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Haben Sie Laktoseintoleranz? Jeder 4. hat sie, ohne es zu wissen

In Deutschland und Österreich vertragen 25 % der Menschen keinen Milchzucker. Bis die Diagnose steht, ist es ein weiter Weg. Es gibt wirkungsvolle Abhilfe.

Wenn die Diagnose Laktoseintoleranz gestellt wird, bricht für den Patienten oft eine Welt zusammen. Oder er freut sich, dass es nichts Schlimmeres ist. Ein Bericht zu den Symptomen und dem Feststellen der Milchzuckerunverträglichkeit.

In Deutschland und Österreich haben bis zu 25% der Bevölkerung Laktoseintoleranz

Obwohl Laktoseintoleranz, oder auf deutsch Milchzuckerunverträglichkeit, in der europäischen Gesellschaft recht weit verbreitet ist, wird bei sehr wenigen Patienten auf Anhieb die richtige Diagnose gestellt. Laut weltweiten Studien verträgt in Asien und Afrika bis zu 90% der Bevölkerung keinen Milchzucker! Es fällt auf, dass bspw. die asiatische Küche vollständig ohne Milchprodukte auskommt. In den europäischen Mittelmeerländern sind es teilweise deutlich über 30 % bis 50 %, in Deutschland und Österreich haben noch immer 15 % bis 25 % der Gesamtbevölkerung Milchzuckerunverträglichkeit. Nur wissen es die Patienten oft jahre- oder jahrzehntelang selbst nicht.

Was ist Laktoseintoleranz (LI)?

Laktoseintoleranz ist keine Milchallergie! Im menschlichen Dünndarm spalten Enzyme namens Laktase den in Milch enthaltenen Milchzucker in die Zuckerarten Glukose und Galaktose auf. Bei Menschen, bei denen zu wenig oder gar keine Laktaseenzyme produziert werden, kann diese simple Aufspaltung nicht durchgeführt werden. Als Resultat gelangt der Milchzucker ungespalten in den Dickdarm, wo er von Bakterien abgebaut wird. Dabei bilden sich neben Fettsäuren auch Kohlenstoffe, Wasserstoffe und Methan; weiters wird relativ viel Wasser im Darm gebunden. Ein Teil der Gase wird auch in die Lunge transportiert und kann unter anderem auch dort nachgewiesen werden. Laktoseintoleranz ist also eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die durch die zu geringe Anzahl von Dünndarmenzymen hervorgerufen wird.

Ich mag Milch, aber Milch mag mich nicht – Die Symptome

Typische Anzeichen dafür, dass im Darm des Patienten nicht genügend Laktaseenzyme produziert werden, wären ein aufgeblähter Bauch, gesteigerte Darmbewegungen, Bauchschmerzen (leicht bis hin zu krampfartigen Schmerzen) und besonders unangenehm: Durchfall, der immens stark sein kann und auch stundenlang anhält. Wenn jemand mit diesen Symptomen zum Arzt geht, werden zunächst sonstige organische Ursachen ausgeschlossen. Wenn der Arzt erfahren ist, wird er auch an eine Nahrungsmittelunverträglichkeit denken und Blut- und/ oder Atemtests durchführen (lassen). Falls sich die Diagnose Laktoesintoleranz erhärtet, ist dies für viele Patienten oft das Ende eines langen medizinischen Irrweges, voll von Fehldiagnosen. Ein LI-Patient berichtet darüber, dass ein Facharzt zu ihm gesagt habe, dass er wohl an Porphyrie (seltene, unheilbare Stoffwechselerkrankung, bei der roter Blutfarbstoff nicht ausreichend vorhanden ist) erkrankt sei. Durch diese unbedacht formulierte Aussage des Mediziners über eine unheilbare Krankheit, wurde der junge Mann in Angst versetzt. In Wirklichkeit hatte er einfach nur Milchzuckerunverträglichkeit. Einige Untersuchungen, Magen- und Darmspiegelungen später wurde schließlich durch einen Bluttest die richtige Diagnose gestellt. Dieses tatsächliche Beispiel steht wohl stellvertretend für viele andere Patienten, bei denen LI sehr spät erkannt wurde.

Nie wieder Käse, Milch, Schokolade oder Joghurt?

Grundsätzlich gibt es verschiedene Schweregrade der Laktoseintoleranz. Aber die einzige Möglichkeit, wirklich beschwerdefrei zu leben, wäre das Verzichten auf milchzuckerhaltige Produkte. Und das heißt nicht nur, nie wieder Milch, Joghurt und Käse. Laktose wird als billige Zuckerart in der modernen Lebensmittelindustrie geradezu exzessiv verwendet. In Salami, Fast Food, Fertigprodukten (bspw. Pizza etc.), in vielen Aufschnitten, natürlich in Süßigkeiten, in Aufstrichen, in Produkten mit Molke als Inhalt… Die Liste ließe sich beliebig lange fortsetzen.

Glücklicherweise gibt es, im Vergleich zum Zeitraum vor etwa 10 Jahren, heute sehr viele laktosefreie Produkte. Dabei wird die Laktose bereits bei Erzeugung in Glukose und Galaktose gespalten. Dadurch schmecken die speziell gekennzeichneten Milchprodukte ein wenig süßlicher. Deshalb werden sie auch von gesunden Menschen gerne gekauft. Einige Firmen haben sich auf laktosefreie Produkte spezialisiert und bieten verschiedenste Joghurt- und Käsesorten, Kuhmilch, Pudding, Rahm, Obers etc. an. Und dabei sind diese speziellen Produkte gar nicht viel teurer als herkömmliche.

Da aber der LI- Patient in der Arbeit, bei Empfängen, auf Ausflügen, auf Feiern, am Buffet etc. nicht immer milchzuckerfreie Produkte bekommen kann, gibt es auch Pillen aus der Apotheke. In diesen sind Enzyme enthalten, die vor der Mahlzeit dem Körper oral zugeführt werden. Dadurch kann meistens laktosehältige Nahrung sehr gut verdaut werden. Sollte dies trotzdem nicht der Fall sein, so werden wenigstens die Symptome gelindert. Ein etwaiger Nachteil ist der relativ hohe Preis dieser Medikamente (etwa 17 Euro für 100 Tabletten; pro laktosehältiger Mahlzeit müssen bis zu vier Pillen eingenommen werden).

Da Laktoseintoleranz oft mit anderen Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Fruktose- oder Histamintoleranz einhergeht, wird auch eine Abklärung in diese Richtung von den Medizinern empfohlen.