige Hilfen. Hörsysteme sind heute nicht nur immens vielfältig, sondern werden vor allem immer kleiner, leistungsfähiger, komfortabler und natürlicher im Klang. Auch optisch beeinträchtigen sie den Träger immer weniger. Darüber hinaus können sich die Systeme heute automatisch auf verschiedene Hörsituationen einstellen. Sie sind sogar immer besser in der Lage, Sprache von Umgebungslärm zu unterscheiden, herauszufiltern und zu verstärken sowie Störgeräusche zu unterdrücken. Um optimal zu arbeiten, müssen diese Systeme vom Fachmann angepasst werden – eine Entwicklung, die Dr. Werner Pistor mit großer Weitsicht vorausgeahnt hat.

Hörhilfen sind in Deutschland schnell zu bekommen

Das deutsche Gesundheitssystem ist offenbar nicht ganz so schlecht, wie oft behauptet . Dies belegt eine Studie der „Fördergemeinschaft gutes Hören“. In Deutschland kann jeder praktisch von heute auf morgen sein Gehör bei einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder einem Hörgeräteakustiker prüfen lassen. Bei Hörproblemen stehen eine Fülle von Geräten und Systemen zur Auswahl. Eine Grundausführung wird von den Kassen bezahlt.

Eine solche Möglichkeit ist in Europa keineswegs selbstverständlich. In England sind für die Gehörprüfung die Krankenhäuser zuständig. Die führen lange Wartelisten. Durchschnittlich stehen darauf 135 000 Patienten. Entsprechend lang ist die Wartezeit. Und wird dann festgestellt, dass ein Hörgerät erforderlich ist, dauert es durchschnittlich elf Monate, bis das entsprechende Gerät angepasst ist .Wird gar ein volldigitales System benötigt, beträgt die Wartezeit sogar fünf Jahre.

Besser, aber keineswegs befriedigend ist die Situation in Skandinavien. Im benachbarten Dänemark warten die Menschen durchschnittlich zehn Monate. Es können auch zwei Jahre werden. Abhilfe versprechen private Institute, für deren Arbeit die staatlichen Gesundheitssysteme aber nichts zahlen. Auch die Geräte müssen dann voll aus eigener Tasche bezahlt werden.

Neuentwicklung von Siemens

Auf diesen Märkten hätte das im vorigen Herbst von Siemens vorgestellte, leistungsstärkste Mini-Hörgerät der Welt kaum Aussichten. Das Gerät „Nitro“ soll auch starke Hörverluste ausgleichen und kann bis zu 70 dB verstärken. Es wird vollkommen in den Gehörgang integriert. Es soll demnächst in Deutschland und vielen europäischen Ländern eingeführt werden. Bisher konnten in dieser Bauweise nur leichte und mittlere Hörverluste ausgeglichen werden. Bei dem neuen Gerät werden unerwünschte Nebengeräusche unterdrückt. Das Geräuschumfeld wird ständig analysiert und Hintergrundgeräusche nach ihrer Bedeutung sortiert.