Die Wiederentdeckung des Spaziergangs
Der normale Spaziergang ist in der Hektik des Alltags in Vergessenheit geraten. Dabei kann die tägliche Dosis Gehen viel bewegen.
Ein Sprichwort sagt: Jeder Gang macht schlank – auch der zum Fernseher! Ein flapsiger Spruch mit einem Körnchen Wahrheit. Denn Bewegung hält uns fit. Doch in Zeiten der Fernbedienung ist es selbst mit den kurzen Schritten zum Fernsehgerät vorbei. Wir bleiben sitzen. So wie fast den ganzen Tag. Morgens im Auto, Bus oder Bahn und tagsüber in der Schule, Uni oder im Büro. Zu Fuß gehen? Warum? Das Auto steht doch vor der Tür, in der Stadt ist meistens alles bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Kein Wunder also, dass das Zufußgehen aus der Mode gekommen ist.
Kaum jemand geht mehr als 700 Meter
Vor 100 Jahren gingen unsere Vorfahren noch 20 Kilometer am Tag. Heute bringen wir es im Durchschnitt gerade mal auf eine Strecke von 700 Metern. Dabei ist Gehen die einfachste aller Fortbewegungsarten. Wer geht, muss sich kaum anstrengen. Es passiert wie das Atmen. Man kann einfach loslegen, immer und überall.
Alles beginnt mit einem ersten Schritt
Ein paar Schritte lassen sich im Alltag immer einbauen. Die U-Bahnstationen in Berlin beispielsweise liegen im Schnitt 790 Meter auseinander. Steigt man einfach mal eine Station später ein, macht das – bei einer Schrittlänge von 80 Zentimetern – ganz einfach 987 Schritte mehr. 3.000 zusätzliche Schritte sollten es täglich mindestens sein, fordert eine Kampagne des Bundesministeriums für Gesundheit. Das sind 2,4 Kilometer und genau die richtige Strecke für einen rund halbstündigen Spaziergang. Im Internet haben sich mittlerweile schon richtige Gruppen gefunden, die sich einmal in der Woche zum gemeinsamen Promenieren treffen.
Gehen Sie los
Beginnen sollte man am besten sofort. Allerdings nicht mit einem ehrgeizigen Sportprogramm. Zunächst kommt es darauf an, sich überhaupt zu bewegen. Und die einfachste Form dafür ist das Gehen. Das lässt sich locker in den Alltag integrieren. Zu den Klassikern gehören: Treppen steigen statt Fahrstuhl oder Rolltreppe zu benutzen, eine Station früher aus dem Bus steigen und zur Arbeit laufen.
Die Umwelt zu Fuß neu entdecken
Gehen Sie spazieren. Eine halbe Stunde entspannte Bewegung an der frischen Luft tut dem Körper gut und hat auch einen positiven Effekt fürs Gemüt. Das wussten schon die Flaneure vergangener Jahrhunderte, die durch Schlossgärten lustwandelten und durch Parks promenierten. Auch viele Städter zieht es bis heute auf der Suche nach Ruhe und Natur vornehmlich sonntags zu den grünen Flecken rund um die Metropolen. Weg vom Alltagsstress, hin zum gemütlichen Schlendern an der frischen Luft und dabei etwas anderes riechen, sehen, hören – für viele eine Art Miniurlaub.
Gehend meditieren
Seine Sinne kann man bei einem Spaziergang besonders schärfen: einfach draufloslaufen und das Betrachtete wiederentdecken. Und eine besondere Übung für den Geist kann man beim meditativen Gehen entdecken. Wie bei anderen Meditationsformen werden hier Achtsamkeit und Konzentration trainiert. Es ist in fernöstlichen Religionen bekannt und wurde schon im Mittelalter von christlichen Mönchen praktiziert. Dabei konzentriert man sich auf einen Sinn, zum Beispiel das Hören. Alles, was in der Laufumgebung zu hören ist, wird bewusst wahrgenommen. Wenn die Gedanken abschweifen, werden sie immer wieder an den Punkt der Wahrnehmung zurückgeführt. Das bringt den Geist zur Ruhe. Nach so einem Spaziergang fühlt man sich erholt und frisch.
Ein Spaziergang muss also nicht langweilig sein. Und als Einstieg für weitere Aktivitäten wie Wandern, Walken, Joggen oder Radfahren ist er unschlagbar. Ein Grund mehr, gleich los zu gehen!
Tipps zum Spazieren gehen
- Gehen Sie so oft wie möglich zu Fuß.
- Parken Sie das Auto nicht vor der Bürotür. Steigen Sie eine Station früher aus dem Bus und gehen Sie den Rest zu Fuß.
- Nehmen Sie statt Fahrstuhl oder Rolltreppe die Treppe.
- Schauen Sie öfter bei anderen Kollegen im Büro vorbei, statt eine Email zu schicken.
- Nehmen Sie sich täglich Zeit für einen halbstündigen Spaziergang, etwa nach dem Mittag- oder Abendessen.
- Gehen Sie in Gemeinschaft mit den Kollegen, dem Partner, der Familie oder Freunden, denn es macht Spaß und das Flanieren erleichtert oft auch schwierigere Gespräche.