Ein Drittel aller getesteten Tätowierfarben sind mit nicht erlaubten oder giftigen Substanzen wie kanzerogenen Nitrosaminen oder Azofarbstoffen belastet.
Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) in Freiburg und Karlsruhe schlagen Alarm. Im Rahmen einer gemeinsam vom Gesundheitsamt Reutlingen, von der Lebenmittelüberwachungsbehörde, vom Ordnungsamt und vom Landesgesundheitsamt durchgeführten Überprüfung fanden die Kontrolleure in zwei Dritteln der achtunddreißig getesteten Tätowierfarben gefährliche Stoffe wie Nitrosamine und Phenole.
Erschreckende Bilanz
Die Kontrolle der Farben wurde im Rahmen einer Fachmesse für Tätowierbedarf in Reutlingen vorgenommen. Zahlreiche der gezogenen Proben gaben in ihrer stofflichen Zusammensetzung Anlass zur Sorge:
- Sechs Proben (18 Prozent) enthielten die nicht zugelassenen Pigmente mit den Colour Index-Nummern CI74260, CI 73900, CI 21108 und CI 11710.
- Ebenfalls in sechs Proben waren die verbotenen, als Azofarbstoffe bezeichneten aromatischen Amine 2,4 Toluylendiamin und o-Anisidin enthalten.
- In einer Probe konnte das gleichfalls verbotene, weil giftige Phenol nachgewiesen werden.
- In einer weiteren Probe wurde der Richtwert für das Krebs auslösende Nitrosamin N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) um ein Vielfaches überschritten.
- In fünf Proben (13 Prozent) war der für Kosmetika nicht zugelassene technische Konservierungsstoff 1,2 Benzisothiazol-3(2H)-on in relativ hoher Konzentration enthalten.
- 25 von 38 Proben (66 Prozent) wiesen keine ordnungsgemäße Kennzeichnung auf dem Etikett auf.
- Bei ebenfalls 66 Prozent der Proben wurden Farbstoffe festgestellt, die für die Verwendung als Tätowierfarbe nicht bewertet sind.
Grauzone in der bunten Welt der Tattoos
Bei einigen der beanstandeten Tätowierfarben handelt es sich demnach nicht um zugelassene Kosmetikfarbstoffe, sondern um technische Pigmente, die als Autolacke, Textil- und Druckfarben oder in der Kunststoffindustrie Verwendung finden. Laut Datenblätter müssen diese Farbstoffe nach Kontakt mit der Haut „sofort mit viel Wasser und Seife ab(ge)waschen“ werden. Trotz der für diese Substanzen unzureichenden toxikologischen Daten dürfen sie nach aktueller Rechtslage jedoch als Tätowierfarben verwendet werden.
Tätowierer begrüßen amtliche Prüfungen
Die an der Tattoo-Convention in Reutlingen teilnehmenden Tätowierer beklagten die mangelhafte und mitunter irreführende Informationspolitik mancher Anbieter von Tätowierfarben. Besondes der undurchschaubare Internethandel stelle ein zunehmendes Problem dar. Die überwiegende Mehrheit der Tätowierer unterstützte deshalb die Kontrollen und sprach sich für eine strenge Regulierung aus, da sie so selbst vor Regressansprüchen geschädigter Kunden besser geschützt seien.
Weitere Aktionen durch die CVUA sind geplant
Die Sachverständigen der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg und Karlsruhe sehen mit Hinblick auf den in Deutschland ungebrochenen Modetrend zum Tattoo dringenden Handlungsbedarf. Sie planen daher für 2011 weitere Aktionen mit dem Ziel, die stoffliche Zusammensetzung von Tätowierfarben und Permanent-Make up transparenter zu machen. Zudem fordern sie für Deutschland und für die EU einen verbindlichen Rechtsrahmen und einen wirksameren Verbraucherschutz. Wichtig sei auch eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung über die gesundheitlichen Risiken des Tätowierens.