Modische Kleidung und Trends sind ein Zeichen von Wohlstand. Können alle daran teilhaben? Oder ist Mode auch Herrschaft der Reichen?
Die Frau – insbesondere die deutsche, und erst der deutsche Mann – kümmerten sich noch vor fünfzig Jahren verhältnismäßig wenig um Mode. Haushalt und Kindererziehung beanspruchten die Frau, der Beruf den Mann. Für Äußeres war nur wenig Zeit. Hinzu kam die weitverbreitete Ansicht, eine elegante gepflegte Frau sei etwas Unmoralisches; man sah in Mode und Make-up Zeichen von Selbstsucht und Leichtfertigkeit, die auf Kosten der Familie gingen. Gepflegten Männern wurde leicht unterstellt, homosexuell zu sein.
Vor noch wenigen Jahrzehnten zählte die Frau über Dreißig zu den Matronen. Sie hatte sich in gedeckten, dunklen Farben zu kleiden und – Nonnen ähnlich – dem weltlichen Leben zu entsagen. Schwarz, Grau und Braun dominierten. Heute sieht man schlanke, fröhliche Vierzigjährige beschwingt neben ihren zwanzigjährigen Töchtern. Oft werden sie für Schwestern gehalten. Die Frau von heute, gleichgültig ob junges Mädchen oder ältere Dame, ob Hausfrau oder Berufstätige, widmet ihrer äußeren Erscheinung große Aufmerksamkeit und Pflege.
Mode für alle
Die Einstellung hat sich also mit fortschreitender Emanzipation und wachsendem Wohlstand grundlegend gewandelt. Durch Vergleichsmöglichkeiten mit Frauen anderer Länder und durch die Erfindung und Vervollkommnung synthetischer Stoffe, die auch bei geringen Mitteln modischen Chic ermöglichen, ist ein Teil der Mode auch breiteren Bevölkerungskreisen zugänglich. Auch ist Mode nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer ein Thema.
Mode wird konsumiert
Modezeitschriften, Messen und Modeschauen verbreiten die neuesten Modetendenzen. Diese sind einem immer schnelleren Wandel unterworfen. Dahinter steht eine mächtig angewachsene Textil- und Bekleidungsindustrie, die gemeinsam mit dem Handel Entwürfe der Haute Couture aus New York, Paris, Rom, London, Berlin oder München – manchmal vereinfacht und als Konfektion – auch dem breiten Publikum zugänglich macht.
Trotz des vielseitigen Angebots der Modeindustrie, die – fast – jedes Alter und jede Figur berücksichtigt, wissen viele Menschen jedoch nicht, was sie tragen können. Geld zu haben, heißt keineswegs einen guten Geschmack zu haben. Nicht nur Männer leisten sich modische Fehltritte. Frauen und Männer mit Geschick und ein wenig Raffinement sehen in Selbstgemachtem oder den im Kaufhaus erworbenen Kleidungsstücken oft schicker aus als jene, die nur Modelle der Haute Couture und wertvollen Schmuck tragen. Zum modischen Chic gehört ein sicherer Sinn für Farben und passende Accessoires.
Mode ist vergänglich
Unter Mode wird ein Brauch, eine Sitte zu einer Zeit, meist gerade die heutige Zeit, bezeichnet, insbesondere im Hinblick auf die Art sich zu kleiden und sich zu frisieren. Mode oder Moden sind das, was dem herrschenden Zeitgeschmack entspricht. Wenn Mode herrscht, ist das emanzipatorisch? Mode – als englisches Wort, auch in der technischen Sprache üblich: mode – ist eine Schwingungsform, was deutlich macht, wie vergänglich sie einerseits ist, aber auch, dass Mode wieder kommen kann, wie eine Welle. Ist Mode nur ein konsumzyklisches Auf und Ab? Das lateinische Adverb modo meint zeitlich „eben erst“ oder „eben noch“. Also gerade in Mode und schon wieder out. Das lateinische Hauptwort modus bezeichnet das Maß, auch die Quantität oder Größe. Ein Moderator ist ein Lenker und Leiter; moderieren heißt aber auch mäßigen, maßvoll und besonnen handeln.
Es ist sicherlich ebenso falsch, aus unmodischer Kleidung auf ein reiches Innenleben zu schließen, wie in der Befolgung neuester Modetrends auf den Bildungsstand oder die Brieftasche zu schließen.