Besser verträglich oder doch ein Risiko bei Lebensmittel-Allergien? Oft müssen Nahrungsmittel-Allergiker auf das jeweils unverträgliche Lebensmittel verzichten. Entstehen mithilfe der Gentechnik besser verträgliche Nahrungsmittel?
Während gegen Heuschnupfen bereits therapeutisch und medikamentös vorgegangen werden kann, haben Nahrungsmittel-Allergiker immer noch das Nachsehen. Sie müssen oft auf das unverträgliche Lebensmittel nahezu vollständig verzichten. Meist sind bereits Spuren des Allergens ausreichend, um eine allergische Reaktion oder sogar einen anaphylaktischen Schock hervorzurufen. Handelt es sich bei den nicht verträglichen Nahrungsmitteln um Zutaten, die in vielen verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen, ist die Auswahl der Lebensmittel für den Nahrungsmittel-Allergiker häufig extrem begrenzt.
Aller-gen-arme Nahrungsmittel
Mit einem neuen Gentechnik-Verfahren können zukünftig Obst und Gemüse für Allergiker verträglicher gemacht werden. Wie schon der Versuch an Tomaten und Äpfeln zeigte, ist diese Technik ausgereift, doch die Verbraucher lehnen solches Genfood immer noch weitgehend ab. Zu groß ist die Skepsis gegenüber Gentechnik in Lebensmitteln, zu wenig können bisher die Risiken abgeschätzt werden.
Beispiel 1: Die Knock-out-Tomate
An der Universität Erlangen-Nürnberg konnte eine Tomatensorte so verändert werden, dass sie von Allergikern besser vertragen werden könnte. Das allergieauslösende Lipidtransferprotein konnte aus den Tomaten verbannt werden. Dieser Eiweißstoff kommt in vielen Obst- und Gemüsesorten vor und ist im Mittelmeerraum für schwere Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock verantwortlich. Mithilfe der angewandten Technik könnte der eingeschränkte Speiseplan von Allergikern aufgehoben und dadurch deren Lebensqualität verbessert werden.
Bei dieser speziellen Methode der grünen Gentechnik handelt es sich um die so genannte RNAi-Technologie. Dabei wird jenes Gen ausgeschaltet, das in den Zellen für den allergieauslösenden Stoff verantwortlich ist. Als Ausschaltknopf fungieren hier künstliche Erbgutstücke, die gezielt eingeschleust werden. Nachdem das „frevelhafte“ Gen inaktiv ist, wird in den Pflanzenzellen so gut wie kein Allergen mehr erzeugt. Hier spricht man vom „Knockout-Gemüse“.
Die Grenzen des Knock-out-Ansatzes liegen allerdings darin, dass nicht jedes Allergen aus Obst oder Gemüse entfernt werden kann, ohne dass sich daraus Nachteile für die Entwicklung und das Wachstum der Pflanze ergeben.
Beispiel 2: Der Gen-Apfel
Durch genetische Modifikation versuchten Wissenschaftler der Universität Wageningen, Niederlande, das „Hauptapfel-Allergen“ Mal d 1 an der Apfel-DNA zu unterdrücken. Auch im Zentrum für Physiologie und Pathophysiologie der Universität Wien wurden Äpfel mit weniger Allergenen entwickelt. In den Blättern der jungen Bäume lag der Allergen-Gehalt um neunzig Prozent niedriger als in der unveränderten Sorte.
Ob die Äpfel den Allergikern tatsächlich bekommen, kann erst überprüft werden, wenn die Setzlinge zu Bäumen herangewachsen sind und erste Früchte tragen. Da die Verbraucher derzeit nicht bereit sind, gentechnisch veränderte Obst- oder Gemüsesorten zu verzehren, wird auf diesem Gebiet momentan nicht weiter geforscht. Der Kunde ist König – er steht der Gentechnik in Lebensmitteln äußerst kritisch gegenüber, weshalb weder die Tomate, noch der Apfel in der nächsten Zeit im Handel erhältlich sein wird.
Eine Alternative: Allergenarmes Hühnerei ohne Gentechnik
Eine Überreaktion des Immunsystems auf Hühnerei ist bei Erwachsenen zwar selten, für Kinder und Jugendliche gehört sie jedoch zu den häufigsten Allergien. Sie löst starke Bauchschmerzen und Hautausschlag aus. In den schwersten Fällen kann sie auch zum Tod führen. Im Gegensatz zu vielen anderen allergieauslösenden Lebensmitteln wie Nüssen oder Äpfeln lassen sich Eiprodukte nur schwer vermeiden. So wird beispielsweise Eilecithin als Emulgator in sehr vielen Lebensmitteln eingesetzt.
Bis zu acht Prozent der Kinder haben eine Lebensmittelallergie, bis zu 30 Prozent davon gegen Eier. Ausgelöst wird die Allergie durch eine Abwehrreaktion auf bestimmte Proteine im Ei, vor allem Lysozym, Ovomucoid, Ovalbium und Ovotransferrin. Da diese vier Eiweiße 80 Prozent der Gesamtproteine im Ei ausmachen, empfehlen Ärzte ihren allergischen Patienten ganz auf Eier und Eierprodukte zu verzichten.
Deutsche Lebensmittelchemiker haben nun ein Verfahren entwickelt, um allergene Proteine unschädlich und damit Hühnereier und ihre Nährstoffe auch Hühnerei-Allergikern zugänglich zu machen. Bei dem Verfahren wird zunächst der Inhalt von Hühnereiern mehrmals erhitzt, um die Struktur der Eiweiße aufzubrechen. Auf diese Weise wird das Lysozym und Ovotransferrin unschädlich gemacht. Anschließend werden mehrmals verschiedene Enzymcocktails hinzu gegeben, damit diese die restlichen allergenen Proteine gewissermaßen auffressen. So kann die Menge der allergieauslösenden Eiweiße um den Faktor 100 verringert, das Allergierisiko also auf etwa ein Prozent reduziert werden.
Die so behandelten Eier können Allergiker gefahrlos genießen. Der Test der Eimasse nach neun solcher Verfahrensschritte mithilfe des Blutserums von Ei-Allergikern zeigte keine allergische Reaktion mehr. Das Verfahren beeinträchtigt außerdem weder den Geschmack, noch die Konsistenz der Eimasse. Zudem würde es sich hierbei um ein gentechnikfreies Lebensmittel handeln.