Glucosamin-Sulfat wirkt bei Coxarthrose nicht besser als Placebo. GOAL-Studie: Eine Nahrungsergänzung mit Glukosamin schützt bei Hüft-Arthrose nicht besser vor Schmerzen und degenerativen Prozessen des Knorpels als ein Scheinpräparat.
Vor etwa 30 Jahren wurde die Hypothese aufgestellt, dass mit Glucosamin-Sulfat der degenerative Abbauprozess des Knorpels verhindert werden könne – ein therapeutischer Herzenswunsch vieler Arthrose-Patienten und Orthopäden wäre in Erfüllung gegangen. Da erste Beobachtungen und Studien vielversprechende Daten lieferten, hofften viele Arthrose-Patienten durch eine Nahrungsergänzung mit Glucosamin-Sulfat die degenerativen Prozesse in Wirbelsäule, Hüfte und Knie verhindern zu können. Doch moderne Studien, welche nach so genannten evidenzbasierten Richtlinien durchgeführt wurden, zeigen momentan, dass der therapeutische Herzenswunsch eventuell ein Luftschloss war: Die GAIT-Studie aus dem Jahr 2006 und deren Zusatzstudie aus dem Jahr 2008 konnten an Patienten mit Knie-Arthrose keinen Unterschied zwischen Scheinpräparat, Glucosamin und Chondroitin erkennen: weder bei der Linderung des Schmerzes – noch bei der Verminderung des degenerativen Prozesses.
GOAL-Studie: Schützt Glucosamin vor Hüft-Arthrose?
Dr. Rianne M. Rozendaal vom Erasmus Medical Center in Rotterdam und weitere Mitarbeiter untersuchten im Rahmen der GOAL-Studie die Daten von 222 Patienten mit Hüft-Arthrose. Die Arthrose-Patienten waren durchschnittlich etwa 63 Jahre alt, davon ungefähr 70 Prozent Frauen. Die „Glucosamine in Osteoarthritis: Longterm Effectiveness study“ ist die erste mit Scheinpräparaten kontrollierte Langzeit-Studie, die sich speziell der Hüft-Arthrose widmet. Die Studie sollte untersuchen:
- ob sich mit Glucosamin gegenüber dem Scheinpräparat die Schmerzen stärker lindern lassen und sich die Bewegung der Patienten verbessert,
- und wie stark sich der Gelenkspalt an der Hüfte im Zeitraum der Untersuchung verschmälert.
Etwa die Hälfte der Patienten hatten nach radiologischer Beurteilung eine milde Arthrose nach dem Kellgren/Lawrence-Score von 1, aber insgesamt erfüllten alle Patienten die Studien-Richtlinien nach den Kriterien des „American College of Rheumatology“. Der Kellgren/Lawrence-Score (KL-Score) wird seit 1961 zur Bestimmung des Arthrosegrades von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen und auch von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädischen Chirurgie benutzt. Im Frühstadium der Arthrose können radiologische Anzeichen fehlen: Bei einem KL-Score von 1 zeigen sich erste Anzeichen von Osteophyten im Röntgenbild, bei einem K/L-Score von 2 ist das „Knochengewächs“ deutlich gewachsen und kann die Beweglichkeit einschränken.
Glucosamin-Sulfat oder Scheinpräparat
Jeder der Studienteilnehmer der GOAL-Studie erhielt nach einer zufälligen Auswahl als Nahrungsergänzung über eine Dauer von zwei Jahren täglich entweder:
- einmal 1.550 Milligramm Glucosamin-Sulfat (zwei 750 Milligramm-Tabletten),
- oder ein Scheinpräparat (Placebo).
Glucosamin-Sulfat oder Placebo – keine signifikanten Unterschiede
Die beiden Studien-Gruppen wurden statistisch nach dem so genannten „Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index“ (WOMAC) ausgewertet: der Index gilt momentan als Standard-Werkzeug, um Schmerzen und Beschwerden am Gelenk zu erfassen. Es zeigte sich kein bedeutsamer Unterschied im WOMAC-Score zwischen den Patienten die zwei Jahre lang Glucosamin-Sulfat oder ein Scheinpräparat zu sich genommen hatten. Auch bei der Auswertung der radiologischen Daten zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Placebo- und Glucosamin-Gruppe: der Gelenkspalt des Hüftgelenks verschmälerte sich im gleichen Ausmaß.