Das Standardmodell der Physik wurde bisher experimentell nicht widerlegt. Fast alle Teilchen dieses Modells konnten in Experimenten nachgewiesen werden. Nur ein Baustein entzog sich bisher seiner Beobachtung: das auch als Gottesteilchen bezeichnete Higgs Boson.
Nun läuft seit etwa einen Jahr beim CERN der „Large Hadron Collider (LHC)“. Und die Welt ist nicht, wie von Pessimisten prophezeit, von einen dort entstandenen schwarzen Loch verschlungen worden. Sondern mit seinen Detektoren ATLAS und CMS ist man dort auf der Suche nach dem Higgs Teilchen. Und am 13. Dezember 2011 werden erste Resultate dazu vorgestellt.
Wo kommt die Masse her?
Ein zentrales Problem der Teilchenphysik ist die Frage wie die Elementarteilchen zu ihrer Masse kommen. Bei einem Vergleich der Elementarteilchen fällt auf, dass diese sich hinsichtlich ihrer Massen um viele Größenordnungen unterscheiden. So haben die Neutrinos, die wegen scheinbarer Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit gerade ins öffentliche Interesse geraten sind, nach heutiger Kenntnis eine Masse von Bruchteilen eines eV. Dagegen ist das Top Quark fast 200 Milliarden Mal so schwer als ein Neutrino. Enorme Unterschiede gibt es auch zwischen den Massen der Teilchen, durch deren Austausch die Kraftwirkungen vermittelt werden. Diese so genannten W und Z Teilchen als Träger der schwachen Wechselwirkung haben rund 100-mal größere Massen wie ein Proton. Das Photon als Träger der elektromagnetischen Kraft hat dagegen keine Masse. Diese enormen Unterschiede lassen sich nicht ohne weiteres erklären. Denn in dem Standardmodell sind die Massen aller Teilchen sind freie Parameter. Sie können nicht aus der Theorie heraus ermittelt werden. Dieses Problem löst auch der Higgs Mechanismus nicht. Doch macht er zumindest eine Beschreibung der Massen möglich.
Der Higgs Mechanismus
Das Standard Modell kannte in seiner ursprünglichen Formulierung keine Massen. Die Existenz von mit Masse behafteter Teilchen stand sogar im Widerspruch zu ihm. Der so genannte Higgs-Mechanismus bietet eine Lösung für dieses Problem.
1964 wurde das Higgs Boson fast zur selben Zeit von Peter Higgs und von François Englert und Robert Braut sowie von Tom Kibble, Carl R. Hagen und Gerald Guralnik vorhergesagt. Das Higgs Boson oder Higgs Teilchen ist danach ein Elementarteilchen des Standardmodells.
Für den Higgs-Mechanismus ist das Vakuum nicht leer. Sondern ein Hintergrundfeld, das mit einer zähen Flüssigkeit vergleichbar ist, füllt es aus. Durch ihre Bewegung in diesem Feld werden die eigentlich masselosen Teilchen abgebremst. Dieses Bremsen verleiht den Teilchen ihre Masse. Bei der Betrachtung der Massen zusammengesetzter Teilchen ist noch die Bindungsenergie zu beachten.
Das Higgs Teilchen
Dieses von Higgs u. a. postulierte Hintergrundfeld ist mit einem Teilchen verknüpft, dem so genannten Higgs Boson. Das konnte bisher in Experimenten nicht beobachtet werden. Aus den bisherigen Experimenten ergibt sich, dass das Higgs Teilchen eine Masse von mehr als 114 GeV haben muss. Andere Resultate aus Experimenten am LHC sprechen dafür, dass seine Masse unter 145 GeV liegen muss. Und im Bereich um 125 GeV sollen nun beim CERN erste Hinweise auf das Higgs Teilchen gefunden worden sein. Und zwar in den beiden Detektoren ATLAS und CMS. Zwar spricht das CERN nur von Hinweisen und wird Genaues erst am 13. Dezember verkünden. Dann wird sich zeigen, ob weiter nach dem Higgs Teilchen gefahndet wird oder das Standardmodell der Physik der Elementarteilchen zu überarbeiten ist.